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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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nur, wenn SchlangenVogel eine größere Strafe vorgesehen hatte, als von Bluthunden zerfleischt zu werden. Mit diesem Gedanken stieg NebelGeists Hoffnung und er rief: "Haltet ein, Soldaten! Wir wehren uns nicht. Wenn ihr nicht wollt, dass die Bücher im Wasser versinken, dann müsst ihr uns in Frieden mit euch gehen lassen."
    Verstohlen schaute er sich nach Caupolican um, konnte ihn aber ni rgends erblicken. Die knapp hundert Menschen hatten sich dicht um NebelGeist geschart. Durch die Schleier aus Schlingpflanzen konnte man im Mondlicht hinter dem Baum die Soldaten SchlangenVogels in ihrer bunten Kampfbekleidung erkennen. Der Mann, den sie getötet hatten, sollte von seinem Beobachtungsposten oben auf dem Baum nach ihnen Ausschau halten. Doch die ungefähr zwanzig Männer repräsentierten die fähigsten Soldaten des Königs. Und so hatten sie sich unbemerkt anschleichen können und die Fliehenden umzingelt.
    N ebelGeist überlegte fieberhaft, was zu tun blieb. "Cucul Patz Kin", flüsterte er. "Wo bist du?"
    " Ich bin hier", kam eine Stimme aus dem gesichtslosen Dunkel der verschreckten Menschenmenge.
    " Was können wir tun?"
    " Ich würde vorschlagen, wir bitten die Soldaten um eine Bedenkzeit und lassen so viele von uns wie eben möglich ins Wasser gehen. Wenn ich nicht irre, habe ich ein Horn vernommen und dein Freund kann auch nicht mehr weit sein."
    " Ich dachte, ich hätte es nur geträumt", erwiderte NebelGeist und lächelte seiner Schwägerin  matt zu. "Kümmere dich um die Leute, ich versuche die Soldaten hinzuhalten."
    Sie berührten sich flüchtig mit den Händen. Aber die Verantwortung für das Geschick so vieler ließ ihnen keine Zeit für persönliche Gesten oder Belange.
    "Wer befehligt euch?", rief NebelGeist durch das Dickicht.
    " Hauptmann Chacsacal, Baumeister", schallte es zurück.
    " Werdet ihr uns töten?", rief NebelGeist.
    " Wir haben Befehl, die Bücher sicherzustellen."
    " Werdet ihr uns verschonen, wenn wir euch die Bücher übergeben?", fragte NebelGeist und wusste die Antwort, egal, wie sie ausfallen würde.
    " Ich schicke einen Mann hinüber, dem ihr die Bücher aushändigen werdet", kam als Befehl von der anderen Seite des Baumriesen.
    Der Baum, da war NebelGeist sicher, hatte wie ein natürliches Wehr entscheidend dazu beigetragen, dass sie nicht alle im ersten Ansturm von den Soldaten des Priesterkönigs erschlagen worden waren. Er warf einen Blick zum Ufer und sah befriedigt, dass Cucul Patz Kin minde stens schon die Hälfte der Leute ins Wasser geführt hatte. Doch die wenigsten konnten schwimmen. Und so verzögerte sich die weitere Flucht immer mehr, weil auch die Äste langsam ausgingen, an die die Nichtschwimmer sich klammern konnten.
    " Ich hole jetzt die Bücher, um sie euch hinüber zu geben", sagte NebelGeist. Er hatte tatsächlich vor, die Bücher zu opfern, um mehr Zeit für seine Gruppe zu erhaschen. Er wusste, dass sie nicht alle würden fliehen können, dass er selbst und wahrscheinlich noch ein paar andere von den Schergen des Königs getötet werden würden, aber ein Funke Hoffnung glomm in ihm, weil er Caupolican noch immer nicht gesichtet hatte, und weil das Horn des FeuerEisMannes Hilfe verhieß. Er wollte gerade das erste Buch über den Baumstamm werfen, da ertönte ein gellender Schrei.
    Wie ein Blitz am Himmel längs, so zuckte in einem einzigen Satz ein Wesen über den Baumstamm. Zuerst dachte NebelGeist, es wäre der Jaguar, dessen Schreie sie den ganzen Tag verfolgt hatten. Doch dann hörte er zu seiner Überraschung das Gewinsel von Hunden, Schme rzensschreie und zorniges Gebrüll. Dazwischen war ein unheimliches Zischen zu vernehmen, wie heißes Metall, das ins Wasser getaucht wird. NebelGeist spähte angestrengt in die Dunkelheit. Doch er konnte nichts erkennen. Dann folgte er mit den Augen dem Verlauf des Baumstammes bis zu dessen Ende. Die Krone des gefallenen Riesen ragte nackt, vom Strom des Wassers entlaubt, ein beträchtliches Stück über dem Fluss. NebelGeist erkannte die kräftige Statur Caupolicans im Mondlicht. Der KriegerKaufmann schwenkte triumphierend ein langes Rohr und brüllte zu NebelGeist hinüber: "Bringe dich in Sicherheit! Unsere Rettung naht." Dann sprang er mit einem waghalsigen Sprung durch Äste und Zweige hindurch ins reißende Wasser des Tabatabax, ehe ein Bluthund oder einer der königlichen Häscher auch nur reagiert hatte.
    NebelGeist verspürte keine besonders große Neugier, was das Schic ksal der Soldaten und der

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