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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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bereisen, so lange er lebte. Vom Großen Fluss hoch oben im Norden bis hinunter zu den verstecktesten Stämmen der Blattmenschen im undurchdringlichen Urwald jenseits der Hohen Berge. Er würde Handel treiben, sich seiner Haut wehren, Waren tauschen und die herzlichen Willkommensgrüße seiner so unterschiedlichen Kunden in Nord und Süd, in Ost wie West mit Freude entgegennehmen. Er würde den Lebensbaum unablässig erklimmen, bis in die feinsten Verästelungen der Krone hinauf. Und wenn dieser Baum bestiegen war, würde der nächste schon auf ihn warten. Den Gefahren des Kletterns würde er auch weiterhin unerschrocken trotzen, und Niedertracht und Heimtücke mit dem Geschick, der Kraft und der Klugheit eines geübten Kriegers begegnen. Und wenn er dabei von Zeit zu Zeit in ein besonderes Abenteuer wie dieses hier mit den Büchern der Sieben Sonnen verwickelt werden würde, so würde er auch das begrüßen.
    Allerdings war es an der Zeit, dass die Flüchtigen das re ttende Boot zu Gesicht bekamen. Die Verfolger hatten sicher längst noch nicht aufgegeben, und zudem musste man jede Minute damit rechnen, von Itzà-Spähern entdeckt zu werden. Da Caupolican aber immer ehrlich mit sich war, gestand er sich ein, dass es auch eine beträchtliche Portion Neugier auf das sagenhafte Boot des FeuerEisMannes war, die ihn hierher geführt hatte. Er betrachtete den fremden Bärtigen trotz ihrer beider offenkundigen Unterschiede in Statur, Hautfarbe und Verhalten als einen Gefährten; denn schließlich war dieser Mann aus einer fernen Welt auch eine Art Kriegerkaufmann. 
    " Wenn die Sonne hinter den Baumwipfeln verschwindet, müssen wir das Zwielicht nutzen, um unseren Standort zu wechseln", sagte Caupolican zu NebelGeist. "Und bis zum Morgengrauen sollten wir der Mündung des Flusses ein weiteres Stück entgegengehen. Das bringt uns nicht in größere Gefahr, aber ein Stück weiter weg aus der Reichweite unserer Verfolger."
    NebelGeist lauschte auf das bedrohlich nahe Fauchen eines unsich tbaren Jaguars und nickte zustimmend. "Die Kinder brauchen ein wenig Schlaf, und wir müssen auch etwas essen. Aber bis zum Sonnenuntergang sind es ja noch ein paar Stunden. Mir macht nur der Jaguar Sorgen, der uns schon seit gestern Abend folgt."
    " Er ist hungrig", sagte Caupolican. "Aber solange wir zusammen bleiben, wird er uns meiden. Für Unvorsicht ist er noch nicht hungrig genug."
    NebelGeist mochte lieber nicht fragen, woher Caupolican diese G ewissheit nahm. Die leuchtend roten Narben auf der linken Gesichtshälfte des KriegerKaufmanns hätten genauso gut von einer Speerspitze wie von einer Jaguartatze stammen können. Und seine dunkelbraunen Augen hatten etwas von der Tiefe eines Kraters, aus dem die Erde Feuer spuckt. NebelGeist würde sich hüten, diesen Mann zu reizen. Er würde sich damit begnügen, ihn auch in Gefahr an seiner Seite zu wissen. Wer mit Speerspitzen oder Jaguaren fertig wird, der hat auch die Kraft, ein kleines Volk der Sonne entgegenzuführen.
    Als die Keule des Soldaten den Kopf des unglücklichen Ytzam ze rschmetterte, war NebelGeist gerade aus einem oberflächlichen Schlummer hochgeschreckt, weil er glaubte, das ferne Tuten eines Horns gehört zu haben. Eines Horns, wie es nur der FeuerEisMann besaß. Doch es blieb ihm keine Zeit zu lauschen. Die Geräusche der Nacht waren schrecklich eindeutig. NebelGeist und seine Schutzbefohlenen wurden angegriffen. Und sie wussten nicht einmal von wem.
    Sie lagerten hinter einem umgestürzten Baumriesen, der schon zur Hälfte wieder vom Urwald verschlungen worden war. Die dichten Schlingpflanzen, die sich wie ein Netz um den gefallenen Stamm g ewunden hatten, boten einen guten Schutz zum Wald hin. Und die Rückseite des Lagers wurde vom Fluss gebildet. Der Tabatabax schimmerte silbrig im Mondlicht. Vor ein paar Stunden hatte es aufgehört zu regnen, und die Wolken hatten sich hastig wie Untertanen im Angesicht ihres Herrschers zurückgezogen. Der Mond hielt Hof, aber sein nächtliches Gefolge waren blutrünstige Gesellen.
    NebelGeist erkann te, dass das grauenerregende Knurren, das sogar das Rauschen des Flusses übertönte, aus den Kehlen der königlichen Hunde stammte. Falls die Elitesoldaten SchlangenVogels den Befehl hatten, die Bücher zurückzubringen, nicht aber die Menschen, die sie gestohlen hatten, dann war ihr letztes Stündlein angebrochen. NebelGeist und die Seinen waren dem Willen des Herrschers wieder einmal hilflos ausgeliefert. Überleben würden sie

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