Die Maya-Midgard-Mission
Nachricht."
Prinz William Henry, der Kapitän der Pegasus , hatte sich höchsteigen bemüht, seinem leicht aufbrausenden Freund die ungeliebten Befehle zu übermitteln und bemühte sich nun um Beschwichtigung. "So unwichtig und nichtswürdig erscheint mir deine neue Aufgabe nicht, lieber Nelson. Ich weiß nicht, um welche Schätze es sich handelt, die auf den Inseln vergraben sein sollen. Ich weiß nur, dass sie von erheblichem Wert sein müssen; denn nur so ist zu erklären, dass man dich mit der Aufgabe betraut hat. Der Admiral selbst wird dich begleiten, und das will erst recht etwas heißen: Den alten Säufer würde sonst nicht einmal eine französische Invasionsflotte hinter seinen Rumfässern hervorlocken. Bist du dir überhaupt bewusst, dass die Inseln der Sechsten Sonne noch nicht einmal entdeckt sind?"
Horatio Nelson blickte seinen Freund erstaunt an. "Nicht entdeckt? Ist das der Grund, weshalb ich sie auf keiner Karte verzeichnet finden konnte?"
Prinz William Henry lachte herzhaft. "Du hast es erfasst, mein Freund Nelson. Du bist auf dem besten Wege, in die Annalen der Geschichte einzugehen. Heinrich, Kolumbus, Magellan, Cook und nun Horatio Nelson, der Entdecker der Sechsten Sonne, der lieblichen Inseln des Morgenrots. Aurora, Nelson, Aurora! Man erzählt mir, dass niemand die verborgenen Tiefen von Frauenherzen besser auszuloten versteht als du. Dann wird es dir ein leichtes sein, diese Inseln zu orten und rechtzeitig zu deiner Hochzeit zurück zu sein."
Nelson lächelte seinen Freund säuerlich an. "Und Ihr werdet einstweilen die Stellung hier halten, wie ich vermute?"
" Ganz recht, ganz recht. Meine adeligen Knochen lechzen nach weichen Betten. Diese einsamen Kojennächte unter karibischen Sternen sind nichts für mich. Ich werde mir ein bescheidenes Dach über dem Kopfe richten lassen. Aber auf festem Grund. Endlich weg von diesen verdammten, ewig schwankenden, modernden Planken. Was macht deine Seekrankheit? Ich finde, du siehst heute richtig glühend aus."
Nelson warf Prinz William Henry, der rotwangig und wohlbeleibt vor Gesundheit nur so strotzte, einen verstohlenen Blick aus den Auge nwinkeln zu. Er war sich nicht sicher, ob er die Zielscheibe blaublütigen Spotts werden sollte, oder ob echtes Mitgefühl in den Worten seines Untergebenen mitschwang. Nelson war kommandierender Kapitän des Geschwaders. Von einem anderen als dem Prinzen hätte er sich solche Bemerkungen niemals bieten lassen. Sie hätten die Hierarchie gefährdet. Andererseits konnte er sich gesellschaftlich wohl kaum mit dem künftigen König messen. Dann kam er zu einem Entschluss. "Meine Übelkeit rührte nicht von der Seekrankheit", sagte er leise. Und mit einer jähen Bewegung riss er sich die Haare vom Kopf. Unter einer Perücke kam eine stoppelige Glatze zum Vorschein. "Sie war Anzeichen des Gelbfiebers, das mich alle Haare gekostet hat."
Der Prinz nickte verstehend und wechselte gentlemanlike das Thema. "Das Amt des Trauzeugen will ich gerne übernehmen. Danke, für die mir erwiesene Ehre. Doch erlaube mir ein Wort der Vernunft: Du weißt, was ich von deiner Vermählung halte? Ich muss nicht betonen, dass die Wahl deiner hübschen Braut nichts mit meiner Skepsis zu tun hat; dennoch..."
" Für Euer geplantes Haus empfehle ich Euch den Hügel auf der anderen Seite der Bucht", unterbrach Nelson seinen Freund und fuhr mit mokantem Lächeln fort: "Dort drüben ist man weit weg von der alltäglichen Enge und Hitze und kann tiefe Einsichten gewinnen. Mein Entschluss steht fest."
" Viel Glück", murmelte Prinz William vieldeutig und verließ die Kapitänskajüte. In der Tür drehte er sich um. "Ich möchte dir Doktor Bruce Hamill von der Royal Academy vorstellen: Er ist der eigentliche Anlass für deinen Verdruss. Doktor Hamill, treten Sie ein! Kapitän Nelson, ich empfehle mich."
Hamill klopfte an den Türrahmen und wartete.
"Kommen Sie herein, Doktor", sagte Nelson. "Wie darf ich die Worte des Prinzen verstehen?"
Hamill war ein hagerer Mann, der Nelson um Haupteslänge überragte. Hellwache, knopfrunde, stechendblaue Augen und eine scharf g eschnittene Nase verliehen ihm eine Lebendigkeit, die ansteckend wirkte. "Verzeihen Sie mein Eindringen, Sir. Doch Sie sind nicht der Erste, dem ich mit meinem Anliegen auf die Nerven gehe. Die Herren von der Admiralität in London waren höchst ungehalten, dass ein Zivilist – ein Naturforscher, Völkerkundler und Dichter noch dazu – über den Einsatz eines Kriegsschiffes Seiner
Weitere Kostenlose Bücher