Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
Vom Netzwerk:
einzubringen? Warum waren ihm stets nur plumpe, reiche Vetteln oder halbvertrocknete, wohlhabende Witwen auf seinen Brautzügen begegnet? Frances Nisbet war weder das eine, noch das andere. Aber sie besaß in Nelsons Augen bei weitem nicht die Anmut, das Feuer und die wollüstige Leidenschaft dieser karibischen Venus.
    Der Kanonenschuss! Nelson riss sich aus seinen melancholischen G edanken. Er schaute nach English Harbour hinunter: Die Pegasus schickte sich an, in die Bucht einzulaufen. Die Fregatte stand unter dem Kommando seines Freundes Prinz William Henry, und eigentlich hatte er sie erst Wochen später erwartet. Nelson streifte sich hastig Uniformjacke, Hosen und Schnallenschuhe über und verließ den Ort der Begierde nicht ohne einen schmachtenden Abschiedskuss.
    Sicher würde die Pegasus neue Befehle bringen. Viel zu lange schon lag er mit der reparaturbedürftigen Boreas , dem Flaggschiff seiner bescheidenen Flottille, auf Reede. Es gelüstete ihn nach neuen Taten. Und wenn es nur galt, eine gewinnträchtige Prise einzubringen. Gottverdammte Franzosen gab es mehr als genug in der Gegend. Auf Dauer war es einfach langweilig, übereifrige Kaufleute davon abzuhalten, illegale Geschäfte zu tätigen. Sogar die fähigsten Leute seiner Mannschaft waren schon ein wenig eingerostet. Bei der letzten Übung Klarschiff zum Gefecht hatte ein Geschützführer einen Brand verursacht, und ein übereifriger Toppsgast war beim Halsen über Bord gegangen. Es wurde höchste Zeit für ein richtiges Seegefecht. Nelson war genauso erpicht auf Feindkontakte wie seine Vorgänger, wenn auch seine Gründe andere waren. Er jagte nicht aus schierer Gewinnsucht hinter jeder sich bietenden Prise her; er tat es hauptsächlich, damit die Boreas und seine Leute für den Ernstfall gerüstet blieben. Nur dank der tollkühnen Unbeugsamkeit ihrer Marine konnte die stolze Britannia ihre Weltmachtstellung behaupten. Und für die ruhmreiche Zukunft der Royal Navy brauchte es Männer seines Kalibers: intelligente, erfahrene, ehrgeizige Kapitäne. Das war Nelsons Überzeugung, und danach handelte er. Doch die Hoffnung, dass der Aufenthalt auf Antigua ein gutes Sprungbrett für seine Karriere sein könnte, erwies sich als höchst trügerisch. In Friedenszeiten war es einfach eine Frage des Geldes, wie viele Kriegsschiffe die Krone unterhalten konnte. Leider sah alles nach Frieden aus. Und Nelson fürchtete wie viele seiner Offiziere und Mannschaften, dass sie bald schon bei halbem oder gar keinem Sold tatenlos in der Heimat hocken würden. Er hätte es nicht zugegeben, aber all seine Untergebenen – vom Midshipman bis zum Munitionsmanner – wussten, dass ihr Kapitän sich insgeheim nichts sehnlicher wünschte, als einen netten, kleinen Krieg: Eine große Schlacht im Stile eines Admiral Rodney, das war Nelsons Traum. "Ran an den Feind!", lautete sein bevorzugtes Kommando. Nur im Pulverdampf der Geschütze und im Schlachtgeschrei der Entermannschaften gediehen die speziellen Lorbeeren künftiger Ruhmeskränze, das kostbare Blattgrün der Unsterblichkeit. Wer dabei die Rolle des Feindes besetzen sollte, war angesichts der zahlreichen Widersacher des kleinen England beinahe egal: Franzosen, Spanier, Nordamerikaner, Holländer; den einen wie den anderen hätte Kapitän Nelson liebend gerne unter vollen Segeln attackiert und mit einer vollen Breitseite bestrichen.
    So war er nicht wenig erstaunt, ja beinahe wütend, als die Fregatte Pegasus ihm seine Ablösung und den Befehl brachte, unverzüglich die Insel Barbados anzulaufen, um den Oberbefehlshaber der Antillenflotte, Admiral Hughes und dessen Stab, in besonderer Mission an Bord zu nehmen.
    " Besondere Mission", knurrte er. "Was denkt der Admiral sich eigentlich? Ich bin Kapitän eines Kriegsschiffes seiner Majestät, Soldat meinetwegen, Taktiker wenn es sein muss, aber ein Kämpfer für England auf alle Fälle. Ich bin kein Schatzsucher, kein verdammter Maulwurf für irgendwelche Landpartien der hohen Herren. Inseln der fünf Sonnen, sechs Sonnen, sieben Sonnen. Pah! Jedermann weiß, dass es nur eine Sonne gibt: und die geht morgens auf und abends unter. Wo soll der überhaupt sein, dieser angebliche Archipel? Hab den Namen noch auf keiner Seekarte entdeckt. Und dann eine Fahrt nach Osten in dieser Jahreszeit. Das ist, das ist, ach..."
    Nach diesem halben Monolog besann sich Nelson, dass er Gesel lschaft hatte. "Entschuldigen Sie meinen Ärger, lieber Freund. Ich dachte, Sie brächten gute

Weitere Kostenlose Bücher