Die Maya-Midgard-Mission
der bitteren Regenpillen: UFOs, die Bohrinseln im Golf, der Smog in Mexico City, der jährliche Urinausstoß des Hausviehs, eine neuartige Klimawaffe der Gringos, die Chemtrails am Himmel, die Reifenfabrik in Villahermosa, eine Pharmafirma in Valladolid und die Regierung wurden abwechselnd oder alle zusammen verantwortlich für den feuchten Fallout gemacht. Die Regenpillen drängten sogar das sonstige Nachrichtenthema Numero Eins in den Hintergrund: Das tägliche Wechselbad der Börsenkurse, dieses angeblich so sensible und vielsagende Stimmungsbarometer weltwirtschaftlichen Wohlergehens, das in Wahrheit aber nichts als ein weiteres Indiz dafür war, wie weit der Mensch sich vom Boden unter seinen Füssen wegbewegt hatte – und wie eng verschwistert Verrücktheit und Angst oder Materialismus und Machtgier sind.
Daria Delfonte hatte sich an ihrem Schreibtisch niedergelassen und prüfte ih re sozialen Netzwerke und die Emails. Als Archäologin auf der Suche nach den großen Geheimnissen der Menschheitsgeschichte, hatte sie längst gelernt, den Massenmedien zu misstrauen. Sie bezog ihre Informationen aus einem in jahrelanger Fleißarbeit angelegten Gespinst von Blogs und Seiten mit den unterschiedlichsten Interessen. Dass alles von Menschen ersonnene Machwerk letztendlich immer Interessen diente, war eine von Daria Delfontes Grundüberzeugungen. Umso wichtiger schien es, sich über den Hintergrund aller Nachrichtenquellen bewusst zu sein. Ein Leitartikel auf einer NEW-AGE-Seite erregte ihre Aufmerksamkeit.
" Wenn genmanipuliertes Leben zu patentierten und an der Börse gehandelten Werten gepuscht wird, das nicht der Menschheit allgemein, sondern dem Profit einiger weniger Großkonzerne dient und gleichzeitig und folgerichtig natürlich wachsendes Leben an Wert verliert und in die gewollte monetäre Bedeutungslosigkeit gedrängt wird, dann feiert dieser ganz alltägliche Wahnsinn eine Hausse nach der anderen. Den diversen rund um den Globus brandenden Naturkatastrophen und Kriegen schenkt kaum noch jemand Beachtung. Es sei denn, ein Monsterhurrikan namens Max wirbelte die hochspekulativen Risikoaktienindices von einem Dutzend Rückversicherern medienkompatibel in den Keller, oder ein neuartiges Hitech-Hackebeil namens DROHNE DREI hatte wieder einmal derart chirurgisch präzise getötet, dass seine Börsennotierung am New Yorker Parkett freudig hochzog. Hauptsache, der gesellschaftliche Irrsinn richtete keine Kollateralschäden am Minerallack des neuen PS-Boliden und leistet der allgemeinen Volksverdummung kräftig Vorschub. Fluor in der Zahnpasta und Chemtrails über dem Kopf – den Profitgeiern fielen ständig neue Strategien ein, um ihren Profit auf Kosten der lull und lallgemachten Massen zu vermehren. Bei allem hypothetischen Wagemut und so viel Vernunft im Spiel kamen immer noch viel zu wenige Menschen auf die Idee, dass sich hinter den eskalierenden Phänomenen 'Krieg', 'Naturkatastrophen', 'Klimaerwärmung' und 'Wirtschaftskrisen' die Machtinteressen Einzelner und die Manipulationen mächtiger Gruppen verbergen, die Motiv, Geld und Gelegenheit haben, den unwissenden, ungläubigen, ängstlichen, schafgleichen Menschen Regenpillen, ätzsauren Regen und andere Seuchen und Pestilenzien auf den Hals zu hetzen.
Wetterprognostiker, Chaosforscher und andere Beschwicht igungs-Propheten stehen in hohem Kurs. Die ersten Institute erwägen eine Umwandlung in AGs. Die Pfiffigen meinen, dass die Regenpille eine besondere Medizin sei, um die Menschen von weiterer Umweltzerstörung zu kurieren. Die Berufs-Einluller legen überzeugend weil computergraphisch unterstützt dar, dass auf Regen meist Sonne folgt. Und die Besserwisser behaupten, nach einer genauen Analyse der ersten Analyse einer vorläufigen Regenpillenwassertropfenanalyse schon in nächster Zukunft alles am besten zu wissen.
Nur die Alten fragt wie immer niemand. Sie würden sagen, dass der Himmel Milliarden Tränen aus Trauer wei ne, weil er wisse, dass die Fünfte Sonne unterginge. Und dass die Erde aus schierer Angst schwitze, weil sie nicht glauben könne, dass auf die Fünfte die Sechste Sonne folge. Doch die Alten stehen gerade schlecht im Kurs. Zu teuer! Zu unnütz! Zu aufmüpfig! Wie üblich werden sie nicht gehört."
Und der Regen fiel weiter.
Dr. Daria Delfonte erhob sich vom Drehstuhl, machte weitere Dehnübungen und tastete nach den kaum fühlbaren Knötchen zwischen ihrer Achsel und der rechten Brust. Sie waren da. Nicht mehr, nicht gewachsen,
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