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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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würzigen Duft von feuchtem Frühlingslöß, der einem in die Nase stieg, wenn man eine Handvoll dieser fruchtbaren Erdkrumen zwischen den Fingern zerrieb.
    Wolf Martens sprach mit seinen Feldern. Und sie antworteten. Die Farbe des Bodens, der Stand ihrer Frucht, die Beschaffenheit ihrer Oberfläche, der Grad ihres Durstes, die Fähigkeit zu genesen, das alles war die Sprache der Felder. Und er verstand sie. Er betrachtete seine Scholle als das, was sie war: lebendig. Von Leben durchdrungen. Lebensspendend.
    Kati sagte: "Mutter Gaia kümmert sich um ihre Kinder!" Aber seine Beziehung zur Erde war weder mystisch noch religiös. Einfach nur natürlich. Er war nicht verrückt oder weltfremd. Nicht einmal verschroben. Er lebte eben näher an der Erde, als die meisten Menschen. Jedenfalls versuchte er es immer häufiger.
    Martens wusste, dass er auf das ganze Verständnis seiner Frau zä hlen konnte. Er beugte sich über das Lenkrad, ließ sich kräftig durchschaukeln und lauschte dem Dröhnen der schweren Dieselmaschine. Der Gedanke an Kati erfüllte ihn mit Liebe. Ihre Lebenslust, ihre nachdenkliche Klugheit aber auch ihre frische Unbekümmertheit passten so gar nicht in das Bild einer Landfrau. Kati weigerte sich hartnäckig und mit Erfolg, dem landläufigen Klischee gerecht zu werden. "Ich habe genug damit zu tun, mir selbst gerecht zu werden!", war ihre Antwort auf vorwurfsvolle Fragen ihrer Mutter. Sie machte eine Fernschulausbildung zur Heilpraktikerin, war keine bekennende Christdemokratin und ging niemals zu Versammlungen des Landfrauenvereins. Kati trug ihr blondes Haar offen und ungebändigt. Ihre blauen Augen blitzten jeden Widersacher herausfordernd an, und Wolf Martens liebte sie dafür. Ein heiteres Lächeln legte sich auf seine Züge. Augen- und Haarfarbe waren wahrhaftig die einzigen Klischees, die seine Kati mit Leben füllte.
    Wolf hob abwechselnd das linke und das rechte Bein und schüttelte seine steifen Muskeln. Der Gestank von verbranntem Di eselkraftstoff wehte zum Fenster hinein. "Krebsbeule", fluchte er und schloss das Ausstellfenster wieder. Am Horizont tummelten sich ein paar Wolken. Seine nackte Haut klebte am Kunststoffbezug des Schalensitzes fest. "Na, was soll's?" Nur noch diese eine Woche, nur noch dieses eine Feld. Dann würde er sich sein Schätzchen schnappen, und den Hof und die ganze verdammte Landwirtschaft für drei Wochen vergessen. Zum Teufel damit. Ab in die Karibik, ab in den Urlaub. Er hatte etwas ganz Besonderes für sich und Kati aufgetan. Ein Juwel von Insel. Zum Teufel mit Klischees, zum Teufel mit Eltern und Schwiegereltern, und zum Teufel auch mit Ufos, Esoterik, Spiritualität, Wetter und dem ganzen übrigen kosmischen Quatsch. Die Wolken formierten sich zu einer Armada – aber keiner chaotischen. Die Himmelsformation sah aus wie ein riesiger Zeppelin-Parkplatz voller Zeppeline – oder wie der Brustkorb eines ausgeweideten Schweins.
    " Chemtrails?", sagte Martens und schüttelte missmutig den Kopf. Dann ging er ein paar Schritte zum Knick und kletterte durch einen Busch zur Nachbarkoppel.
    Wolf Martens war es satt, immer wieder die Umzäunungen der Felder zu kontrollieren, bloß weil einige sensation sgeile Touristen immer noch nicht genug Kornkreise gesehen hatten. Dabei waren die Dinger nun schon seit Jahren bekannt. Scharen von UFO-Experten und Esoterikern, von seriösen Wissenschaftlern und versponnenen Scharlatanen, von besorgten Familienvätern und Witzbolden hatten immer wieder für neue Erklärungen gesorgt. Hatten Stoff für Hunderte Zeitungsartikel und ungezählte Fernsehberichte geliefert.
    Obwohl der Getreideacker hier schon vor Wochen abgeerntet worden war, konnte man die 3-D-Ansicht eines Würfels mit Blumenverzierungen immer noch an den Stoppeln ablesen.
    Für Wolf Martens war die Beg egnung mit diesen Kornkreisen – Erdzeichen, wie sie jetzt zumeist genannt wurden – Alltag geworden. Die Kunstwerke im Korn waren abgesehen von ihrem ästhetischen Wert eher lästig denn amüsant; ganz abgesehen vom Verlust des Ernteertrages, der sich aber neuerdings in Grenzen hielt, weil Kati, Wolfs gewitzte Kati, eine neue Einnahmequelle erschlossen hatte.
    Kati erntete die plattgedr ückten, in ihrer Molekularstruktur veränderten aber unbeschädigten Halme, trennte die Spreu vom Weizen und buk aus den gemahlenen Körnern ein wohlschmeckendes Vollkornbrot im hofeigenen Ofen. Dieses Brot verkaufte sie für gutes Geld an Bioläden, die es als Heilbrot mit

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