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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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könnte ich seinen Inhalt beschädigen. Es ist feucht hier unten."
    " Das ist unlogisch", mischte sich Pater O'Dom ein. "Sie sagen selbst, dass Menschenhand das Holz bearbeitet hat. Ich glaube Ihnen. Aber das bedeutet auch, dass der unbekannte Holzschnitzer diesen Tropfstein bewusst als Aufbewahrungsort für seinen Schatz gewählt hat. Das heißt, er ging davon aus, dass Feuchtigkeit seinem Geheimnis nicht schaden würde."
    " Stimmt", nickte Daria bestätigend. "Und das Ebenholz ist nicht nur besonders hart, sondern stammt aus dem tropischen Regenwald. Aber ist deshalb der Inhalt auch dauerhaft konserviert, oder zerstören wir in Sekunden, was Jahrhunderte überdauert hat?"
    Yaphet Kialu war durch die Stimmen angelockt worden und schob seinen massigen Körper durch die Menge. "Ich habe so einen Trichter schon mal gesehen, Dr. Delfonte. Auf Guadeloupe benutzen die Alten diese Dinger, um Fischtran und Öl und so was aufzubewahren."
    " Wer weiß, ob wir je wieder ein Labor betreten werden", seufzte Daria deprimiert. "Ich halte das so lange nicht mehr aus."
    " Die Dame hat Recht", meldete sich Caldera zu Wort. "Wir sind schon halb verhungert, noch ein paar Tage, und wir fangen an, uns gegenseitig aufzufressen. Eine Bibel ist jetzt genau das, was wir brauchen..."
    " Okay", lächelte Daria, die schon längst entschlossen war. "Dann werden wir das Geheimnis lüften."
    Sie drehte an dem hölzernen Schraubverschluss. Doch der bewegte sich nicht einen Millimeter. Sie kratzte mit der Messerspitze zwischen Gefäß und Verschluss und löste behutsam kleine Brocken einer faser igen, bernsteinfarbenen Substanz. Dann zerrieb sie den harzigen Stoff zwischen ihren Fingerspitzen und schnupperte daran. "Riecht wie alter Honig. Heißes Wasser. Erhitzen. Muss es riskieren", murmelte sie im Selbstgespräch. Schließlich drehte sie das Gefäß langsam über der Flamme einer Kerze, bis der versiegelte Verschluss sich öffnen ließ.
    " Morgen ist Weihnachten", sagte Pater O'Dom und legte Daria seinen Pullover über die Schultern, "und es ist uns vielleicht noch gar nicht bewusst, dass wir den Weltuntergang überlebt haben!"
    Daria schrak zusammen. Sie war in Gedanken so sehr mit ihrem g eheimnisvollen Fund befasst gewesen, dass sie den Pater gar nicht gehört hatte. "Oh, Domnall, danke! Du hast Recht. Aber Du weißt sicher so gut wie ich, dass die Weltuntergangspropheten der Wahrheit nicht einmal in Bezug auf den Maya-Kalender auch nur nahe gekommen wären. Trotzdem sieht es eher so aus, als wäre zumindest die uns bekannte Welt untergegangen."
    Domnall O 'Domhnaill hätte die Frau, die er erst seit wenigen Tagen kannte, am liebsten tröstend in seine starken Arme genommen. Er spürte jedoch, dass solches Verhalten ihrer wachsenden Beziehung nicht von Nutzen war. Daria Delfonte war eine komplizierte Frau: Vielschichtig, voller Ansprüche, die aus Erfahrungen erwachsen waren und von einer energiegeladenen Schönheit, an der selbst die Strapazen der vergangenen Tage spurlos vorbei gezogen waren. Dennoch war sie empfindsam, nachdenklich und empfänglich für äußere Reize – wie Berührungen beispielsweise. Leider war diese Analyse ebenso zutreffend wie unziemlich für einen Mann Gottes. Jedenfalls verspürte Pater O'Dom wenig religiöse Motivation seines Treibens. Er räusperte sich und lenkte seine Gedanken in eine unverfänglichere Richtung
    " Ich finde, wir sollten als erstes unseren Hunger bekämpfen und für ein notdürftiges Dach über dem Kopf sorgen. Vielleicht kann man irgendeine Informationsquelle finden." Die Villa Aurora gab es nicht mehr. Der Hurrikan hatte sie bis auf das Fundament fort gerissen. Wahrscheinlich war die gesamte Einrichtung zum Teufel. Dann fiel ihm die Cuttlefish ein. Ohne Funk war sie das einzige Bindeglied der Aureolen zur Außenwelt. "Wir sollten nach dem Boot sehen..."
    " Und die anderen Inseln? Die alte Dame, der die Inseln gehören. Jemand muss sich um sie... und das Schicksal der anderen... und auch um die Vorräte. Kümmern. Ja, Lebensmittel. Essen. Trinken. Und Kleidung. Grundbedürfnisse decken. Kümmern. Keiner hatte mehr als nur die Kleider am Leib. Wer sollte sich kümmern? Und der Sturm, wenn nun der Sturm zurückkehrt? Und das Wasser? Ah, Luft..." Darias Brüste schmerzten heftig. Sie kuschelte sich tief in Doms Pullover und wollte ihre aufwallende Beklemmung mit geschlossenen Augen wegdenken…
    Ein Schmetterling schickte sich an, auf dem abgerissenen Blütenzweig eines Orangenbaumes zu landen.

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