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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Mit jedem Flügelschlag stob eine winzige Wolke Blütenstaub auf. Das Leben begann wieder zu pulsi eren.
    " Schau dort, ein Wunder", sagte Pater O'Dom und traute sich, einen Arm um ihre Schultern zu legen. "Ist es nicht ein Wunder, dass so zerbrechliche Wesen wie dieser Zitronenfalter, ein solches Unwetter unbeschadet überstehen, während kräftige Bäume, aus denen man Häuser und Brücken und sogar Kirchen bauen kann, wie Streichhölzer weggeknickt sind?" Seine Hände bewegten sich blitzschnell, und er barg einen Falter mit Flügeln so durchsichtig wie Spinnennetze. "Ein Wunder."
    " Ja!" bekräftigte ihn Daria. "Und wir werden noch viel mehr dieser Wunder benötigen, wenn wir die nächsten Tage einigermaßen vernünftig gestalten wollen. Wie lange müssen wir ausharren, bis Hilfe von auswärts kommt?"
    Domnall ließ den Falter fliegen und hob eine gequetschte Orange vom Boden auf. "Keine Ahnung", sagte er. "Aber irgendwann muss ja die Fähre kommen. Ich weiß nur nicht, ob die auf Barbados uns auf ihrer Rechnung haben. Hier gibt es halt wenig Geld für die Bajans zu verdienen. Aurora ist abgelegen. Wer weiß, wie es Barbados selbst erwischt hat. Der Sturm kam ja von Nordwesten, was seltsam genug ist... Ich schätze, wir werden uns selbst um alles kümmern müssen."
    " Nun", meinte Daria und entzog sich seinem Arm nicht. "Dann sollten wir deinen Schäfchen vielleicht mal die frohe Botschaft verkünden. Ich denke, dass die meisten glauben, sie hätten es überstanden und das Schlimmste hinter sich."
    " Haben sie ja auch", sagte der Pater beruhigend. "Wenn wir alle zusammen in die Hände spucken, kann das noch ein richtig toller Abenteuerurlaub werden."
    Die Höhlenmenschen durchkämmten in einer langen Reihe die Trümmer der Villa Aurora. Nur Wolf Martens, Carlos Caldera und Guillaume Raboux standen abseits und stritten lauthals.
    "Die Cuttlefish ist unser Rettungsboot, Caldera", sagte Raboux, dessen linkes Schläfenbein von einer schillernden, hühnereigroßen Beule verziert war. "Kautsky hätte niemals erlaubt, dass einer allein sich mit seinem Schiff davonstiehlt."
    " Kautsky ist hin", sagte Caldera. "Und ich diskutiere nicht mit Cholerikern."
    " Alleine kriegen Sie das Boot nie in Gang", sagte Wolf Martens.
    " Zuerst müssten wir mal klären, ob eure Diskussion nicht akademisch ist", mischte Daria sich ein und lächelte. "Das Haus ist weg, die Hütten sind weg, der Wald ist abgeholzt, ziemlich unwahrscheinlich, dass die Cuttlefish unversehrt im Hafen dümpelt."
    " Oh, die schon wieder", murmelte Raboux. Seine Knollennase färbte sich deutlich dunkelrot. "Von einer wie… einer wie Ihnen", er spuckte das Wort förmlich aus, "lass ich mir gar nix sagen."
    " Verstehe", nickte Daria Delfonte ernst. "Und wer nicht Ihrer Meinung ist, der wird behandelt wie ihre Frau, ja?"
    »Gibs ihm!« , feuerte Stimmchen sie an, aber die Archäologin fühlte sich nicht sehr wohl in ihrer Rolle. Sie spürte eine vage aber wachsende Verantwortung für die Leute auf Aurora; ein diffuses Gefühl der Verpflichtung, das sie sich nur aus ihrer emotionalen Verwirrung erklären konnte, die sich wahrscheinlich ihrerseits aus der spontan ausgebrochenen und völlig unerwartet auch erwiderten Zuneigung zu Domnall O'Domhnaill und dem daraus resultierenden schlechten Gewissen gegenüber ihrem verstorbenen Gastgeber ergeben hatte. "Zum Teufel mit diesem verquasten Pseudopsychopillepalle", dachte Daria und fixierte Raboux mit einem eisigen Blick aus ihren meergrünen Augen. "Was heißt schon erwiderte Zuneigung? Mehr als ein verstohlener Blick, eine hastige Berührung oder eine versteckte Geste ist doch gar nicht geschehen." Nur die Einbildung mochte ihr vorgaukeln, dass die verschwiegenen Worte und die geheimen Wünsche die wichtigen waren.
    " Ach, verflixt!", fluchte Daria. "Machen Sie, was Sie wollen, Raboux. Auf Ihre Gegenwart legt sowieso niemand Wert."
    Sie fühlte sich zu ungeübt in Führungsfragen. Flüche gehörten a nsonsten kaum zu ihrem Vokabular. Und dann ein Priester. Ausgerechnet ein Mann, der sich jemand anderem – einem höheren Wesen – versprochen hatte. Wie sollte da etwas wachsen oder entstehen? Schlossen Keuschheit und Keimen sich nicht aus? Mussten nach einer Katastrophe Ratio und Emotion solche Kapriolen schlagen, dass der Verstand unter dem Wust der querschießenden Gefühle die eigene Vernunft nicht mehr erkennen konnte? Oder verhielt es sich gar umgekehrt? War es überhaupt weiblich, sich in derartige

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