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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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auch nicht gescheut hatte, sie ihm zu offenbaren. Ob er die Geschichte nicht ein bisschen übereilte? Nein, er war weder in dem Alter noch in dem geistigen Zustand, sich mit Engelsgeduld und einer Fülle von Zwischentönen einem pubertären Werben zu unterwerfen. Nein, Geduld war er nicht gewohnt. Und Ungestüm war auch nur ein Ast des ganzen Baumes. Wie immer lag die Wahrheit irgendwo dazwischen. Ja, er versprach sich wirklich eine Menge von den kommenden Wochen. Sein ganzes Leben hing davon ab. Santa Aurora war genau der richtige Ort, seiner Zukunft eine Wende zum Guten zu geben. Selbst wenn man ein Quäntchen Geduld würde aufbringen müssen – für eine begrenzte Zeit und für Daria –, das würde gehen.
    William Peter Kautsky hatte beschlossen, sein Dasein mit ne uem Sinn zu füllen. So wie Daria Delfontes Person bestimmte Träume und Ahnungen in ihm wach kitzelte, so hatte schon der erste Anblick der Inseln wider die Winde ihn glauben gemacht, dass die Auroren eine andere, eine bessere Welt symbolisierten. Man musste sie nur bauen.
     
     
    ** *

22 DAS LEBENDE LEXIKON
     
    HERZOGTUM HANNOVER, 28. April 1689
    Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster und Unüberwindlichster Zar,
    Allergnädigster Pjotr, Ihr Zierde des Hauses Romanow, Verehrter junger Freund,
    Eurer Durchlauchtigsten Majestät seind meine alleruntertänigste Dienste in steter Treue und unverrücktem Fleiße allezeit zuvor und hienach bereit.
    Allergnädigster Zar und Herr.
    Mit großem Vergnügen und noch größerem Erstaunen habe ich E uren Brief vom März, Anno Domini 1688, zur Kenntnis und Durchsicht erhalten. Ihr schmeichelt mir über Gebühr, wenn Ihr meine Person mit dem Prädikat des 'Genius' schmückt. Das Lob betreffs 'größter Belesenheit' nehme ich gerne an. Verzeiht, dass meine damalige Antwort nur allgemeiner Natur war: Doch konnte sie nicht tiefer schürfen, da Eurer Bitte nachzukommen, eine Fülle von Nachforschungen bedeutete. In diesem Brief nun möchte ich mit Eurer Erlaubnis ausführlich auf die Ergebnisse meiner Bemühungen eingehen.
    Ich habe letztens (da ich an einem Orte weilte, wo ich im Auftrage der Herzöge von Hannover Einsicht in Archive mit den mannigfaltigsten Manuskripten genommen hatte) die Gunst des Augenblicks genutzt und mich in Eurer Angelegenheit und gemäß Eurer Weisungen b emüht.
    Ich muss Euch ge stehen, dass jene Bücher mir – mit Verlaub – zunächst als Konstrukt Eurer jugendlichen Begeisterung und der Phantasie besserer Erzähler und Poeten, als ich je einer sein werde, erschienen. Allein die Tatsache, dass ich in keinem der von mir erforschten Archive auch nur die beiläufige Erwähnung besagter Bücher mit dem Titel "Die Sechste Sonne" fand, ließ mich an ihrer Existenz ernsthafte Zweifel hegen.
    Fürderhin stieß ich bei meiner Arbeit an einer Genealogie des Her rscherhauses des hochwohlgeborenen Geschlechtes der Welfen auf Auszüge aus dem Bordbuch eines nahezu vergessenen Seefahrers: Der Genueser Kaufmann gelangte unter dem Namen Christóbal Colón zu zeitlich wie räumlich begrenztem Ruhm. Ich möchte aber soweit gehen, den Namen Kolumbus in einer Reihe mit so wohlklingenden und ruhmreichen Namen wie Marco Polo, Heinrich dem Seefahrer, Magellan oder Amerigo Vespucci zu nennen. Dieser Kolumbus war der Entdecker eines Seeweges nach den westindischen Inseln, und somit auch war er es, der letztlich zu unserem heutigen Weltbild, zur Entdeckung und Besiedelung der Welt, die wir die Neue zu nennen belieben, wesentlich beitrug. (Ich glaube, Zar Peter, Euch als russischen Souverän muss niemand darauf hinweisen, wie wichtig Seewege und neue Häfen für den Handel und damit die Ausdehnung aber auch die Machterhaltung eines riesigen Reiches – wie das Eurige eines ist – sind.)
    Verzeiht mir meinen Ausflug in Politik und Historie. Aber der Duft der Vergangenheit haucht nicht selten der Gegenwart i hren Atem ein. Oft ist dieser Atem moderig und abgestanden. Doch wir müssen den frischen Mut unseres gottgegebenen Verstandes nutzen, den Geist des Vergangenen zu beleben. Nur dann bleibt uns in kommenden Tagen die nötige Luft zum Atmen. Nur, wenn wir jedem Lüftchen auf der Welt nachspüren, vermögen wir den Wind zu verstehen. Euer Brief beweist, dass auch Ihr trotz der geringen Zahl Eurer Jahre den ersten Luftzug schon verspürt habt.
    Zurück zu den Büchern der Sechsten Sonne, zum Bordbuch des Admiral Kolumbus: Ich fand Auszüge aus einer Abschrift des originalen Buches im Nachlass eines mir zu

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