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Die Maya Priesterin

Die Maya Priesterin

Titel: Die Maya Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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stie g au s de m große n Se e au f . Morgendämmerung über Tayasa l .
     

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    »Zahlreich sind die Götte r . Zahlreic h di e Leben , di e si e ihren Geschöpfe n schenke n . To d un d Verwandlung . Schla f und Erwache n . Voll e ndun g un d Neubeginn . So verlangt es das göttliche Geset z . Un d deshal b werde n auc h w i r i n eine m Tun unse r Königreic h verlasse n un d weiterziehe n i n da s Neue Reic h .«
    I m Morgengraue n hatte n si e sic h i m Krei s de r Jahressteine versammelt . Zwe i Dutzen d oberst e Priester , ei n zweiter , engerer Krei s mi t de m Lahki n al s ihre m Mittelpunkt . Wiede r hi e l t der Hoheprieste r ein e feierlich e Rede , sei t fas t eine r Stund e scho n . I n altertümliche m Itza j Maya , de m Dieg o nu r mühsa m folgen konnte , rühmt e e r di e überlieferte n Gebot e un d Gebräuch e . Pries di e Sitte , zu m End e jede n Jahre s eine n Tu n z u setze n . Und besc hwor abermals das göttliche Gesetz, nach Vollendung des Baktu n i n ei n Neue s Reic h z u ziehe n . Eintönig strömte seine Rede . De r Hoh e prieste r wirkt e heut e noc h hinf ä llige r al s beim gestrige n Neujahrsfest . Al s hätt e e r mi t de m Lebe n de r Opfer auc h sein e letzt e n Kräfte den Göttern geschenk t .
    Bald schon, dachte Diego, würden die himmelblauen Priester wieder vor den Mauern au f - un d niedersteigen , u m den Götterkalende r einzurichte n fü r de n neue n Ta g . Noc h aber ware n Gerüst e un d Leiter n i m ganze n Kalendertur m verwa i s t . Zwische n de n mannshohe n Stele n wa r e s s o düster , da ß e r nur mühsa m di e Umstehende n unterschied . Den obersten Bücherpriester , leich t z u erkenne n a n seine r ausladenden Gestalt . Z u seine r Rechte n Ajxoka'nal , de n obersten Kalenderpriester , hage r un d gramg e beugt . Auc h B'ok - d'aantoj wa r zu g egen , noc h grimmige r dreinblicken d al s sons t . Unglücklicherweise stand der oberste Priester Cha'acs direkt nebe n Ixkuku l .
    Lange sah Diego die oberste Priesterin Ixquics a n . Si e stand ih m gegenüber , zu r Linke n B'ok - d'aantoj s , der ihr immer wieder finster e Blick e zuwar f . Dabe i sa h Ixkuku l einfac h zauberhaft au s . Ihr e silbern e Rob e schimmern d i m Halbdunkel , bla ß und geheimnisvol l wi e de r Mon d . I n ihre m schwarze n Haar schwam m di e silbern e Mondsichel , wi e ei n Boot , i n de m das si l berne Kaninchen dahintrieb. Ih m fie l di e Geschicht e ein , die Ixtz'ak ihm damals erzählt hatte, so eindringlich, daß er selbst i m Trau m z u Huhnap ú geworde n war . Ein Jaguarzwilling, furchtlo s un d stark . Wie der Fledermausgott ihm den Kopf abgerissen hatt e . W i e er , al s Kop f au f de n Pfah l gespießt , sich selbs t gesehe n hatte , seine n Leib , de n sei n göttliche r Bruder übe r da s Spielfel d tru g . Noc h imme r schaudert e ihn , wen n er dara n dachte . Ixbalanqu é . Di e Erinnerun g hatt e sic h i n sein Gedächtnis eingebrannt, wie e twa s wirklic h Erlebtes . Soga r das Kaninche n sa h e r noc h vo r sich , sein e bebend e Nase , al s e s vor de n Todesgötter n davonstob .
    E r lächelt e Ixkuku l z u . Doc h si e stan d mi t gesenkte m Kopf nebe n B'ok - d'aanto j , in trotziger Haltung, wie ihm schie n . Als läg e si e m it dem Regengottpriester im Streit. Dieg o war f dem Hoheprieste r eine n rasche n Blic k z u . Noch immer strömte seine Rede , feierlic h un d monoto n . Aber selbst diese Zeremonie mußt e irgendwan n z u End e sein . Anschließend würden sie in de n Palas t de s Cane k hinübe r ziehe n . Dor t würd e de r Köni g den oberste n Priester n verkünden , welch e Botschaf t di e Götte r ihm übermittel t hatte n . Danach aber, dachte der Pater, würde er zu Ixkukul gehe n . Mi t ih r spreche n . Si e umarme n . Ih r erklären , daß er sie liebte, seit damals, als s i e au s de n gelbe n Nebel n getreten war .
    »El f Edzna b Ein s Po p is t sei n Nam e .« Unvermittelt verfiel der La h k i n i n eine n melodische n Singsan g . Beid e Arm e erhoben, trat er aus dem Zirkel der obersten Priester und schritt auf die Lücke im Kreis der Jahressteine z u . Außerhal b de s Kreise s lag die dreihundertneunu ndneunzigst e Stel e bereit . Offenba r wa r der Zeitpunkt gekommen, den Jahresstein einzusetze n . »Ein s Po p ist sei n Tag« , san g de r Lahkin . »Ein s Po p is t sein e Nach t .«
    Der Pater horchte seinen Worten nac h . I n de n letzte n Tagen hatt e e r geglaubt , da ß e r di e Denkweis e de r May a z u verstehen

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