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Die Maya Priesterin

Die Maya Priesterin

Titel: Die Maya Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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began n . Abe r de r Sin n diese s Singsang s blie b dunke l fü r ihn .
    » Die s is t de r Wah n de r Besessenhei t .« Mi t schwankender Stimm e san g de r Hoheprieste r weite r . Sein e vie l z u große Tunik a schlotterte bei jeder Bewegun g . »Ein Zauberer bin ich, mit Zauberkraft befehle ich: Jahresstein, stehe auf!«
    Vier kräftige Sonnenpriester traten auf das schwarze Podes t . Si e ginge n i n di e Kni e un d umfaßte n di e liegend e Stele . Die Muskel n au f ihre n Arme n s chwolle n an , al s si e de n Tu n i n die Höh e stemmte n . Eine wuchtige Säule, bedeckt mit Zahlzeichen un d Glyphe n i n leuchtende m Gel b un d Ro t .
    »Der Wahn der Nacht, der Wahn des Tages.« Immer lauter san g de r Lahki n . Di e Arm e erhoben , mi t de m Rücke n z u den oberst e n Priestern im Innern des Steinkreises. »De r Wahn dessen im Himmel, der Wahn dessen in den Wolken.«
    I n de r Lück e zwische n de n Jahressteine n klafft e ei n rundes Loc h i m Bode n . Di e vie r junge n Prieste r wuchtete n de n Fu ß des neue n Tu n hinei n . Doc h da s Loc h wa r vie l z u groß . Dieg o spürte die Unruhe, die einige oberste Priester ergriff. U m de n Fu ß der Stel e verblie b ei n Hohlraum . Di e niedere n Prieste r mußte n den Stei n stützen , dami t e r aufrech t stehe n blieb .
    Vo r alle m B'ok - d'aanto j schie n de r Zwischenfal l z u erz ü rne n . Er durchbohrte die Sonnenpriester mit zornigen Blicke n . Andere Priester sahen einander voller Angst und Sorge a n . Nu r Ixkukul beobachtet e da s Mißgeschic k anscheinen d ungerühr t .
    Ei n Zeiche n de s Lahkin , un d ei n weitere r Sonnenprieste r eilte mi t eine m K ru g herbe i . E r kniet e vo r de r Stel e nieder . Aus seine m Kru g strömt e ein e grau e Mass e i n de n Hohlrau m und füllt e ih n aus .
    »Was ist das?« Diego flüsterte es, und ebenso leise antwortete der oberste Kalenderpriester:
    »Flüssige r Stein .«
    De r jung e Sonnenprieste r stric h di e grau e Mass e a m Fu ß der Stel e glat t . Flüssiger Stein, dachte Diego . Es schien die gleiche steinartige Substanz zu sein, die alle Straßen und Hausfassaden in Tayasal überzo g . Ebens o wi e di e unbegreifliche n Saccabés drauße n i m Wal d . Di e heilige n Weg e . Bi s heut e hatt e e r nicht rech t verstanden , woz u si e diente n . Offenba r besaße n di e Maya wede r Wage n noc h Kutschen , wede r Zu g - noc h Reittiere . Obwohl ihnen das Prinzip des Rades wohlbekannt wa r . Aber laut Ajxoka'nal spielten allenfalls Kinder mit Räde r n . Erwachsen e Männe r schritte n au f ihre n Füße n einher , wi e die Götter selbst, wenn sie die Menschenwelt besuchte n . Wozu also dies e Straße n vo n neunzi g Fu ß Breite , mitte n durc h de n Wald?
    Wiede r macht e de r Lahki n ei n Zeiche n mi t de r Han d . Die Sonnenprieste r ließe n di e Stel e lo s un d wiche n zurück . Ein Raune n gin g durc h di e Versammlung . Der Jahresstein bedurfte nu n keine r Stütz e meh r . Aufrecht stand die Stele da.
    Dieg o tra t nähe r heran , u m z u sehen , wa s a m Fu ß de r Säule geschehe n war . De r flüssig e Stei n wa r ers tarr t . Eine erstaunliche Technik, dachte e r . I n de r Alte n Wel t ga b e s nichts Vergleichbares , sowei t e r wußte . Abe r meh r al s da s Geheimnis de s flüssige n Stein s verwirrte n ih n di e Wort e de s Lahki n . Hatte de r Hoheprieste r nich t ebe n behauptet , e r werd e di e S t el e durch Zauberkraf t heben ? »Ei n Zaubere r bi n ich , mi t Zauberkraft befehle ich: Jahresstein, stehe auf!« Dan n abe r wa r di e Stele durch simple Muskelkraft bewegt worde n . Un d nich t Zauberei, sonder n de r flüssig e Stei n hatt e de n Tu n i m Bode n fixier t . Eine beeindruckend e Methode , ohn e Zweifel , doc h ebenso offenkundi g kein e Magie .
    Rätselhaft , dacht e de r Pate r . Wa r e s möglich , da ß die Mächtige n Tayasal s diese n Widerspruc h nich t bemerkten ? Daß e s fü r si e keine n Unterschie d zwische n Magi e un d Techni k gab? Zwische n übernatürlicher Macht und menschlicher Kunstfertigkeit ? De r Gedank e beunruhigt e ih n . Magie und Technik , dacht e er . E s erinnert e ih n a n di e verstümmelte n Opfer i n Sa n Benit o un d K'ak'as - 'ic h . Ein e verwirrend e Mischun g aus Raffinesse und Barbare i . Nac h arc h aische m Ritu s geschlachtet, doc h ei n kunstvolle r Balsa m schützt e di e Leichnam e vor Verwesun g .
    »Vie r Tag e steh t e r so , vo r de r Schlang e de r Schöpfun g.« Mit greisenhaft dünner Stimme sang der

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