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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Moment mal. Wenn das kleine Mädchen da oben nun eine von den reichen Mayfairs war, die hier heruntergekommen war, um…
    »Jetzt machen Sie sich mal keine Sorgen«, erklärte Mary Jane. »Sie haben das Päckchen ja nicht ausgeliefert, Sie haben es nur quittiert.«
    »Wovon reden Sie?«
    »Und jetzt müssen wir wieder zum Boot zurück.«
    Sie sprang bis zur unteren Treppe, und er patschte und quietschte hinter ihr her. Na ja, ganz so schräg war das Haus doch nicht, wenn man erst mal drin war, dachte er. Klickedi-klickedi-klickedi. Da war es wieder. Vermutlich konnte man sich an ein schräges Haus gewöhnen, aber die Vorstellung, in einer halb unter Wasser stehenden Bude zu hausen, war absolut -
    Der Blitz erstrahlte mittagshell, und der Hausflur erwachte zum Leben.
    Das war es! Ein Computer! In dem weißen Licht, einen Sekundenbruchteil lang, hatte er sie sehen können – im hinteren Zimmer – eine sehr große Frau, die über die Maschine gebeugt saß und mit fliegenden Fingern tippte, Haare, so rot wie die der jungen Mutter oben im Bett, aber doppelt so lang, und ein Lied kam von ihr, während sie arbeitete, als murmle sie laut vor sich hin, was sie da in den Computer schrieb.
    Die Dunkelheit schloß sich wieder um sie und ihren leuchtenden Bildschirm; eine geschwungene Stehlampe warf einen gelben Lichtkreis auf ihre flatternden Finger.
    Klickediklickediklick!
    Dann donnerte es, laut und dröhnend, wie er es noch nie erlebt hatte, so daß jedes Stück Glas im Hause klirrte. Mary Jane schlug sich die Hände vor die Ohren.
    Das große junge Ding am Computer sprang kreischend vom Stuhl auf, und dann gingen die Lichter im Haus aus, ganz und gar, so daß alles in einer tiefen, stumpfen Nachmittagsdüsternis versank.
    Die große Schönheit kreischte wie von Sinnen. Sie war noch größer als er!
    »Sschh, sschh, Morrigan, sei still!« schrie Mary Jane und stürzte auf sie zu. »Der Blitz ist in die Stromleitung gefahren, weiter nichts! Das Licht geht gleich wieder an!«
    »Aber es ist tot, es ist tot!« weinte das junge Mädchen. Sie drehte sich um, schaute herunter und sah Dr. Jack. Und einen Augenblick lang glaubte er, jetzt habe er den Verstand verloren. Es war der Kopf der jungen Mutter, der da oben auf dem Hals dieses Mädchens saß – die gleichen Sommersprossen, die roten Haare, die weißen Zähne, die grünen Augen. Guter Gott, als ob jemand dem Kind da oben den Kopf abgerissen und ihn diesem Geschöpf hier auf den Hals gesteckt hätte. Und sieh dir nur an, wie lang diese Bohnenstange ist! Sie hätten Zwillinge sein können, diese beiden. Er selbst war einsfünfundsiebzig groß, und dieses dünne Hemd hier war sicher einen knappen halben Meter größer. Sie trug nichts als ein weites, weißes Hemd, genau wie die Mutter, und ihre zarten, weißen Beine waren endlos. Mußten Schwestern sein, dachte er. Was anderes war nicht möglich.
    »Hoo!« sagte sie und schaute auf ihn herab; dann kam sie barfuß auf blanken Holzdielen auf ihn zu, obwohl Mary Jane versuchte, sie aufzuhalten.
    »Geh zurück und setz dich wieder hin«, sagte Mary Jane. »Das Licht geht in ein paar Sekunden wieder an.«
    »Sie sind ein Mann«, sagte die große junge Frau, die eigentlich eher ein Mädchen war, nicht älter als dieser Dreikäsehoch, die Mutter oben im Bett, oder als Mary Jane. Vor dem Arzt blieb sie stehen und musterte ihn, die roten Augenbrauen gerunzelt. Ihre grünen Augen waren größer als die der Kleinen dort oben, und sie hatte große, geschwungene Wimpern. »Sie sind ein Mann, nicht wahr?«
    »Ich habe dir gesagt, das ist der Doktor«, schaltete Mary Jane sich ein. »Er hat den Geburtsschein für das Baby ausgefüllt. Dr. Jack, das ist Morrigan, die Tante des Babys. Morrigan, das ist Dr. Jack. Jetzt setz dich wieder hin, Morrigan! Laß den Doktor seine Arbeit machen. Gehen wir, Doktor.«
    »Sei nicht so theatralisch, Mary Jane«, antwortete die Bohnenstange, und ein breites Lächeln erstrahlte auf ihrem Gesicht. Sie rieb sich die langen, seidig aussehenden Hände. Ihre Stimme klang genauso wie die der kleinen Mutter. Die gleiche, wohlerzogene Stimme. »Sie müssen mir verzeihen, Dr. Jack, meine Manieren sind noch nicht so, wie sie sein sollten, ich habe immer noch ein paar rauhe Kanten, während ich mich bemühe, vielleicht ein bißchen mehr an Informationen in mich aufzunehmen, als Gott für meinesgleichen je vorgesehen hat, aber wir haben ja auch so viele verschiedene Probleme zu bewältigen, zum Beispiel jetzt, wo wir die

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