Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
eigentlich…«
    »Doktor, das Baby ist geboren.« Sie war nicht aus dieser Gegend. »Ich blute nicht mehr. Ich gehe nirgends hin. Tatsächlich geht es mir prima. Besser, als ich erwartet hatte.«
    Die Haut unter ihren Fingernägeln war hübsch rosig. Ihr Puls war normal. Ihre Brüste waren riesig. Und neben dem Bett stand ein großer Krug Milch, erst halb ausgetrunken. Gut für sie.
    Ein intelligentes Mädchen, selbstsicher, gut erzogen, dachte er. Nicht vom Lande.
    »Ihr beide laßt uns jetzt allein«, sagte er zu Mary Jane und der Alten, die wie zwei Riesenengel über seinen Schultern schwebten. Das Baby wimmerte ein wenig, als habe es eben wieder festgestellt, daß es lebte, und als wisse es noch nicht, ob ihm das gefiel. »Gehen Sie da rüber, damit ich dieses Mädchen untersuchen und mich vergewissern kann, daß sie keine Blutungen hat.«
    »Doktor, ich habe das Mädchen versorgt«, sagte Granny sanft. »Glauben Sie, ich würde sie da liegen lassen, wenn sie Blutungen hätte?« Aber sie zog sich zurück und wiegte das Baby in den Armen, ziemlich heftig für ein Neugeborenes, wie er fand.
    Er war sicher, daß die junge Mutter ebenfalls Einwände erheben würde, aber sie tat es nicht.
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Öllampe selbst zu halten, um sich zu vergewissern, daß alles in Ordnung war. Dies würde kaum eine besonders gründliche Operation werden.
    Sie setzte sich aufrecht in die Kissen; das rote Haar umrahmte ihr Gesicht. Er schlug die dicken Oberbetten zurück. Alles hübsch sauber, das mußte er ihnen lassen. Sie war makellos, als hätte sie in der Badewanne gelegen, wenn so etwas möglich gewesen wäre, und sie lag auf einer Schicht weißer Handtücher. Kaum noch Ausfluß. Aber sie war wirklich die Mutter. Arg strapaziert von der Geburt. Aber ihr weißes Nachthemd war fleckenlos.
    Warum um alles in der Welt hatten sie das Kleine nicht auch so saubergemacht? Drei Frauen, und das Bedürfnis, mit Puppen zu spielen, war nicht mal groß genug, um dem Baby saubere Decken zu geben?
    »Leg dich wieder hin, Honey«, sagte er zu der Mutter. »Das Baby hat nichts zerrissen, das sehe ich schon, aber es wäre alles verdammt viel leichter für dich gegangen, wenn es das getan hätte. Wie war’s, wenn du es nächstes Mal mit dem Krankenhaus versuchst?«
    »Klar, warum nicht?« sagte sie mit schläfriger Stimme und schenkte ihm ein kurzes Lachen. »Es wird schon gehen.« Äußerst ladylike. Sie würde nie wieder ein Kind sein, dachte er, obwohl sie noch ein Dreikäsehoch war. Warte, bis diese Geschichte sich in der Stadt herumgesprochen hat…
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, es geht ihr gut.« Granny schob die Netze beiseite. Das Baby weinte jetzt an ihrer Schulter. Die Mutter schaute das Baby nicht einmal an.
    Hat wahrscheinlich für den Augenblick genug davon, dachte er. Ruht sich wahrscheinlich aus, solange es geht.
    »Schon gut, schon gut«, sagte er und strich die Oberbetten glatt. »Aber wenn sie anfängt zu bluten, oder wenn sie Fieber bekommt, dann schaffen Sie sie runter in Ihre Limousine und fahren sie nach Napoleonville! Und zwar schnurstracks ins Krankenhaus.«
    »Natürlich, Dr. Jack. Es freut mich, daß Sie kommen konnten«, sagte Mary Jane. Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn aus dem kleinen Zelt hinaus, weg vom Bett.
    »Danke, Doktor«, sagte das rothaarige Mädchen leise. »Tragen Sie bitte alles ein? Geburtsdatum und all das? Und lassen sie es die beiden bezeugen?«
    »Hab’ einen Holztisch hier drüben, auf dem Sie schreiben können«, sagte Mary Jane. Sie deutete auf einen behelfsmäßigen Tisch; zwei Kiefernbretter lagen auf zwei Stapeln von alten hölzernen Colaflaschenkästen. Es war lange her, daß er solche Colakästen gesehen hatte.
    Es war mörderisch für seinen Rücken, sich so vorzubeugen, um zu schreiben, aber es lohnte sich nicht, sich zu beschweren. Er zog seinen Stift heraus. Mary Jane hob die Hand und schob die nackte Glühbirne zu ihm herüber.
    Da kam wieder das Geräusch von unten. Klickedi-klickedi-klickedi. Und dann ein Surren. Er kannte diese Geräusche.
    »Was ist das für ein Geräusch?« fragte er. »Also, mal sehen, Name der Mutter, bitte?«
    »Mona Mayfair.«
    »Name des Vaters?«
    »Michael Curry.«
    »Rechtmäßig getrautes Ehepaar.«
    »Nein. Lassen Sie so was bitte weg, ja?«
    Er schüttelte den Kopf. »Geboren letzte Nacht, sagten Sie?«
    »Um zehn Minuten nach zwei heute früh. Entbunden von Dolly Jean Mayfair und Mary Jane Mayfair. Fontevrault.

Weitere Kostenlose Bücher