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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Ash leise.
    »Du wirst alles zerstören, die Firma, das Unternehmen. Du wirst in Apathie versinken. Du wirst die Dinge einfach laufen lassen. Das hast du schon einmal gemacht. Und dann bist du verloren, genauso, wie ich verloren bin, und an irgendeinem kalten Winterabend – und wieso du dir immer den kältesten Winter dafür aussuchen mußt, weiß ich auch nicht – wirst du wieder ins Glen kommen und nach mir suchen.«
    »Aber dies ist wichtiger für mich, Samuel. Es ist aus vielen Gründen wichtig.«
    »Parks, Bäume, Gärten, Kinder«, sang der kleine Mann.
    Ash antwortete nicht.
    »Denk an all die, die von dir abhängig sind, Ash.« Dieselbe Predigt für dieselbe Gemeinde. »Denk an all die Leute, die herstellen und verkaufen und kaufen und die lieben, was du produzierst.«
    Das Essen war gekommen, ein großer Salat für den kleinen Mann, die Pasta für Ash. Wein wurde in die Gläser gegossen. Er roch wie etwas, das restlos schlecht geworden war.
    »Ich bin zu betrunken, um zu essen«, sagte Samuel.
    »Ich kann verstehen, wenn du gehst«, sagte Ash leise. »Das heißt, wenn du entschlossen bist zu gehen, dann solltest du es vielleicht tun.«
    Sie saßen einen Moment lang schweigend da. Dann hob der kleine Mann die Gabel und fing an, den Salat zu verschlingen; er schaufelte sich alles in den Mund, und seinen sorgfältigsten Bemühungen zum Trotz fielen Fetzen und Brocken immer wieder auf den Teller. Geräuschvoll kratzte er jedes bißchen Olive, Käse und Salat von seinem Teller und trank dann einen großen Schluck von seinem Mineralwasser.
    Samuel rutschte vom Stuhl auf die Füße und hob seine lederne Reisetasche auf. Er schlenderte zu Ash hinüber und schlang ihm seinen Arm um den Hals. Ash küßte ihn rasch auf die Wange; die ledrige Beschaffenheit der Haut wirkte leicht abstoßend auf ihn, aber er war entschlossen, sich um keinen Preis etwas anmerken zu lassen.
    »Kommst du bald zurück?« fragte er.
    »Nein«, sagte Samuel. »Aber wir werden uns wiedersehen. Achte auf meinen Hund. Er ist leicht zu kränken.«
    »Ich werde es mir merken.«
    »Und stürze dich in die Arbeit.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Ich liebe dich.«
    Und damit drängte Samuel sich breitbeinig durch die Scharen derer, die zu ihren Tischen geführt wurden, und derer, die sich zum Gehen erhoben, zwischen Ellbogen und Rücken hindurch, die ihn hin und her schoben. Er trat zur Tür hinaus und ging draußen vor dem Fenster vorbei. Schneeflocken fingen sich bereits in seinem Haar und auf den buschigen Augenbrauen und hinterließen dunkle feuchte Flecken auf seinen Schultern.
    Er hob zum Abschied die Hand und verschwand dann aus der Begrenzung des Fensters, und die Menge war wieder die Menge.
    Ash hob das Glas Milch und trank es langsam leer. Dann schob er ein paar Geldscheine unter den Teller, betrachtete sein Essen, als wolle er sich von ihm verabschieden, ging ebenfalls hinaus und stemmte sich auf der Seventh Avenue gegen den Wind.
    Als er in seinem Schlafzimmer hoch über den Straßen angekommen war, erwartete Remmick ihn.
    »Sie sind zu kalt angezogen, Sir, viel zu kalt.«
    »Ja?« murmelte Ash. Geduldig ließ er sich von Remmick den Seidenblazer und den Schal abnehmen. Er zog die flanellene Hausjacke aus satingefütterter Wolle an und nahm das Handtuch entgegen, das Remmick ihm reichte, um sich damit die Feuchtigkeit aus Gesicht und Haaren zu wischen.
    »Setzen Sie sich, Sir, damit ich Ihnen die nassen Schuhe ausziehen kann.«
    »Wenn Sie meinen.« Der Sessel war so weich, daß er sich nicht vorstellen konnte, nachher wieder aufzustehen, um ins Bett zu gehen. Und alle Zimmer leer. Rowan und Michael fort. Wir werden heute abend nicht in die Stadt gehen und uns angeregt miteinander unterhalten.
    »Ihre Freunde sind wohlbehalten in New Orleans eingetroffen, Sir«, sagte Remmick, während er die nassen Socken herunterschälte und ihm frische, trockene anzog, so geschickt, daß seine Finger kaum die Haut an Ashs Beine berührten. »Der Anruf kam, kurz nachdem Sie zum Abendessen ausgegangen waren. Das Flugzeug ist auf dem Heimweg. Es dürfte in ungefähr zwanzig Minuten landen.«
    Ash nickte. Die ledernen Slipper waren mit Pelz gefüttert. Er wußte nicht, ob sie alt oder neu waren. Er konnte sich nicht erinnern. Plötzlich war es, als hätten sich alle unbedeutenden Details verflüchtigt. Sein Kopf war entsetzlich leer, und er spürte die Einsamkeit und Stille des Zimmers mit ungebremster Deutlichkeit.
    Remmick bewegte sich wie ein Geist vor den

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