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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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und ihn küßte.
    »Michael, meine Liebe«, flüsterte sie. »Meine eine, einzige Liebe.«
    »Ich bin bei dir, Darling«, sagte er. »Und versuche ja nie wieder, das zu ändern. Was wir tun müssen – für Aaron, für Mona, für das Baby, für die Familie, weiß Gott wofür -, das tun wir zusammen.«
     
    Erst als sie über dem Atlantik waren, versuchte er zu schlafen. Sie hatten gierig gegessen und ein bißchen zuviel getrunken, und sie hatten ungefähr eine Stunde lang über Aaron gesprochen. Jetzt war es dunkel und still in der Kabine, und sie lagen eingemummt unter einem halben Dutzend loser Wolldecken.
    Sie brauchten Schlaf, dachte er. Aaron würde ihnen auch raten, jetzt zu schlafen, nicht wahr?
    In acht Stunden würden sie in London landen; dann wäre es dort früher Morgen, auch wenn es für ihren Körper eigentlich Nacht wäre, und Yuri würde da sein, erpicht darauf und berechtigt dazu, zu hören, wie Aaron zu Tode gekommen war. Schmerz. Trauer. Das Unausweichliche.
    Er trieb davon, ohne recht zu wissen, ob er geradewegs in einen Alptraum eintauchte oder in etwas, das so grell und unsinnig war wie ein schlechter Cartoon, als sie seinen Arm berührte.
    Er ließ den Kopf auf dem ledernen Sitz zur Seite rollen, als er sich ihr zuwandte. Sie lehnte sich neben ihm zurück, und ihre Hand hielt die seine fest.
    »Wenn wir dies zu Ende bringen«, flüsterte sie, »wenn du nicht zurückschreckst vor dem, was ich tue, und wenn ich dich nicht aus -«
    »Ja…«
    »Dann wird nichts je wieder zwischen uns treten. Nichts und niemand. Und alles, was dich vielleicht mit einer Kindbraut verbindet, wird ungültig sein.«
    »Ich will keine Kindbräute«, sagte er. »Ich habe noch nie eine gewollt. Ich habe nicht von anderen Frauen geträumt, als du von mir gegangen bist. Ich liebe Mona auf meine eigene Art, und das werde ich immer tun, aber das ist ein Teil dessen, was wir sind, wir alle. Ich liebe sie, und ich will das Kind. Ich wünsche mir das Kind so sehr, daß ich noch nicht einmal darüber sprechen möchte. Es ist zu früh. Ich bin zu verzweifelt. Aber ich will nur dich, und das ist die Wahrheit seit dem ersten Tag, an dem ich mit dir zusammen war.«
    Sie schloß die Augen; ihre Hand lag immer noch fest und warm auf seinem Arm und glitt dann ganz natürlich herunter, als sei sie eingeschlafen. Ihr Gesicht sah heiter und absolut vollkommen aus.
    »Weißt du, ich habe getötet«, sagte er flüsternd; aber er war nicht sicher, daß sie noch wach war. »Ich habe dreimal getötet, und ich habe diese Taten keinen Augenblick lang bereut. Das verändert jeden.«
    Keine Antwort kam über ihre Lippen.
    »Ich kann es wieder tun«, sagte er, »wenn ich muß.«
    Ihre Lippen bewegten sich. »Ich weiß, daß du es kannst«, sagte sie leise, ohne die Augen zu öffnen; sie lag weiter wie in tiefem Schlaf. »Aber, weißt du, ich werde es tun, ob ich muß oder nicht. Ich bin es, die tödlich verletzt worden ist.«

 
9

    Es hatte sich wenig verändert. Ein großes Herrenhaus mit feinen Bogenfenstern und Myriaden von Kaminen.
    Er ging zwischen den Bäumen hindurch bis dicht an die Grundmauern heran und dann an den Steinen entlang auf der Suche nach den Türen, an die er sich erinnerte. Er trug jetzt keinen Anzug, keinen Mantel, sondern schlichte Kleidung: eine lange Arbeiterhose aus braunem Cord und einen dicken Wollpullover, wie ihn Seeleute gern tragen.
    Das Haus schien zu unermeßlicher Größe zu wachsen, je näher er kam. Überall verstreut sah man matte, einsame Lichter, aber immerhin Lichter. Gelehrte in ihren Zellen.
    Durch eine Reihe von vergitterten kleinen Fenstern sah er eine Kellerküche. Zwei Köchinnen in Weiß stellten eben den fertig gekneteten Teig zur Seite, damit er gehen konnte. Weißes Mehl bedeckte ihre Hände und das helle Holz der Arbeitsplatte. Kaffeeduft drang aus diesem Raum zu ihm herauf, sehr stark und frisch. Da war eine Tür gewesen… eine Tür für Lieferanten und dergleichen. Er ging weiter, verließ den hilfreichen Lichtschein, der durch die Fenster fiel, tastete sich mit den Händen an der Steinmauer entlang und kam schließlich zu einer Tür, die aber in letzter Zeit nicht benutzt worden war; sie wirkte mehr oder weniger unpassierbar.
    Einen Versuch war es wert. Und er hatte Werkzeug mitgebracht. Vielleicht war sie nicht mit einem Alarm gesichert, wie es jede seiner eigenen Türen gewesen wäre. Tatsächlich sah sie vernachlässigt und vergessen aus, und als er sie genauer betrachtete, sah er, daß

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