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Die Mayfair-Hexen

Die Mayfair-Hexen

Titel: Die Mayfair-Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Augenblick nicht an Mona denken. Warte auf den Anruf aus London.
    Außerdem war es dieser Abschnitt, den er lesen wollte:
     
    Und letztlich glaube ich vermutlich, daß Seelenfrieden auch im Angesicht schlimmsten Grauens und schwersten Verlustes zu erreichen ist, und zwar durch den Glauben an Veränderung, an Willenskraft und an Zufall, und durch den Glauben an uns selbst und daran, daß wir angesichts widriger Umstände meistens doch das Richtige tun.
     
    Sechs Wochen waren vergangen seit jenem Abend, als er, krank und trauernd, diese Zeilen geschrieben hatte. Damals, und bis zu diesem Augenblick, war er ein Gefangener dieses Hauses gewesen.
    Er klappte das Tagebuch zu, schob es in seine Ledertasche, klemmte sich die Tasche unter den Arm und hob die beiden Koffer auf. Dann ging er die Treppe hinunter.
    Rowan stand auf der Veranda und redete mit Ryan. Mona war auch da; sie hatte Tränen in den Augen und schaute mit neuer Anbetung zu ihm auf. Sie sah in Seide so köstlich aus wie in allem anderen; und als er sie jetzt anschaute, sah er, was Rowan gesehen hatte, sah es, wie er es einst als erster bei Rowan gesehen hatte: eine neue Rundung der Brüste, eine lebhaftere Farbe in den Wangen und ein Strahlen in ihren Augen, und zugleich einen etwas veränderten Rhythmus in den leisesten Bewegungen.
    Mein Kind.
    Clem nahm ihm rasch die Koffer ab und trug sie durch das offene Tor hinaus. Michael mochte diesen neuen Fahrer um soviel lieber als den letzten; er mochte seine Gutmütigkeit und seine sachliche Art.
    Der Kofferraum des Wagens wurde geschlossen. Ryan küßte Rowan auf beide Wangen. Erst jetzt konnte Michael seine Stimme hören.
    »… mir noch mehr sagen?«
    »Nur, daß diese Situation nicht lange dauern wird. Aber ihr dürft keinen Augenblick lang auf die Idee kommen, es bestünde kein Risiko mehr, den Wachdienst zu entlassen. Und laßt Mona unter keinen Umständen allein aus dem Haus.«
    »Kettet mich doch an die Mauer«, schlug Mona achselzuckend vor. »Das hätten sie mit Ophelia auch gemacht, wenn sie nicht ertrunken wäre.«
    »Wer?« sagte Ryan. »Mona, bis jetzt habe ich diese Sache mit dem Baby wirklich sehr gut aufgenommen, wenn man bedenkt, daß du erst dreizehn Jahre alt bist und -«
    »Still, Ryan. Niemand nimmt es besser auf als ich.«
    Sie lächelte wider Willen. Ryan starrte sie verblüfft an.
    Der Augenblick ist da, dachte Michael. Einen langen Mayfair-Abschied könnte er nicht ertragen. Und Ryan war so schon verwirrt genug.
    »Ryan, ich melde mich, sobald ich kann«, sagte er. »Wir werden Aarons Leute besuchen. Herausfinden, soviel wir können. Und wieder nach Hause kommen.«
    »Könnt ihr mir denn genau sagen, wo ihr hinfahrt?«
    »Nein, das geht nicht«, sagte Rowan. Sie hatte sich abgewandt und ging zum Tor hinaus.
    Mona klapperte plötzlich hinter ihr her die Treppe hinunter. »Hey, Rowan!« schrie sie, warf ihr die Arme um den Hals und küßte sie.
    Einen Augenblick lang hatte Michael schreckliche Angst, daß Rowan nicht reagieren, daß sie dastehen würde wie eine Statue unter den Eichen, ohne diese jähe, verzweifelte Umarmung zur Kenntnis zu nehmen, aber auch ohne sich ihrer zu erwehren. Aber es geschah etwas völlig anderes. Rowan hielt Mona fest in den Armen, küßte sie auf die Wange, strich ihr dann das Haar glatt und legte ihr sogar die Hand auf die Stirn.
    »Es wird alles gutgehen«, sagte sie. »Aber tu alles, was ich dir gesagt habe.«
    Ryan folgte Michael die Treppe hinunter.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll; ich kann euch nur viel Glück wünschen«, sagte er. »Ich wünschte, ihr könntet mir mehr darüber erzählen. Was ihr wirklich vorhabt.«
    »Sag Bea, wir mußten fort«, sagte Michael. »Den anderen würde ich nicht mehr erzählen als nötig.«
    Ryan nickte, offensichtlich von Mißtrauen und Sorge erfüllt, aber ratlos.
    Rowan saß bereits im Auto. Michael schob sich neben sie. In Sekundenschnelle glitten sie unter den tiefhängenden Baumästen davon, und Mona und Ryan standen wie auf einem Bild vereint unter dem Tor und winkten. Monas Haar war wie ein Sternenhaufen, und Ryan war immer noch verdutzt und höchst unsicher.
    »Er ist anscheinend dazu verdammt«, sagte Rowan, »einer Meute den Laden zu führen, die ihm nie sagt, was wirklich los ist.«
    »Wir haben’s mal versucht«, sagte Michael. »Du hättest dabei sein sollen. Er will es gar nicht wissen. Und er wird tun, was du ihm sagst. Und Mona? Sie auch? Keine Ahnung. Aber er tut’s.«
    »Du bist immer noch

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