Die Medica von Bologna / Roman
Eingeweide und das Fett und enthäute den Körper.«
Gaspare arbeitete in der ihm eigenen Weise schnell und geschickt, während die Studenten lange Hälse machten. Auch ich verfolgte gespannt seine Handgriffe, denn nie zuvor hatte ich eine derartige Sektion gesehen.
»Der Rest der Viper soll dreimal sorgfältig gewaschen werden, worum ich Schwester Carla hiermit bitte.«
Ich nahm ihm den glitschigen Körper ab, was mich einige Überwindung kostete, und tauchte ihn wie gewünscht in einen Holzzuber. Danach gab ich ihn zur vorübergehenden Aufbewahrung in ein weiteres Gefäß, welches, wie Gaspare verkündete, mit reinem Quellwasser gefüllt war.
An dieser Stelle machte er eine Pause, um den Studenten Gelegenheit für Fragen zu geben. Sie machten von dieser Möglichkeit regen Gebrauch und schrieben eifrig mit.
Danach erklärte Gaspare die Lektion für beendet, beantwortete aber noch die Frage, woran er die Schwangerschaft der ersten Viper erkannt habe. Er grinste und hielt ein Ei aus dem Leib der Schlange hoch. »Daran, meine Herren. Und nun wünsche ich Euch einen guten Heimweg. Die nächste Lektion erfolgt morgen im Freien, genauer gesagt, im Hof meines Anwesens. Bitte seid pünktlich.«
Als die jungen Männer fort und die für die Lektion notwendigen Utensilien verstaut waren, wollten wir wie üblich ein Glas Wein im Kaminzimmer nehmen, trafen aber überraschend Gaspares Mutter darin an. »Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie kühl.
»Mamma, du? Schön, dass du dich einmal wieder sehen lässt! Warum hast du dich nicht angekündigt, ich hätte doch etwas vorbereiten können! Schwester Carla …«
»Schwester Carla hat sicher noch im Kloster zu tun. Ich muss wichtige Dinge mit dir besprechen. Gehen wir in die kleine Bibliothek im Mezzanin.«
Gaspare blickte mich an, zuckte mit den Schultern und flüsterte, bevor er seiner Mutter folgte: »Bis heute Abend, Bleiweißmädchen?«
»Bis heute Abend«, flüsterte ich zurück.
Als wir am Abend nebeneinanderlagen und zu dem Baldachin über dem Pfostenbett hinaufschauten, sagte ich zu Gaspare: »Ich glaube, deine Mutter mag mich nicht.«
»Aber nein, sie kennt dich nur nicht, das ist alles.«
»Offenbar möchte sie mich auch nicht kennenlernen.«
»Bitte, kleines Bleiweißmädchen, keine ernsten Gespräche. Küss mich lieber.«
Ich küsste ihn, wie ich es mir angewöhnt hatte: Erst auf den kleinen Höcker seiner Nase, dann auf den Mund.
»Das ist schon besser. Nimm’s meiner Mutter nicht übel, wenn sie etwas kurz angebunden ist. Das ist ihre Art. Sicher wird sie mit dir noch näher bekannt werden.«
»Sie ist eine sehr erfolgreiche Frau, das muss ich anerkennen, auch wenn sie mich wie Luft behandelt. Sie ist der beste Beweis dafür, dass Frauen genauso viel können und genauso viel wert sind wie Männer.«
»Wenn du es sagst.«
»Bei Vipern scheint es sich nicht so zu verhalten.«
»Wie meinst du das jetzt wieder?«
»Weibliche Vipern sind nicht gut genug zur Herstellung des Theriaks, das hast du selbst gesagt.«
»Oh, daher also weht der Wind! Dann lass dir sagen, dass es gerade umgekehrt ist: Die weiblichen Vipern sind die geeigneten, nicht die männlichen.«
»Aber die weibliche Viper war …«
»Schwanger, genau, und deshalb untauglich.«
»Und die andere …?«
»War ebenfalls weiblich, aber nicht schwanger, deshalb war sie tauglich, zumal sie alle anderen Bedingungen erfüllte.«
Gaspare zog mich an sich, aber sosehr mir seine stürmische Art sonst gefiel, an diesem Tag war mir nicht danach zumute, und ich fragte ihn: »Was sagt eigentlich deine Mutter dazu, dass Männer angeblich alles besser können?«
»So etwas interessiert sie nicht. Meine Mamma ist etwas Besonderes. Sie ist eine Frau, die Geld hat.«
»Aha. Heißt das, wer Geld hat, ist grundsätzlich klüger, sogar als Frau?«
Gaspare lachte. »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
»Und was musste sie vorhin mit dir besprechen?« Eigentlich hatte ich die Frage nicht stellen wollen, aber ich gestehe, dass meine Neugier ziemlich groß war.
»Was bekomme ich, wenn ich es dir sage?«
»Das ist Erpressung.«
»Nenn es, wie du willst.«
»Nun gut.« Ich küsste ihn auf seinen Nasenhöcker.
»Das reicht nicht.«
Ich zierte mich und sagte: »Wenn ich dein kleines Bleiweißmädchen bin, bist du mein kleiner Nimmersatt.« Dann küsste ich ihn auf den Mund.
»Das wurde aber auch Zeit«, sagte er vergnügt.
»Und?«
»Was und?«
»Was musste deine Mutter unbedingt mit dir
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