Die Medica von Bologna / Roman
besprechen?«
»Nun, sie hat mir etwas geschenkt, das sie dank ihrer klugen Verhandlungen günstig erwerben konnte.«
»Und was ist das?«
»Ein eigenes Haus.«
Am nächsten Tag, rechtzeitig vor drei Uhr, dem üblichen Beginn der Nachmittagslektion, hatte Gaspare in der Mitte des Hofs einen Haufen Holzkohle aufschütten und einen Kessel mit Quellwasser darüberhängen lassen. Die am Vortag präparierte Viper befand sich bereits darin. Als die Studenten vollständig versammelt waren, begrüßte er sie, entzündete eigenhändig das Feuer und sagte: »Heute, liebe
Studiosi,
wollen wir unseren kleinen Exkurs über die Herstellung des wichtigsten Theriak-Bestandteils wieder aufnehmen. Natürlich können wir die Kunst des Ansetzens nicht in allen Einzelheiten behandeln, aber ich denke, es ist auch so genug.«
Er drehte sich zu Adelmo, der abwartend in der Nähe stand, und rief ihm zu. »Verteile die Blasebälge an die jungen Herren, sie sollen sich tüchtig betätigen, damit das Feuer Temperatur gewinnt. Auf diese Weise mögen ihre geistigen Muskeln ebenfalls geübt werden.
Mens sana in corpore sano,
wie es so schön heißt.«
Alsbald nahmen einige
Studiosi
Aufstellung um das Feuer und bearbeiteten nach Kräften die Blasebälge, bis die Glut ihre Farbe von Dunkelrot über Rot, Hellrot bis hin zu einem gleißenden Gelb verändert hatte.
»Bemerkt Ihr etwas, Ihr jungen Herren?«
»Das Feuer wird wärmer, Dottore«, rief einer.
»Richtig, aber das meine ich nicht.«
Die Studenten steckten die Köpfe zusammen und rätselten herum, kamen aber nicht auf das, was Gaspare meinte, und auch ich fragte mich, worauf er hinauswollte. Doch wir sollten nicht lange im Ungewissen bleiben, denn er sagte: »Das Feuer gewinnt seine Temperatur ohne jegliche Rauchentwicklung dank der Verwendung von Holzkohle, ein Umstand, der für die Herstellung des Theriaks besonders wichtig ist. Der beste Brennstoff jedoch ist das Geäst von Weinreben.«
Die Studenten schrieben mit, und Gaspare setzte die Lektion fort, indem er frisches Salz in den Kessel gab und anschließend einige Bund grünen Dills, welcher am selben Tag gepflückt sein musste. »Doch nicht immer ist frisches Salz in den Kessel zu geben«, schränkte er ein, »nämlich dann, wenn die Vipern an trockenen Plätzen in der Nähe des Meers oder von salzigen Seen gefangen wurden.«
Dann mussten wir warten, bis das Wasser kochte, und Gaspare nutzte die Zeit, um die Dinge abzufragen, die er gestern behandelt hatte. Als schließlich das Wasser mit dem Vipernfleisch zum Sieden gekommen war, sagte er: »Nun muss ein Guss kalten Wassers hinzugegeben werden.« Er bat mich, es zu tun.
Einer der jungen Herren lachte. »Warum, Dottore, bringt Ihr das Wasser zum Kochen, nur um es dann wieder abzukühlen?«
Gaspare tat, was alle guten Lehrer von Zeit zu Zeit machen: Er gab die Frage an die Lernenden zurück, damit sie selbst auf die Antwort kommen konnten. Und es dauerte nicht lange, bis einer rief: »Wahrscheinlich darf das Wasser nur kurz aufkochen, Dottore?«
»Genauso ist es«, bestätigte Gaspare zufrieden. »Weiß jemand, woran man erkennt, dass die Viper zur weiteren Behandlung bereit ist?« Diesmal gab er die Antwort gleich selbst und sagte: »Daran, dass ihr Fleisch leicht vom Rückgrat zu entfernen ist – so, als solle es gegessen werden. Es ist große Sorgfalt darauf zu verwenden, liebe
Studiosi,
dass beim Abtrennen keine kleinen Knochen im Fleisch zurückbleiben. Sollte das der Fall sein, müssen sie herausgeholt werden. Wir jedoch haben unsere Viper mit der richtigen Temperatur gekocht, und deshalb wird dieser Fehler bei uns nicht auftreten.«
Die jungen Herren nickten.
»Noch etwas, liebe
Studiosi:
Wisset, dass die heutige Zubereitung nur der Demonstration dient, zum richtigen Ansetzen des Theriaks gehören viele Vipern in den Kessel, was häufig zur Folge hat, dass manche größer und manche kleiner sind. In diesem Fall müssen natürlich die kleineren zuerst herausgenommen werden, sonst würde ihr Fleisch auseinanderfallen und sich mit den Knochen vermischen, während die großen sich noch im Garprozess befinden. Ihr seht, dem kunstvollen Kochen kommt eine entscheidende Bedeutung zu. Die Vollkommenheit – oder die Unvollkommenheit – des späteren Ergebnisses hängt davon ab.«
Gaspare wartete eine Weile und ließ die jungen Herren ihre Aufzeichnungen machen, während er über den Frühling im Allgemeinen und über die Luft im Besonderen dozierte. Er sagte, der
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