Die Medica von Bologna / Roman
Universität anerkannten Feste oder Zeremonien angesetzt sind. In einer halbe Stunde beginnt in der Kapelle Santa Maria de’ Bulgari eine Messe. Daran teilzunehmen ist für mich Pflicht, ich bin sowieso schon spät dran. Ich drücke dir die Daumen.
Arrivederci.
«
Er warf mir eine Kusshand zu und eilte davon.
Während ich ihm noch hilflos nachschaute, sagte hinter mir eine freundliche Stimme: »Ich nehme an, du bist Carla. Tritt ein in unser Haus, sei willkommen.« Eine Ordensfrau in der einfachen schwarzen Tracht der Nonnen von San Lorenzo stand in der hohen Tür und winkte mich näher. »Ich bin Schwester Abelina, die Hausmeisterin, bitte folge mir.«
Ich ging hinter ihr her durch die hohen, von Rundbögen begrenzten Säulengänge des Aedificiums, verließ mit hallenden Schritten das Hauptgebäude, passierte einen kleinen Hofgarten mit plätscherndem Springbrunnen, stieg Treppen empor, schritt durch das quadratische Dormitorium mit seinen streng ausgerichteten Betten und erreichte an der Ostseite schließlich den karg möblierten Raum der Oberin.
»Warte hier«, sagte Schwester Abelina und entfernte sich.
Während ich wartete, hatte ich Gelegenheit, mich umzusehen. Ein Schreibtisch, auf dem eine Madonnenfigur mit dem Jesuskind stand, zwei Stühle, eine Truhe mit schweren Eisenbeschlägen, ein paar Bücher, darunter eine ledergebundene Bibel mit Goldschnitt, ein Betpult am Fenster sowie ein Kruzifix an der Wand über dem Schreibtisch stellten die gesamte Einrichtung dar. Als ich das Kruzifix entdeckte, schlug ich automatisch das Kreuz und murmelte: »Gib mir Kraft, Herr, lass mich die richtigen Worte finden, stehe an meiner Seite, so will ich dich loben und preisen immerdar. Gelobt seist du, Herr Zebaoth, du Herr der himmlischen Heere …«
»… in Ewigkeit, Amen.« Eine schmale Gestalt hatte sich mir unbemerkt genähert. Sie wirkte gebrechlich, aber nicht schwach. Ihr Gesicht sah auf den ersten Blick alt und runzlig aus, doch bei näherem Hinsehen strahlte es die Energie einer jungen Frau aus. »Ich bin Mutter Florienca«, sagte sie. »Die Oberin der frommen Schwestern von San Lorenzo. Du hast dich eben vor Gott bekreuzigt, damit tatest du genau das Richtige.«
Da ich nicht wusste, wie ich mich einer so hochgestellten Persönlichkeit gegenüber verhalten sollte, machte ich einen tiefen Knicks und deutete zur Sicherheit noch eine Verbeugung an. »Danke, Ehrwürdige Mutter.«
»Bevor der Mensch ein wichtiges Gespräch führt, soll er das Gespräch mit Gott suchen.« Mutter Florienca setzte sich hinter ihren Schreibtisch und deutete auf den zweiten Stuhl. »Nimm Platz.« Ihre klugen Augen waren forschend auf mich gerichtet. »Dass du Carla bist, hat mir Schwester Abelina bereits gesagt, und ein Medizinstudent namens Marco Carducci hat mir sehr viel über dich erzählt. Sag, wie stehst du zu dem jungen Mann?«
»Ich soll Euch von ihm grüßen, Ehrwürdige Mutter.«
Die Oberin runzelte die Stirn. »Vielen Dank, aber ich glaube, danach hatte ich dich nicht gefragt.«
»Verzeiht, Ehrwürdige Mutter.« Ich hatte das Verhältnis zwischen Marco und mir nicht erwähnen wollen, aber nun war klar, dass ich um eine Antwort nicht herumkam. »Wir sind einander seit drei Jahren versprochen …«
»… und weiter?«
»Ich fühle mich noch nicht bereit für die Ehe.«
»Ich verstehe.« Die Erklärung schien der Oberin zu genügen. »Ich hoffe, du hast in Keuschheit gelebt?«
»Ja, Ehrwürdige Mutter«, sagte ich schneller als beabsichtigt und wünschte insgeheim, dass die Küsse und Liebkosungen, mit denen Marco mich häufig bedacht hatte, meine Worte nicht Lügen straften. »Es ist immer wieder etwas dazwischengekommen mit der Heirat, und …«
»… und du fragtest dich jedes Mal, ob du dich nicht für Gott den Herrn unbefleckt halten solltest, denn die Ehe mit ihm ist das höchste Glück, das einer Frau widerfahren kann.« Die Oberin nickte gütig und blickte auf den Trauring an ihrem Finger, dem äußeren Zeichen ihrer Vermählung mit dem Allerhöchsten. »Ist es so?«
»Ja, Ehrwürdige Mutter.« Eigentlich hatte ich von Marcos enttäuschendem Verhalten während der Krankheit meiner Mutter sprechen wollen, aber ich sah keinen Grund, die weise Frau zu verbessern. Ich spürte, wie ich errötete, was aber zum Glück hinter dem Schleier des Baretts verborgen blieb.
»Lass dir Zeit mit deiner Entscheidung, mein Kind. Horche in dich hinein, prüfe dich, und wenn du Gott zum Bräutigam wählst, so wisse, die Ehe
Weitere Kostenlose Bücher