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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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allenfalls, um die Kosten für die heutige Beerdigung zu decken, vorausgesetzt, sie erbringen einen anständigen Preis. Und die Ausübung deines Berufs, wie stellst du dir das vor? Du hast mir von einer Signora Vascellini und ihren Freundinnen erzählt, davon, wie sie wegen deines Feuermals mit dem Finger auf dich gezeigt haben und das Mal als
voglia di peccato
bezeichneten, du hast mir von anderen sogenannten Damen der Gesellschaft erzählt, vor denen deine Mutter dich verstecken musste, und du hast mir erzählt, wie beschränkt und überheblich alle diese Patrizierinnen sind. Und da glaubst du wirklich, sie könnten deine Kundinnen werden? Ganz davon abgesehen, dass du es selbst wahrscheinlich gar nicht möchtest?«
    Ich sah ein, dass er recht hatte, trotzdem entgegnete ich: »Das mag alles stimmen, aber mein Haus behalte ich.«
    »Nun gut, lassen wir das Thema. Wir werden das Problem mit dem Haus schon irgendwie lösen. Wann heiraten wir?«
    Ich senkte den Blick und stocherte mit dem Löffel im Gemüse herum.
    »Wir könnten in der Karwoche heiraten, Ostern fällt dieses Jahr auf den sechsten April. Was hältst du davon?«
    Ich blickte auf. Am liebsten hätte ich gesagt: Ich habe es nicht mehr eilig mit der Heirat. Ich möchte eine Weile für mich sein, ganz für mich, in meinem eigenen Haus. Ich möchte Abstand gewinnen. Alles weitere wird sich finden. Aber ich wollte Marco nicht enttäuschen, denn er hatte mir auf der Beerdigung zur Seite gestanden, und außerdem war er trotz allem ein netter Kerl. Es gab schlechtere als ihn. »In welcher Kirche soll die Hochzeit denn stattfinden?«, fragte ich.
    »In San Rocco.«
    »In San Rocco? Heißt das …?«
    »Genau das heißt es!« Marco nickte stolz. »Ich habe die Trauerfeier heute zum Anlass genommen, mit Pater Edoardo zu sprechen. Er war sehr freundlich und will uns vermählen, damit wir endlich vor Gott ein Paar sind.«
    »Nein.« Ich schrie beinah.
    »Nein? Aber wieso?«
    Ich suchte nach Worten. »Ich … ich mag die Kirche nicht. Ich habe sie noch nie gemocht.«
    »Aber es ist eine so hübsche
chiesa,
deine Mutter ging doch auch immer dorthin?« Marco schüttelte den Kopf. »Carla, ich verstehe dich nicht. Das mit der Kirche kann ich nicht glauben. Gut, ich gebe zu, es war falsch von mir, dir bei der Pflege deiner Mutter nicht zu helfen, aber ich habe dir erklärt, warum es nicht ging. Das alles hat doch nichts mit unserer Heirat zu tun. Oder willst du mich auf einmal nicht mehr?« Er beugte sich vor und küsste mich auf den Mund.
    Ich ließ es geschehen. Doch als seine Küsse fordernder wurden, wandte ich mich ab. »Ich möchte eine andere Kirche«, sagte ich.
    »Aber welche denn? Hast du dir überlegt, dass wir den Hochzeitstermin in der Karwoche nicht halten können, wenn wir auf eine andere Kirche ausweichen? Pater Edoardo dagegen kennt dich und mich, er würde Trauzeugen bereitstellen und die notwendigen Formalitäten ohne Probleme erledigen. Wenn du seine Kirche ablehnst, müssten wir bis zu den nächsten Studentenferien über Pfingsten oder gar bis Ende August warten. Willst du das?«
    Ich holte tief Luft. »Ja«, sagte ich, »das will ich.«
     
    Eine Woche später, die Wogen zwischen uns hatten sich mittlerweile geglättet, stand Marco vor der Tür. Wie in unserer ersten Zeit hielt er rote Rosen in der Hand. Es waren zwanzig Stück, eine schöner als die andere. »Herzlichen Glückwunsch zu deinem zwanzigsten Geburtstag, wenn ich mich nicht irre, ist heute der dreißigste März!«, rief er.
    »Ja, danke, das stimmt, das ist sehr lieb von dir«, sagte ich und nahm den Strauß entgegen. »Wie schön die sind! Die haben sicher ein Vermögen gekostet.«
    Marco grinste und küsste mich. »Die Blumenfrau vor San Petronio scheint ähnlich gedacht zu haben. Als ich ging, packte sie ihren Stand sofort zusammen.«
    »Komm herein.«
    Während ich die Rosen ins Wasser stellte, blickte Marco sich in den Zimmern um. »Du hast einige Möbel umgeräumt«, stellte er fest. »Es ist gemütlicher geworden.«
    Sein Lob freute mich. »Ja, der Werkstatttisch muss nicht mehr als Esstisch herhalten, es gibt ein paar Bilder an den Wänden, und Mammas Hausaltar steht jetzt in meinem Zimmer. Nimm schon mal an dem kleinen Tisch Platz. Ich komme gleich.«
    Als ich wenig später den mit Äpfeln und Rosinen gefüllten Kapaun auftrug, tat ich es mit gemischten Gefühlen. Einerseits war ich stolz, dass mir die Speise so gut gelungen war, andererseits hatte ich für den Mastvogel mein

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