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Die Medica von Bologna / Roman

Die Medica von Bologna / Roman

Titel: Die Medica von Bologna / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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herumgesprochen, dass mein Haus eine gute Adresse für alles Miniaturhafte ist. Sollen wir mit der Präsentation beginnen?«
    »Gerne, Signore.«
    »Da wir eben über Einsiedlerkrebse sprachen, zeige ich Euch ein paar Stücke, die meinen früheren gepanzerten Freunden sicher auch gefallen hätten. Seht her.« Das Männchen deutete auf einen Holzschlitten von der Art, wie sie bei Schneefahrten an den Hängen der Apenninen Verwendung findet – mit dem Unterschied, dass dieser Schlitten kleiner war als der Nagel meines kleinen Fingers. Und doch konnte ich an ihm jede Einzelheit genau erkennen. Alles war so hübsch und ansprechend anzuschauen, dass ich meine Augen kaum davon losreißen mochte. Doch schon ging die Vorführung weiter: »Ähnlich klein ist auch diese schwarze Kutsche. Es ist eine Paradekutsche, wie sie bei Umzügen von den Honoratioren eingesetzt wird, gerne auch von unserem Stadtoberhaupt, dem hochzuverehrenden Gonfalonier. Und hier: ein Leiterwagen zum Transport von Heu, kaum größer als der Same des Grases, aus dem später das Heu erwächst. Oder hier: ein römischer Streitwagen mit Kampfsicheln an den Rädern, wie ihn Julius Cäsar bei seinem Triumphzug zum Kapitol von Rom benutzt haben mag.«
    Ich kam aus dem Staunen nicht heraus. »Ihr scheint zu jedem Stück eine kleine Geschichte erzählen zu können.«
    Das Männchen kicherte. »So ist es, so ist es. Die Erfahrung lehrt, dass ein Exponat mit Geschichte viel interessanter ist als eines ohne.«
    »Da mögt Ihr recht haben, Signore. Aber für wen oder was sollen diese winzigen Gefährte gut sein, wenn nicht für Einsiedlerkrebse?«
    Das Männchen kicherte noch mehr und verkündete fröhlich: »Für Flöhe, Signorina.«
    »Für Flöhe? Um Gottes willen!«
    »Ihr habt richtig gehört. Die Gefährte sind allesamt Bestandteile eines Flohzirkus. Die Insekten werden vor die Wagen gespannt und ziehen sie. Ein wahrhaft possierlicher Anblick! Doch lasst mich fortfahren. An Eurer Reaktion erkenne ich, dass wir das Richtige noch nicht gefunden haben. Darf ich Euch an diesen Tisch bitten? Nehmt ruhig die Lupe zur Hand, damit Ihr besser sehen könnt. Wisst Ihr, was das ist?«
    »Nun, Signore, ich denke, eine kleine Brosche.«
    »Richtig, aber was für eine! Seht genauer hin. Dann werdet Ihr ein aus Elfenbein geschnitztes Motiv, welches der Heiligen Schrift entstammt, erkennen können:
Die Speisung der Fünftausend.
Oder hier, weitere Broschen mit weiteren Motiven:
Die Hochzeit zu Kana, Der Tanz ums Goldene Kalb, Das Letzte Abendmahl, Der Barmherzige Samariter.
«
    Ich betrachtete jedes einzelne Bild unter der Lupe und konnte mich kaum sattsehen an der Vielfalt der mit größter Präzision geschnitzten Werke. Ich suchte nach Worten, um meiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen, aber schon redete das Männchen weiter: »Was haltet Ihr von diesem Pfirsichkern? In ihm findet Ihr eingeritzt die Sieben Todsünden. Hier, am Anfang, seht Ihr die Völlerei, und wenn Ihr Euer Auge um den Kern herumwandern lasst, erkennt Ihr nacheinander die Wollust, die Habsucht, den Zorn, den Neid, den Hochmut und, als siebte Todsünde, die
acedia,
die Trägheit.«
    Ich schwieg, da mir tatsächlich die Worte fehlten.
    »Wartet, meine Liebe, denn es geht noch kleiner. Kommen wir von der Sünde zur Tugend. Eine der schönsten Tugenden ist die Geduld,
patientia.
Schaut Euch dieses Geduldsspiel mit kabbalistischen Buchstaben an, es findet in der Aushöhlung eines Pfefferkorns Platz. Wenn Ihr genügend Geschick beweist, wird sich Euch das verborgene Sprichwort erschließen. Es heißt:
Was Blumen für den Garten sind, sind Gewürze für die Speisen.
Oder darf ich Eure Aufmerksamkeit auf dieses chinesische Hohlkugelwunderwerk lenken? Es nennt sich ›Ball-im-Ball-im-Ball-im-Ball-im-Ball‹. Es besteht aus einem einzigen Stück Walrosszahn und ist ohne jegliche Naht gefertigt.«
    Ich nahm das als Hohlkugelwunderwerk bezeichnete Exemplar in die Hand und betrachtete es sorgfältig von allen Seiten, auch wenn ich zugeben muss, dass durch die vielen Eindrücke mein Interesse langsam zu erlahmen begann. Doch nur für kurze Zeit, denn das Männchen erhob seine Stimme und sprach verheißungsvoll: »Habt Ihr früher gern mit Puppen gespielt, Signorina Carla?«
    »Ja, Signore, das habe ich.«
    »
Formidabile,
dann wird Euch diese wahrscheinlich sehr gefallen.« Das Männchen zeigte auf die filigrane Figur eines weiblichen Körpers, der nicht länger als mein kleiner Finger war. »Es ist ein

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