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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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seufzte. »Liebst du mich, Gabriel? Liebst du mich wirklich? Oder ist Liebe ein anderes Wort für Verlangen.«
    Er lächelte beinahe entschuldigend. »Liebe. Verlangen. Eins führt zum anderen. Ich liebe dich, Doc. Ich hänge an deiner Angel wie eine hungrige Forelle, und ich wehre mich nicht mal dagegen.«
    Olivia schlang ihre Arme um die Knie. Er liebte sie. Er hatte ihr die Worte oft gesagt, sie glühten in ihrem Herzen und machten ihr die Entscheidung um so schwerer.
    Er verschränkte seine Finger in ihren. Sie waren rauh und rot geworden von der Hausarbeit und der Wurzelbürste. Der Anblick der verschränkten Hände schien ihn zu faszinieren. Dann stieß er einen Seufzer aus, der klang, als käme er von einem, der sich entschlossen habe, von einer Felsklippe zu springen.
    »Olivia, heirate mich.«
    Sie konnte ihn nur verblüfft anstarren.
    »Ich bin zwar nicht ein Mann, den eine Frau aus deinen Kreisen sich als idealen Ehemann wünscht, aber du wirst immer geliebt, und du mußt nie Hunger leiden. Soviel kann ich dir versprechen. Ich habe mit dieser Mine genug Geld verdient, um uns irgendwo weit weg von hier Land zu kaufen.«
    Er stand auf und blickte stirnrunzelnd ins Feuer, ein seltsamer Gesichtsausdruck für einen Mann, der einen Heiratsantrag machte.
    »Gabriel, ich sage nicht, daß ich gehe, um dich zu verleiten, mir einen Heiratsantrag zu machen.«
    »Das nehme ich auch nicht an. Mir ist nur gerade klar geworden, daß du mir mehr bedeutest als … Es gibt ein paar Dinge, die ich aus der Welt schaffen wollte, bevor ich mir Gedanken über meine Zukunft mache. Aber nun möchte ich, daß du meine Zukunft bist. Ein Mann und eine Frau, die einander lieben, sollten zusammenbleiben.«
    Olivia war völlig verdattert. Da stand er breitbeinig, die Arme über der breiten, nackten Brust verschränkt, in der Haltung eines Barbaren, der in die Schlacht zieht, nicht eines Mannes, der seiner Herzensdame einen Heiratsantrag macht. Sein Blick war düster, die schwarzen Augenbrauen waren über die verengten Augen zusammengezogen. Er wartete auf ihre Antwort, als sei er entschlossen, sie zu fesseln und zu knebeln, wenn sie es wagen sollte, nein zu sagen.
    Doch Olivia wußte, daß ihr keine Gefahr drohte. Gabriel Danaher konnte zwar gewalttätig sein, war aber in seinem Inneren ein weicher Mann. Er würde sich und die Seinen wenn nötig mit rücksichtsloser Brutalität verteidigen, aber er hatte keinen Gefallen an Grausamkeiten wie viele Männer. Er war gutmütig, liebevoll, klug und zu tiefen Gefühlen fähig. Soviel wußte sie über ihn, viel mehr aber auch nicht.
    Olivia wollte ihm die düsteren schwarzen Augenbrauen glätten und ein Lächeln in sein Gesicht zaubern. Sie wollte das Strahlen in seinen Augen wieder sehen und die Grübchen in seinen Wangen, wenn er lachte. Sie wollte ja sagen, ja, sie wollte ihn heiraten und ihn bis ans Ende ihrer Tage lieben.
    Gabriel Danaher heiraten. Einen Mann heiraten, von dem sie praktisch nichts wußte, einen Mann mit einer von Geheimnissen überschatteten Vergangenheit und einer ungewissen Zukunft. Wieso lebte er hier abgeschieden in den Bergen? Das hatte er ihr nie gesagt und war ihren Fragen stets ausgewichen. Und was hatte er für Dinge aus der Welt zu schaffen? Noch mehr Geheimnisse, über die er nicht sprechen wollte.
    Gabriel Danaher heiraten. Einen gewalttätigen Mann. Einen zärtlichen, liebevollen Mann. Nur Gott wußte, wer er wirklich war. Dennoch vertraute sie ihm mit ihrem Leben, ihrer Seele. Sie liebte ihn. Das Leben mußte nicht ein einsamer Weg völliger Hingabe an die Probleme und Leiden anderer sein. Sie könnte ja sagen, und ein Leben führen mit einem Mann, den sie vergötterte, zwei hübschen, heranwachsenden Mädchen und vielleicht eigenen Kindern. Sie könnte ja sagen, und Gabriel würde lächeln.
    Gabriel Danaher gehörte aber nicht in ihre Welt. Olivia konnte ihn sich nicht in New York vorstellen, nicht in den Docks, wo er einst seinen Lebensunterhalt verdient hatte, und schon gar nicht im Kreis ihrer arroganten, intellektuellen Freunde. Er gehörte genauso wenig in ihre Welt wie sie in seine. Selbst wenn seine Mine ihn zum reichen Mann machte, würde Gabe immer ein grober Klotz ohne Bildung, ohne Manieren, ohne einen Funken Höflichkeit bleiben. Ihr Vater würde ihn beobachten und ihr verbieten, sich mit ihm sehen zu lassen, ihn gar zu heiraten.
    Wenn der Vater Olivia allerdings jetzt sehen könnte, würde er sie kaum wiedererkennen. Wer war die Frau, die in

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