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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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ausgesprochen ritterlich, Doc. Ich habe mir auf der Suche nach Ihnen im Schneesturm beinahe den Allerwertesten abgefroren. Und nun sorge ich in meiner Ritterlichkeit dafür, daß Sie nicht wieder auf dumme Gedanken kommen. Ich habe genau gesehen, wie Sie sich den Wildwechsel angeschaut haben.«
    »Wildwechsel?« Sie bemühte sich um einen unschuldigen Tonfall.
    »Sie mögen gute Eigenschaften besitzen«, äffte er sie nach. »Das Talent zu lügen gehört nicht dazu, Doc. Ein zweites Mal werden Sie sich nicht aus dem Haus schleichen. Sie bringen sich um, wenn Sie über den Wildwechsel klettern. Und was würden Sie ihrer Freundin Mrs. Talbot als Leiche nützen?«
    »Ich lüge nicht. Ich hatte nicht die Absicht, mich heute nacht wegzuschleichen.« Das entsprach tatsächlich der Wahrheit. Sie hatte vor, das Tageslicht abzuwarten und sich dann wegzuschleichen, wenn Danaher in seiner Mine Steine klopfte oder unterwegs war, um ein unschuldiges Reh zu töten. Von nächtlichen Ritten durch die Bergeinsamkeit hatte sie die Nase voll. Und außerdem war sie heute nacht ohnehin zu müde.
    »Irgendwie traue ich Ihnen nicht, Doc. Sie sind so störrisch, daß die Maultiere da draußen vor Neid erblassen.«
    »Ich bin störrisch wie ein Maultier? In der Hinsicht kann ich Ihnen wohl nicht das Wasser reichen. Ihnen sollten lange Ohren wachsen.« Sie stapfte zu einer Holzkiste, in der Bettzeug und Wolldecken verstaut lagen. »Ich für meinen Teil bin jedenfalls zu müde, um diese sinnlose Unterhaltung weiterzuführen.« Sie riß die Decken heraus und trug sie zum Kamin. »Da Sie offenbar nicht gewillt sind, mir das Bett zu überlassen, werde ich hier schlafen.«
    »Ich fürchte nicht.«
    »Was?«
    Er hatte einen Strick von einem Haken genommen und ließ ihn aufreizend durch die Finger gleiten. »Sie werden nicht nur im Bett schlafen, ich werde Sie sogar ans Bett binden.«
    »Sie machen Witze.«
    »Nein. Ich bringe Sie nach Elkhorn, wenn keine Gefahr mehr besteht, und keinen Tag früher. Und ich habe keine Lust, Ihnen nochmal durch Nacht und Nebel nachzureiten. Wollen Sie Ihr Nachthemd anziehen, oder wollen Sie lieber in Kleidern schlafen?«
    Olivia trat einen Schritt zurück. »Das ist absurd. Sie werden mich nicht ans Bett fesseln, und schon gar nicht, wenn Sie auch darin nächtigen.«
    »Nun, ich habe Sie nicht um Erlaubnis gefragt, Doc. Und ich finde, ich habe wegen Ihnen oft genug auf dem Fußboden übernachtet. Ein Mann in meinem Alter ist an den Luxus seines Bettes gewöhnt.«
    Olivia machte noch einen Schritt nach hinten, als er mit dem Strick in der Hand auf sie zukam. Wieder einmal wurde ihr die völlige Hilflosigkeit, diesem Mann ausgeliefert zu sein, bewußt.
    »Sie sind ein ungehobelter Rüpel. Es ist empörend. Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich diese Hütte heute nacht nicht verlasse.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das reicht mir nicht, Doc. Im Eimer ist Wasser, wenn Sie sich waschen wollen.«
    Sie knallte ihm die Decken vor die Brust und versuchte seinem Zugriff auszuweichen, wohl wissend, daß ihre Situation hoffnungslos war. Dieser Unmensch war keinen vernünftigen Argumenten zugänglich, und sie hatte nicht die Kraft, sich gegen ihn zu wehren. Doch diese Demütigung hinnehmen zu müssen, war kaum zu ertragen.
    »Nun seien Sie vernünftig, Doc. Wir sind beide müde. Ich verspreche, mir keine Frechheiten herauszunehmen. Ich habe Ihren weiblichen Reizen bisher widerstanden und werde es auch in Zukunft schaffen.«
    Sie stand buchstäblich mit dem Rücken zur Wand. Es gab keine Fluchtmöglichkeit. Er packte ihr Handgelenk mit eisernem Griff und knotete den Strick fest.
    Der Drang, ihm eine Ohrfeige zu versetzen, war beinahe unwiderstehlich, doch sein Blick warnte sie. Gabriel Danaher hatte ein rüpelhaftes Wesen und war sehr jähzornig. Er war imstande, zurückzuschlagen.
    Sie starrte ihn an, mühsam um Fassung ringend. »Ich möchte mich wenigstens waschen.«
    Etwas später hörte Olivia, wie Danaher die Öllampe ausblies und sich neben ihr niederließ. Das Bett war nicht sehr breit; die Strohmatratze gab unter Danahers Gewicht nach, und es entstand eine deutliche Schräge in seine Richtung. Sie konnte sich nirgends abstützen, da ihre Hände an das Eisengestell gebunden waren. Unvermeidlich rutschte sie nach unten an ihn. Sie stemmte die Füße gegen die Matratze, um Abstand zu gewinnen.
    »Hören Sie mit der Strampelei auf. Ich will schlafen.«
    Olivia erstarrte. Danahers Körperwärme brannte durch den dünnen

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