Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
und FBI umzugucken. Erst als das Flugzeug abhob, entspannte ich mich endlich.
Die Flugbegleiterin dankte mir lächelnd dafür, dass ich mit ihrer Gesellschaft geflogen war. Als Reisender in der Ersten Klasse hatte ich Anspruch darauf, in einer ihrer Luxuslimousinen unentgeltlich vom Flughafen zu meinem Bestimmungsort befördert zu werden, aber ich hatte darauf verzichtet. Ich zog es vor, mich von meinem Fahrer abholen zu lassen. Auf die Art konnte ich auf dem Heimweg persönliche Telefongespräche führen, ohne befürchten zu müssen, dass jemand mithörte.
Mein Telefon stellte ich schon auf dem Weg zum Einreiseschalter an. Es klingelte beinahe augenblicklich. Die Schwester meines Vaters war dran.
»Kings, bei mir hier steht alles kopf. Ich versuche schon seit zwei Tagen, dich zu erreichen.«
Sie klang sehr aufgewühlt. Sie gab mir eine Nummer und bat mich, sie sofort zurückzurufen.
»Kings, ich weiß nicht, was ich machen soll. Wir haben mal wieder Stromschwankungen gehabt, und mein Kühlschrank ist kaputtgegangen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch jeden Tag alles frisch kochen muss. Das ist nicht einfach für mich.«
»Tante Ada, beruhige dich, beruhige dich. Hast du gefragt, was es kostet, den Kühlschrank reparieren zu lassen?«
»Hmm. Kings, der Kühlschrank ist sehr alt. Ich weiß nicht, ob der noch zu reparieren ist. So einen hat fast keiner mehr.«
Die Botschaft kam an.
»Tante Ada, was kostet ein neuer?«
Sie sagte es mir. Ich versprach, ihr noch vor dem Wochenende das Geld zu schicken.
»Gott allein weiß, wie ich bis zum Wochenende ohne Kühlschrank auskommen soll, aber trotzdem danke. Ich werd’s schon irgendwie schaffen.«
»Okay, Tante. Keine Sorge. Ich sehe zu, dass du das Geld morgen hast.«
»Du bist wirklich der Sohn deines Vaters. Gott segne dich, mein guter Junge. Du bist so ein Segen für die Familie.«
Der Beamte am Einreiseschalter setzte ein breites Strahlen auf und führte linkisch die rechte Hand an die Mütze.
»Willkommen, Sir!«, schrie er.
Armut schärfte den Geruchssinn. Dieser Menschenschlag witterte sofort den potenziellen Bakschischgeber. Ich lächelte und gab ihm meinen Pass.
»Können wir irgendetwas für Sie tun, Sir?«, fragte er.
»Nein, danke«, erwiderte ich.
Der Einreisebeamte war fertig und hielt mir meinen Pass hin. Ich nahm das dunkelgrüne Heftchen entgegen und schob ihm ein paar Euroscheine zu. Hoffentlich genug, um sicherzustellen, dass er sich mein Gesicht auf ewig einprägte für den Fall, dass ich irgendwann einmal seine Hilfe brauchte.
Auf dem Weg zur Gepäckausgabe rief ich Camille an.
»Kings, Kings! Du bist wieder da! Du hast mir echt gefehlt!«
Camille und ich hatten nach unserer ersten Begegnung noch mehrere Nächte zusammen verbracht. Ich rief an, wenn ich sie brauchte, wir trafen uns im Hotel, und sie verschwand am nächsten Morgen. Die Frau hatte eine wunderbare Art, mir die Sorgen zu vertreiben. Irgendwie komisch allerdings, dass ich nicht einmal ihren Nachnamen wusste. Aber wozu sollte man alles über eine Frau erfahren, wenn sie einen am Schluss doch bloß abservierte? Mit Camille war ich frei – frei, aus unserer Beziehung, wann ich wollte, so viel Spaß zu ziehen, wie ich wollte. Das war das Wichtigste.
»Können wir uns später am Abend sehen?«, fragte ich.
»Klar. Um welche Zeit?«
»Ich bin noch am Flughafen. Ich ruf dich an, wenn ich in Aba bin, und sag dir Bescheid.«
»Ich freu mich echt drauf, dich zu sehen, Kings. Ich hoffe, du hast mir was aus Amsterdam mitgebracht.«
Selbst ihre Stimme hatte etwas Elektrisierendes. Gab es eine Schule, wo Frauen wie sie ihr Handwerk lernten, oder war es ein angeborenes Talent? Kein Wunder, dass sie so viel verlangte. Ich lief gegen jemanden, der zu langsam ging. Er drehte sich um. Ich wollte mich schon entschuldigen.
»Kingsley Ibe!«, rief er aus.
»Andrew Onyeije!«
Wir gaben uns die Hand.
Andrew und ich hatten in der fünften Klasse einen Wissenswettbewerb ausgetragen. Nach hartem Kampf hatte ich gewonnen. Frische Farbe, volle Backen, … er sah sehr gut aus.
»Und, was treibst du so heutzutage?«, fragte er.
»Ich bin in Aba ansässig.«
»Tatsächlich? Wo arbeitest du?«
»Ich bin selbständig. Ich bin im Im- und Exportgeschäft.« Er lachte.
»Wie kommst du denn dazu? Hast du nicht immer gesagt, du wolltest Ingenieur werden?«
»Stimmt. Ich habe Chemie-Ingenieur studiert.« Er lachte wieder.
»Und jetzt machst du in Im- und Export. Wozu das Studium, wenn du
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