Die Meerhexe
auch eine spezielle Ausrüstung tragen – zum Beispiel etwas in der Art, wie es letzte Nacht aus einem Arsenal in Florida verschwand. Ich meine, zwei Einbrüche in Arsenale innerhalb einer Nacht, die nichts miteinander zu tun haben – das gibt's doch wohl nicht. Und Sie – als einer, der hier einen verantwortlichen Posten bekleidet und der Sache Vorschub leistet –, Sie erwarten zwanzig Jahre ohne Aussicht auf Straferlaß. Und uns schimpfen die Leute Verbrecher!«
Larsen hatte ein paar Antworten parat, von denen keine selbst durch die großzügigste Zensur gerutscht wäre.
Der ›Weihnachtsbaum‹ wurde wunschgemäß zugedreht. Die Druckmesser standen auf Null. Durand wandte seine Aufmerksamkeit der Roamer und ihren kurzen Pendelfahrten zwischen der Bohrinsel und dem riesigen schwimmenden Vorratstank zu.
»Was macht denn unser Freund da?«
»Sogar eine Landratte wie Sie sollte darauf kommen: er kontrolliert die Pipeline.«
»Wozu denn um Himmels willen? Sie könnten eine beschädigte Leitung in einem Tag ersetzen, damit wäre doch nichts gewonnen.«
»Man kann nie wissen.«
»Sind Worths Meuchelmörder hier? Wer ist ihr Anführer?«
»Guiseppe Palermo.«
»Dieser Gangster! Der noble Lord inszeniert also nicht nur größere Einbrüche, er arbeitet auch noch ganz ungeniert mit Verbrechern und ehemaligen Sträflingen zusammen.«
»Sie kennen ihn?«
»Ja.« Durand sah allerdings keine Veranlassung zu erzählen, daß er und Palermo zweimal gemeinsam im Gefängnis gesessen hatten. »Ich will mit ihm sprechen.«
Das Gespräch war kurz und einseitig. Durand sagte: »Wir haben Lord Worths Töchter in unserer Gewalt. Falls ihr den Versuch machen solltet, sie zu befreien, wird es nicht nur euch schlecht bekommen – die jungen Damen werden Stück für Stück ihre zarten Finger verlieren. Ich hoffe in eurem eigenen Interesse, ihr habt mich verstanden.«
Palermo und seine Männer hatten. Palermo stand in dem Ruf, ebenso rücksichtslos zu sein wie Durand, aber in punkto Sadismus konnte er ihm nicht das Wasser reichen. Durand war nicht nur fähig, seine Drohung wahrzumachen, er würde auch noch eine ausgesprochene Befriedigung dabei empfinden.
»Und jetzt«, sagte Durand, »verschwindet ihr in euer Quartier und bleibt dort.«
Die Männer zogen ab. Durand rief Rindler über sein Walkie-Talkie und sagte ihm, daß alle zu ihm herüberkommen sollten – einschließlich Campbell, denn der Pilot war ein zäher Bursche und verfügte über viel Phantasie; wenn man ihn allein im Hubschrauber zurückließ, war es durchaus denkbar, daß er sich befreite. Allerdings war es fraglich, ob er im Falle dieses Falles genügend Treibstoff hätte, selbst wenn er nicht nach Florida fliegen, sondern den nächsten Landeplatz auf dem Festland ansteuern würde, der südlich von New Orleans lag.
Als die Gefangenen und ihre Wachen aus dem Hubschrauber kletterten, fragte Durand: »Wie steht's mit Unterbringungsmöglichkeiten?«
»Platz haben wir mehr als genug«, antwortete Larsen. »Im orientalischen Quartier gibt es einige leerstehende Räume.«
»Und was ist mit Zellen?«
»Wie meinen Sie das? Wir haben hier doch kein Gefängnis.«
»Haben Sie vielleicht Vorratsräume oder so was, die man von außen abschließen kann?«
»Ja.«
»Sie sind außerordentlich hilfsbereit«, stellte Durand fest und sah ihn nachdenklich an. »Das entspricht aber ganz und gar nicht dem Ruf, den Sie haben, Larsen.«
»Wenn Sie mißtrauisch sind – es kostet Sie ganze zwei Minuten, meine Angaben zu überprüfen.«
»Sie würden mich gerne umbringen, nicht wahr, Larsen?«
»Wenn die Zeit reif ist, ja. Aber jetzt noch nicht.«
»Trotzdem halten Sie besser drei Meter Abstand von mir«, sagte Durand und zog eine Pistole heraus. »Sie können sich sonst dazu hinreißen lassen, mich zu überfallen und meinen Männern mitteilen, daß Sie mich in Stücke reißen würden, wenn sie die Mädchen nicht freiließen. Es ist doch eine große Versuchung oder nicht?«
Larsens Augen sprachen eine deutliche Sprache, aber er sagte nichts. Die Mädchen, die Piloten und ihre vier Bewacher kamen bei ihnen an. »Na, dann wollen wir Ihnen mal eine passende Unterkunft für die Nacht suchen«, sagte Durand. Er ging auf die erste von mehreren Vorratshütten zu, öffnete die Tür und sah sich einer Mauer von Konservenbüchsen gegenüber. Er schob Campbell in den schmalen Zwischenraum zwischen Dosen und Tür, sperrte ab und steckte den Schlüssel ein. Die nächste
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