Die Meister der Am'churi (German Edition)
freiwillig dazu bereit erklärt, um ihrem Volk zu dienen. Sie wünschte sich ein Kind, das die Prophezeiung erfüllen kann. Um dich vor unserer Macht zu schützen, beschworen sie die Seele der Drachen, ohne zu ahnen, was sie damit anrichteten. Das, was dich so mächtig und zugleich so gefährlich macht, das, was alle an dir hassen, ist das Erbe der Drachen. Du vereinigst drei Völker in dir, und das steht dir nicht zu. Du gehörst nirgends hin, Ni’yo! Du bist kein Mensch, kein Elf, kein Drache, nicht einmal ein Am’churi. Alle hassen dich! Und jene, die dich lieben, gehen daran zugrunde. Deine Mutter sollte dich sterben lassen. Ilanrin wusste, wie mächtig und gefährlich du werden könntest, nach Lyneas Geburt wollte er dich töten. Deine Mutter weigerte sich. Sie hat dich geliebt. Nur deshalb musste sie sterben. Deinetwegen ist sie tot, genauso wie so viele andere Elfen. Sie könnte noch leben …
Am’chur ist froh, dich los zu sein. Muria wollte deine Schwester nicht hergeben, sie ist ihr zu kostbar. Dich hingegen hat mein Freund sofort aufgegeben. Er verachtet deine Schwäche. Er wusste, dass du gegen meine Macht nicht bestehen kannst. Du bist nicht hier, um das Siegel zu erneuern, du bist hier, um zu scheitern. Du solltest hier sterben und Aru von deiner Verderbtheit befreien.“
„Hör auf!“ Ni’yo zitterte unter all dem Hass, der in ihm brannte, sein eigener Hass gegen den Drachen, der ihn quälte, und jener, der ihm von Charur aufgezwungen wurde. Er wusste, Charur vermischte Wahrheit mit Lüge und seinen Ängsten, doch mit jedem Atemzug fiel es ihm schwerer, ihm standzuhalten.
„Sie hassen dich, alle Drachen verachten deine menschliche Natur. Gib sie auf, entscheide dich endlich für ein einziges Erbe und finde dein Volk, das dich annimmt, wie du bist! Die Menschen können es nicht sein, sie sind zu schwach, um einer verdorbenen Kreatur wie dir entgegenzutreten. Die Elfen sind dir immer fremd geblieben, aber wir Drachen! Du spürst die Verwandtschaft zwischen uns, nicht wahr? Lass es zu!“
„Ich bin ein Mensch, ein Am’churi! Ich habe gemeinsam mit Jivvin die Wette des Am’chur gewinnen können!“
„Ja, das hast du. Stell dir vor, wenn es dich niemals gegeben hätte, welche Krieger wären dann zu den Elfen geschickt worden? Jivvin natürlich, und wer noch?“
„Lurez“, erwiderte Ni’yo tonlos.
„Möglicherweise wären diese beiden gescheitert. Vielleicht wäre es ihnen aber auch gelungen, denn sind sie nicht gute Freunde, die die Schwächen des jeweils anderen kennen? Du hast Lurez um sein Schicksal betrogen, Ni’yo.“
„Ich werde nicht dein Sklave sein! Ich werde kein Drache, niemals! Ich bin ein Mensch!“, flüsterte er, zusammengekrümmt am Boden liegend. Er weinte und verfluchte sich dafür, es zeigte, wie schwach er bereits war.
Noch nicht, zu früh, noch nicht, noch nicht!
„Jetzt, es muss jetzt sein! Sei mein Diener, Ni’yo, komm zu mir! Du kannst deinem Volk helfen, zurückzukehren, frei zu sein, wie es der Wille des Weltenschöpfers war! Du kannst die Elfen retten, ich will nur Ilanrin töten, die anderen sind mir gleichgültig. Sei mein Werkzeug, hilf mir, Rache zu nehmen! Du kannst die Menschen retten, indem du verhinderst, dass man mich tötet. Kommt es zum Kampf, werden all deine Freunde sterben, verstehst du das nicht? Die Elfen wissen nicht, wie viele Drachen hier unten hausen, sie unterschätzen die Macht, die unser Volk – dein Volk, Ni’yo! – nach all den Jahren noch besitzt. Diese Waffe, die die Götter gegen mich schmieden lassen, sie wird mich vermutlich umbringen, ja. Aber wer hält danach die Brutlinge zurück? Wer hindert all die tausend hungrigen, zornigen Bestien daran, deine Freunde in Stücke zu reißen?“
„Hör auf!“, schluchzte Ni’yo, und presste verzweifelt die Hände gegen seinen Kopf, im hilflosen Versuch, Charur daraus zu vertreiben.
„Du musst zum Drachen werden, Ni’yo. Du musst Ilanrin töten, wenn ich scheitere. Du musst die Brutlinge führen! Nur dann kannst du die beschützen, die du liebst, statt sie in den Untergang zu treiben!“
„Du lügst!“ Ni’yo schrie, so laut er konnte. „Du lügst! Du willst, dass ich das Siegel breche, danach tötest du mich und jeden, der auf zwei Beinen läuft! Du willst Rache, sonst nichts!“
„Glaubst du denn wahrhaftig, dass Rache heiß genug brennen kann, um einen Drachen fünftausend Jahre lang in der Dunkelheit ausharren zu lassen?“ Charur klang mit einem Mal wieder müde.
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