Die Meister der Am'churi (German Edition)
gescheitert. Verschwinde, nimm ihn durch, bis er um Gnade bettelt, oder was immer auch sonst notwendig ist, dass ihr morgen beim Sonnenaufgang beide einsatzfähig seid! Kannst du das nicht, brauchst du mir nie mehr unter die Augen zu kommen; kannst du – und er – alle Sinne beisammen halten und gegen Drachen antreten, dann nur zu! Wenn sich dafür einer von euch Schleifen ins Haar binden und einen Weiberrock anziehen muss, ist mir das auch egal. Hauptsache, ihr könnt kämpfen und du fängst wieder an, mit dem da zu denken!“ Er klopfte hart gegen Lurez’ Stirn, zwinkerte ihm dann zu und ließ ihn einfach stehen.
Genau das war der Moment, in dem Lurez bewusst wurde, wie laut Tamu gesprochen hatte – und dass er sich inmitten von Am’churi und Wolfswandlern befand. Falls irgendjemand nicht mitgehört haben sollte, würde er es in den nächsten Minuten erfahren …
Lurez starrte zu Boden, unfähig, sich zu bewegen. Ihm war schlecht, am liebsten hätte er sich in sein Chi’a gestürzt, nur um nicht hochsehen zu müssen. Er würde niemals wieder einem seiner Kameraden in die Augen blicken können! Warum hatte Tamu ihn so bloßgestellt? So öffentlich gedemütigt? Das Martuz wäre die einzige härtere Strafe als das hier! Niemand würde ihn jemals wieder respektieren.
Schleifen ins Haar …
Lurez wusste nicht einmal, ob er wütend, entsetzt oder erleichtert war, dass dieses würdelose Spiel mit Brynn nun endlich ein Ende hatte. Vielleicht konnte er sich noch von ihm verabschieden? Aber da war sein Versprechen an Jivvin. Ohne diesen Eid, seinem ältesten Freund im Kampf zur Seite zu stehen, wäre Lurez einfach fortgerannt, um sich einen Ort zum Sterben zu suchen. Und was Tamu Brynn damit angetan hatte …
„Jetzt lass mal den Kopf nicht hängen, Kleiner, da unten ist niemand, der dir hilft!“ Yumari stand plötzlich neben ihm und legte den Arm um seine Schulter. „Ziemlich rigoros, dein Großmeister, ich muss schon sagen!“ Sie zog ihn unerbittlich vorwärts, Lurez musste folgen, ob er wollte oder nicht. Einer Sturmflut hätte er eher standhalten können als dieser Frau! Ungewollt erhaschte er einige Blicke seiner Kameraden – manche, wie etwa Soran, verächtlich, aber die meisten wirkten betroffen, was ihn überraschte.
„Trotzdem, recht hat er, dein Tamu“, fuhr Yumari fort, so leise diesmal, dass er selbst sie kaum hörte. Sie zerrte ihn vom Lager fort, außer Hörweite selbst für die Wolfswandler.
„Hätte er dir das unter vier Augen gesagt, eben dass du dir Brynn schnappen und endlich tun sollst, was du seit Tagen tun willst, hättest du dich geweigert, stimmt’s?“
Lurez nickte verzagt. Er konnte sie nicht ansehen, nicht einmal sie, obwohl er spürte, dass sie ihn nicht verachtete.
„Ihr zwei seid halt wild aufeinander, das sucht man sich nicht aus. Geh, Lurez. Geh weit genug weg, dass niemand aus Versehen über dich fällt, und ich sorg persönlich dafür, dass dir nur einer nachkommt. Der Richtige eben.“
„Und wenn er nicht kommt?“, murmelte er. Panik flammte auf. Daran hatte er zuvor nicht gedacht, was für eine Vorstellung – würde Brynn ihn abweisen, dann …
Yumari grinste anzüglich, er konnte es regelrecht wittern, ohne sie ansehen zu müssen.
„Ja, er wurde genauso bloßgestellt wie du. Wenn er jetzt nicht kommt, ist er ein Feigling, was ich nicht glaube, oder er wäre es nicht wert, so wegen ihm zu leiden, was ich noch weniger glaube. So, genug gequatscht! Ab mit dir, Kleiner! Kehr stolz zurück, und vergiss die Spötter. Oder mach dem Elend ein Ende. Wär’ aber schade drum.“ Sie tätschelte ihm den Arm, oder vielmehr, für sie war es sicherlich ein Tätscheln, Lurez musste die Zähne zusammenbeißen. Sein Arm fühlte sich taub an, doch zumindest war er aufrecht geblieben und hatte keinen Laut von sich gegeben. Als er hochblickte, erhaschte er einen Ausdruck auf ihrem Gesicht, der ihn verwirrte. Forschend starrte er sie an und sah verblüfft, wie sie errötete. Dass sie so etwas überhaupt konnte, hätte er nicht für möglich gehalten. Verlegenheit ergab sich aus Schamgefühl, etwas, was Yumari überhaupt nicht zu besitzen schien …
„Erwischt“, sagte sie leise und lachte dann. „Ich bin neidisch, Kleiner. Jivvin und Ni’yo waren schon so ein süßes Paar, dass man Blütenblätter vor ihre Füße werfen wollte. Du und der kleine Wolf, ihr seid auch zum Anbeißen.
Verliebt sein, Kummer haben, einen anderen Menschen wichtiger finden als alles andere auf der
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