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Die Meisterdiebin

Die Meisterdiebin

Titel: Die Meisterdiebin
Autoren: Tess Gerritsen
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nicht? Warum sollte ich dir nicht vertrauen?“
    Er ging wieder hin und her und verstand nicht, warum er ihr diese abwegige Geschichte glauben wollte. Vermutlich hatte er einfach zu lange in ihre Rehaugen geschaut.
    „Warum bist du so wütend? Ich war ehrlich zu dir“, beteuerte sie.
    „Warst du das?“
    „Ja.“ Sie wich seinem Blick nicht aus. „Das mit dem Belgier, der Max Havelaar, dem Dolch … stimmt alles. Und das mit der Gefahr auch“, fügte sie leise hinzu.
    Wofür die Autobombe Beweis genug ist, dachte er.
    Ja, er glaubte ihr jedes Wort. Was bedeutete, dass er entweder den Verstand verloren hatte oder viel zu müde war, um noch logisch zu denken.
    Sie mussten beide schlafen.
    Er wusste, dass er ihr eine gute Nacht wünschen und das Zimmer verlassen sollte. Aber stattdessen beugte er sich zu ihr hinab und küsste sie auf die Stirn. Ihr Duft war berauschend.
    Sofort wich er zurück. „Hier bist du sicher.“
    „Ich glaube dir. Auch wenn ich nicht genau weiß, warum ich es tue.“
    „Du tust es, weil ich dir mein Wort als Gentleman gebe.“ Lächelnd schaltete er die Lampe aus und ging aus dem Zimmer.
    Solange niemand wusste, dass sie hier war, konnte ihr nichts passieren.

6. KAPITEL
    C lea wartete, bis es im Haus vollkommen still war, dann stieg sie aus dem Bett. Ihr Kopf schmerzte noch, und der Boden schien unter ihren Füßen zu schwanken, aber sie ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt weit.
    Am Ende des Flurs brannte eine kleine Lampe. Daneben stand ein Telefon.
    Sie schlich hin, nahm den Hörer ab und wählte Tonys Nummer in Brüssel. Okay, es war ein Ferngespräch, aber es musste sein, und die Tavistocks konnten es sich gewiss leisten.
    Tony meldete sich nach dem vierten Läuten. „Clea?“
    „Ich bin in Schwierigkeiten“, flüsterte sie. „Irgendwie müssen sie mich gefunden haben.“
    „Wo bist du?“
    „In Sicherheit, im Moment jedenfalls. Tony, sie haben Delancey erwischt. Er liegt im Krankenhaus und wird wahrscheinlich nicht überleben.“
    „Was? Wie …“
    „Eine Autobombe. Hör zu, ich glaube, ich komme vorläufig nicht an das Auge heran. Sein Haus wird jetzt von der Polizei observiert.“
    Er antwortete nicht. Sie dachte schon, die Leitung wäre unterbrochen worden. „Was hast du jetzt vor?“ fragte er schließlich.
    „Ich weiß es nicht.“ Als es irgendwo knarrte, sah sie sich nervös um. Nur ein altes Haus, dachte sie mit klopfendem Herzen. „Wenn sie mich gefunden haben, können sie dich auch finden. Verschwinde aus Brüssel.“
    „Clea, ich muss dir etwas sagen …“
    Sie wirbelte herum, als aus einem der Schlafzimmer ein neuerliches Geräusch drang. Jemand war wach! Rasch legte sie auf, kehrte in ihr Zimmer zurück und lauschte an der geschlossenen Tür. Zu ihrer Erleichterung hörte sie nichts mehr. Sie drehte den Schlüssel und klemmte vorsichtshalber einen Stuhl unter die Klinke. Dann schlüpfte sie ins Bett.
    Der Kopfschmerz klang langsam ab. Wenn sie morgen früh wieder fit war, würde sie Chetwynd verlassen und untertauchen, bevor Van Weldons Männer sie aufspürten. Bisher hatte sie Glück gehabt, aber darauf konnte sie sich nicht verlassen. Nicht bei den Leuten, mit denen sie es zu tun hatte.
    Sie würde die Frisur wechseln und ihr Haar braun färben. Und eine Brille tragen. Ja, damit konnte sie es vielleicht schaffen, nach London zu gelangen. Und wenn sie erst aus England weg war, würde Van Weldon vielleicht das Interesse an ihr verlieren.
    Vielleicht würde sie sogar eine alte Frau werden können.
    Viel leicht.
    Tony ließ den Hörer auf die Gabel fallen. „Sie hat einfach aufgelegt“, sagte er zu dem anderen Mann. „Ich konnte sie nicht hinhalten.“
    „Vielleicht hat es gereicht.“
    „Verdammt, sie klang sehr verängstigt. Könnt ihr es nicht abblasen?“
    „Noch nicht. Wir haben noch nicht genug. Aber es dauert nicht mehr lange.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Van Weldon ist ihr dicht auf den Fersen. Bald wird er wieder zuschlagen.“
    Tony beobachtete, wie Archie MacLeod eine Zigarette aus der Schachtel nahm und damit gegen sein Feuerzeug klopfte. Inzwischen kannte er jede Eigenart, jede Marotte dieses Mannes. Der Kerl ging ihm auf die Nerven.
    Aber MacLeod wusste alles über ihn, über die Jahre im Gefängnis. Wenn er nicht kooperierte, würden MacLeod und Interpol dafür sorgen, dass jeder Antiquitätenhändler in Europa von seiner Vergangenheit erfuhr. Sie würden ihn ruinieren. Tony blieb nichts anderes übrig, als bei ihrem
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