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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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luden Kisten und Körbe fangfrischer Karpfen und Rotbarsche auf Handkarren, um sie hinüber zum Fischmarkt zu bringen. Kinder hasteten mit wehenden Umhängen über das Pflaster zur Schule. Frauen hielten geröstete Mandeln, gebratene Äpfel und Zimtwaffeln feil. Oberhalb der Treppen, die zu den Booten der Gewürzkaufleute und Seidenhändler hinabführten, qualmten dreibeinige Kohlenbecken, an denen sich die Handelsknechte, die für ihre Herren das Verladen und Löschen ihrer Ware beaufsichtigten, die Hände wärmen konnten. Ein Stück weiter flussaufwärts standen die Waschfrauen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, und droschen mit Feuereifer Wäschestücke auf große Spritzbretter.
    Henrika kämpfte sich an Davids Seite durch das Getümmel und fragte sich, ob Carolus und Laurenz hier, an diesem lärmenden Ort, genug Ruhe für die Arbeit an der Gazette fanden. Aber auf ihre Frage winkte David nur ab und zeigte dann auf ein Gasthaus, dessen Eingang nur über eine steinerne Brücke zu erreichen war. Wie der Uferweg war auch die Brücke bereits voller Menschen. Sie strebten dem Markt, dem Flussviertel oder einer der zahlreichen Kirchen zu, die mit ihren Glockenschlägen zu Andachten und Predigten einluden.
    Henrika verzog schmerzhaft das Gesicht, als sie ein hölzerner Eimer an der Schulter traf, den eine schlaftrunkene Magd durch die Menge bugsierte. Offensichtlich kam sie gerade vom Brunnen.
    «Ich habe meinem Bruder und Meister Carolus erzählt, du seiest im Gasthaus zum Silberberg abgestiegen, weil du erst spät eintrafst und niemanden mehr stören wolltest», sagte David endlich. «Sie müssen vorläufig nicht wissen, dass du bei Ludwig und Emma wohnst.»
    Henrika verzichtete darauf, ihn nach dem Grund zu fragen. Emma hatte am Abend zuvor nicht begeistert geklungen, als die Rede auf den Druckermeister und seine Pläne gekommen war. Gemeinsam mit David betrat sie die warme Gaststube und ließ sich dann die deftige Morgenmahlzeit aus Eiern und Hafergrütze schmecken, die der junge Mann bestellt hatte. Eine halbe Stunde später erschienen Meister Carolus und Laurenz.
    «Ich konnte es kaum glauben, als David mir die frohe Nachricht überbrachte», rief der Drucker strahlend, während er seinen Hut zog, um Henrika zu begrüßen.
    «Ihr habt also die anstrengende Reise nach Straßburg auf Euch genommen, um uns Barthels Unterstützung zu versichern?» Der Drucker hatte einen krebsroten Kopf und war vom Laufen noch ganz außer Atem. Trotz der morgendlichen Kälte rann ihm der Schweiß aus allen Poren. Ächzend ließ er sich auf einen Schemel fallen, den David ihm bereitwillig hinschob, und fächelte sich mit seinem ausladenden Federhut Luft zu. «Meine Güte, ich sollte an mein Gewicht denken und nicht so rennen. Aber ich konnte es nicht abwarten, Euch in Empfang zu nehmen und persönlich in mein bescheidenes Haus einzuladen. Oh, wie ich sehe, habt Ihr bereits gegessen?» Sein Blick fiel auf die leeren Schüsseln, und er schüttelte bedauernd den Kopf.
    «Warum hast du dem armen Kind diesen Fraß zugemutet, David? Meine Frau hätte schon für ein zünftiges Frühstück gesorgt.»
    «Vorsicht, Buchbinder», ertönte die beleidigte Stimme des Wirts, der die Gäste am Nachbartisch mit warmem Würzwein, Milch und Brot versorgte. «Du hast keinen Grund, meine Küche schlechtzumachen. Gerade du nicht. Bezahl erst einmal deine Schulden, bevor du dein Maul aufsperrst. Du stehst schon mit sieben Batzen, dreißig Kreuzern bei mir in der Kreide. Und die will ich haben, sonst beschwere ich mich bei eurem Zunftbüttel.»
    Carolus tat die Bemerkung des Wirts mit einem Achselzucken ab. «Hört nicht auf den geldgierigen Kerl, mein Kind. Er ist viel zu ungehobelt, um zu wissen, dass man im Beisein einer jungen Dame nicht über Geld redet.»
    «Ja, wenn man keines in der Tasche hat, redet man nicht gern darüber», höhnte der Wirt. Aber eine drohende Handbewegung von Laurenz ließ ihn verstummen. Henrika warf dem jungen Drucker ein scheues Lächeln zu. Bislang hatte Laurenz noch nicht gezeigt, dass er sich über ihre Ankunft in Straßburg freute. Aber vielleicht wollte er auch in Gegenwart seines Meisters und Davids nicht preisgeben, was in ihm vorging, und das Letzte, was sie im Sinn hatte, war, ihn in Verlegenheit zu bringen. Die Magd hinter dem Ausschank schien ihre Empfindungen nicht zu teilen. Henrika konnte beobachten, wie sie Laurenz mit feurigen Blicken bedachte.
    «Wenn ich nun um den Brief bitten dürfte», riss Meister

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