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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Bruder?» David schüttelte seufzend den Kopf. Er kehrte ihr den Rücken zu und ging zum Fenster. Hinter den kleinen, in Blei gefassten Scheibchen lag nichts als Dunkelheit.
    «Woher willst du das nun schon wieder wissen? Nein, sag es mir lieber nicht. Ich bin nicht sicher, ob ich es hören will. Wie auch immer dein Problem mit meinem Bruder aussehen mag, kläre es mit Laurenz, aber ziehe ihn nicht in diese schreckliche Sache hinein. Immerhin geht es hier um den Überfall eines verrückten Dienstboten auf die Tochter unseres Dienstherrn. Wir werden unsere Arbeit für die Gazette wieder aufnehmen und nach Straßburg zurückkehren, sobald Barbara sich ein wenig erholt hat. Vielleicht kann sie uns schon morgen berichten, was ihr widerfahren ist, dann wissen wir, ob Laurenz den Richtigen erwischt hat. Darf ich dich daran erinnern, dass er dir beistehen wollte?» David verschränkte die Arme.
    Henrika schloss die Augen und rief sich das Bild des am Boden liegenden Mannes in der Schankstube ins Gedächtnis. Laurenz hatte zugeschlagen, bevor der Knecht ausplaudern konnte, woher er Henrika kannte. Ja, wenn man es so nahm, dann hatte er ihr damit geholfen. Und sich selbst, denn er schien so darauf versessen zu sein, sie zu seiner Ehefrau zu machen, dass er jedes Hindernis aus dem Weg räumte.
    Etwa auch ein allzu neugieriges Kind?
    Eine ganze Weile herrschte betretenes Schweigen in der Kammer. Dann sagte Henrika: «Ich weiß, dass du mir nicht glaubst, aber je länger ich in diesem Raum stehe, desto deutlicher spüre ich es. Laurenz hat … in diesem Bett gelegen.»
    «Du verlangst ein wenig viel von mir, findest du nicht? Sei froh, dass ich in dir keine Hexe sehe.»
    «Wie großzügig von dir.»
    David warf ihr einen scharfen Blick zu. Dann sagte er: «Selbst Laurenz schafft es nicht, innerhalb weniger Stunden eine fremde Edeldame um den Finger zu wickeln, auch wenn sie auf ein Abenteuer mit einem gutaussehenden Handwerker aus war.»
    «Aber sie war für ihn ja gar keine Fremde», rief Henrika voller Eifer. Ihre Augen blitzten auf. «Er kennt sie, und du kennst sie auch. Jedenfalls hast du sie gesehen, als du damals mit deinem Bruder und Carolus in Mannheim warst. Sogar den Knecht könntest du schon einmal gesehen haben.» Sie holte tief Luft, ehe sie hinzufügte: «Die Frau heißt Anna von Neufeld.»
    David runzelte die Stirn. Allmählich begriff er, von wem Henrika redete. Verwirrt beobachtete er das Mädchen, das gehetzt in der Kammer auf und ab lief. «Sie haben sich hier in Frankfurt getroffen», sagte sie leise. «Zufällig oder nicht, das spielt keine Rolle. Und sie haben ihr Wiedersehen in dieser Schlafkammer gefeiert. In diesem Bett, darauf gebe ich dir Brief und Siegel. Wie blind ich doch gewesen bin. Ich habe Barthels Pferdeknecht sogar noch gesehen, als wir gestern unterwegs zu de Brys Haus waren, aber ich dumme Gans habe mich ablenken lassen. Daher bin ich nicht darauf gekommen, woher ich sein Gesicht kannte. Hätte ich schon früher herausgefunden, dass sich Anna von Neufeld in der Stadt herumtreibt, wäre Barbara vielleicht nichts zugestoßen.»
    «Moment mal!» Davids Miene verfinsterte sich. «Willst du etwa andeuten, der Kerl könnte im Auftrag dieser Anna gehandelt haben?»
    Henrika konnte David ansehen, dass es ihn quälte, ihren Gedanken länger folgen zu müssen. Die ganze Geschichte wurde aber auch immer verwirrender. Unbestritten blieb allein die Tatsache, dass Anna Barthels früheren Knecht in ihre Dienste genommen hatte. Vielleicht hatte dieser Henrika in der Stadt doch gesehen und seiner Herrin davon erzählt, aber das erklärte nicht den Anschlag auf Barbara. Es war wie verhext. Sosehr sich Henrika auch den Kopf zerbrach, eine überzeugende Erklärung mochte ihr nicht einfallen.
    «Wenn Anna dahintersteckt, so hatte sie es auf mich abgesehen, nicht auf Barbara», sagte sie schließlich. «Dabei hat sie es in Kauf genommen, ihren Diener zu opfern, nur um mir eine Warnung zukommen zu lassen.»
    «Eine Warnung? Wovor sollte sie dich warnen? Sie wusste doch nicht einmal, dass sie dich hier finden kann.»
    Henrika versuchte zu lächeln, um ihr Unbehagen herunterzuspielen. Seit der Nacht, in der sie aus ihrem Heimatort geflohen war, verletzt, hungrig und in Todesangst vor ihren Verfolgern, traute sie Anna von Neufeld alles zu. Sie hatte sie durchschaut, aber das nutzte ihr wenig. So wie es aussah, hatte sich Barthels Nichte rechtzeitig aus dem Staub gemacht.
    Ihr Blick fiel auf eine Kleidertruhe, die

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