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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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kennt Kurfürst Friedrich nicht so gut wie ich. Schlechte Nachrichten sind ihm in jeder Form verhasst. Ich sehe es als große Ehre an, dass sein Kanzler, der ehrenwerte Graf zu Solms, mir diesen Auftrag erteilt hat, und ich werde gewiss nicht versagen, weil ein paar Einfaltspinsel um ihre Äcker klagen. Hier wird eine Stadt entstehen.»
    Der Zollschreiber zuckte zusammen. «Eine Stadt? Wir sprechen doch nur von einer Bastion, die zum Schutz der Zollschreiberei errichtet werden soll.»
    Barthel Janson lächelte versonnen. Als er Henrikas fragenden Blick wahrnahm, winkte er sie herbei: «Du hast mit angehört, was deine Nachbarn so aufregte, nicht wahr?»
    «Jawohl, Herr, Ihr habt schließlich laut genug gesprochen.»
    «Was hältst du vom Ansinnen des Fürsten, dein armseliges Dorf zur Stadt zu erheben? Einer befestigten Stadt mit breiten Straßen und großen Plätzen, auf denen man nicht mehr bei jedem zweiten Schritt in Kuhmist und Schlammlöcher tritt?»
    Henrika war bereit, es sich vorzustellen, aber da sie nie zuvor in einer großen Stadt gewesen war, fiel es ihr schwer. Ein wenig störte es sie auch, wie abfällig er sich über das Dorf äußerte, in dem ihr Pflegevater gestorben war
    Plötzlich kam ihr ein Einfall. «Unsere Kirche St. Sebastian ist alt», platzte sie heraus. «Der Glockenturm wurde vor Jahren durch einen Blitzschlag beschädigt und wird nun von einem Gerüst notdürftig gehalten. Die Ziegel auf dem Dach rutschen bei jedem Sturm auseinander.»
    Der Zollschreiber zwirbelte verständnislos seinen Schnurrbart. «Wovon redet die Schankmagd eigentlich?» Er hob die Hand, um Henrika wie eine lästige Stubenfliege zu verscheuchen, doch Barthel hielt ihn zurück.
    «Lasst unsere Kirche wieder aufbauen», empfahl sie schüchtern. «Vielleicht könntet Ihr auch die Mauern des Kirchhofs und das alte Tor erneuern lassen. Das wird das Misstrauen gegen Euch zwar nicht völlig besiegen, aber es wäre ein Anfang. Und ein Zeichen des guten Willens, das gewiss nicht übersehen wird.»
    «Der Vorschlag des Mädchens ist gar nicht so dumm.» Barthel Janson klopfte dem Zollschreiber, der immer noch skeptisch dreinblickte, aufmunternd auf die Schulter. «Ich werde einen Brief an das Konsistorium in Heidelberg aufsetzen und es davon in Kenntnis setzen, dass die Kirchen im Dorf und allen umliegenden Orten, die eine eigene Pfarre bilden, gründlich restauriert werden sollen. Wenn nötig, bezahle ich es aus eigenem Beutel.»
    Der Zollschreiber zwängte seinen beachtlichen Bauch hinter dem Tisch hervor und erhob sich. «Ihr habt Euch entschieden, und als treuer Diener unseres Fürsten muss ich mich Euren Wünschen fügen. Doch in Eurer Haut möchte ich nicht stecken.» Er schenkte Barthel noch einen bekümmerten Blick, dann verneigte er sich knapp und verließ die Schänke, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Barthel lachte. «Er ist erbost, weil die fetten Jahre für ihn nun vorbei sind und er in der Zollschreiberei nicht mehr schalten und walten kann, wie es ihm beliebt. Ich habe beschlossen, dort einzuziehen, solange ich an den Festungsbauplänen arbeiten und die Ländereien vermessen muss. Vielleicht wünscht der Kurfürst ja auch, dass ich die Arbeiten beaufsichtige, nachdem er den ersten Spatenstich gesetzt hat.»
    In Henrikas Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. So bald schon rechnete der Festungsbaumeister damit, mit den Arbeiten an der Festung und der neuen Stadt zu beginnen? Das bedeutete, dass die Veränderungen ihren Lauf nahmen. Dort, wo gestern noch kleinliches Dorfgeplänkel stattgefunden hatte, würden morgen schon die ersten Gräben ausgehoben werden.
    «Ich danke dir für deinen Vorschlag, Henrika», riss Barthels Stimme sie aus ihren Überlegungen. «Insbesondere, nachdem unsere erste Begegnung etwas unglücklich endete. Das tut mir übrigens leid, ich meinte nicht wirklich, was ich dir an den Kopf warf.»
    «Wenn Ihr Euch im Zollhaus einrichtet, braucht Ihr doch gewiss jemanden, der das Haus in Ordnung hält und für Euch kocht?» Henrika biss sich auf die Zunge. Hatte sie das tatsächlich gesagt? Sie sah, wie Barthel erstaunt die Augenbrauen hob. «Du bist mir direkt unheimlich, Mädchen. Aber ich brauche in der Tat einige Bedienstete.»
    «Im Dorf werdet Ihr niemanden finden. Vielleicht eines Tages, wenn die Leute ihr Misstrauen überwunden haben. So lange allerdings …»
    «Muss ich wohl mit dir vorliebnehmen, nicht wahr?» Seine Stimme klang sachlich, nicht der leiseste Hauch von Spott lag

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