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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Holmes und mir nach meiner Verheiratung und der Errichtung meiner Arztpraxis in gewisser Hinsicht abgekühlt hatten. Er suchte mich von Zeit zu Zeit noch auf, wenn er einen Gefährten bei seinen Nachforschungen brauchte, aber diese Gelegenheiten wurden immer seltener, und so finde ich für das Jahr 1890 nur drei Fälle in meinen Aufzeichnungen. Im Winter jenes Jahres und in den ersten Frühlingswochen des Jahres 1891 las ich in den Zeitungen, daß die französische Regierung ihn in einer Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit engagiert hatte, und zweimal erhielt ich Nachricht von ihm, aus Norbonne und aus Nîmes, woraus hervorging, daß er lange in Frankreich bleiben würde. Deshalb war ich auch überrascht, als er am Abend des 24. April in meinem Konsultationszimmer erschien. Es fiel mir auf, daß er bleicher und dünner war als sonst.
      »Ja, ich habe mich ein wenig zu sehr verausgabt«, bemerkte er, eher als Antwort auf meine Blicke als auf meine Worte. »Ich bin in letzter Zeit ein bißchen heftig bedrängt worden. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich die Läden schließe?«
      Das einzige Licht im Zimmer kam von der Lampe auf dem Tisch, unter der ich gelesen hatte. Holmes schob sich an der Wand entlang, warf die Fensterläden zu und verriegelte sie sorgfältig.
      »Fürchten Sie sich vor etwas?« fragte ich.
      »Ja.«
      »Wovor?«
      »Vor Luftgewehren.«
      »Mein lieber Holmes, was soll das heißen?«
      »Ich denke, Watson, daß Sie mich gut genug kennen, um zu wissen, daß ich auf keinen Fall nervös bin. Aber es wäre eher Dummheit als Mut, wenn man sich weigerte, eine Gefahr wahrzunehmen, die einem im Nacken sitzt. Dürfte ich Sie um ein Streichholz bitten?« Er sog den Rauch seiner Zigarette tief in sich hinein, als wäre er dankbar für dessen beruhigende Wirkung.
      »Ich muß mich wegen meines späten Kommens entschuldigen«, sagte er, »und ich muß Sie auch bitten, so unkonventionell zu sein, mir zu erlauben, daß ich diesmal Ihr Haus über die hintere Gartenmauer verlasse.«
      »Aber was hat das alles zu bedeuten?« fragte ich.
      Er hielt mir seine Hand hin, und im Licht der Lampe sah ich, daß zwei Knöchel aufgesprungen waren und bluteten.
      »Das stammt nicht von irgendeinem luftigen Hirngespinst«, sagte er lächelnd, »sondern von einer ganz soliden Sache, bei der sich ein Mann die Hand brechen kann. Ist Mrs. Watson zu Hause?«
      »Sie macht gerade einen Besuch.«
      »Wirklich? Dann sind Sie also allein.«
      »Ganz allein.«
      »Das erleichtert es mir, Ihnen vorzuschlagen, mich für eine Woche auf den Kontinent zu begleiten.«
      »Wohin?«
      »Ach, überallhin. Mir ist es gleich.«
      In alledem lag etwas ziemlich Befremdliches. Es war nicht Holmes’ Art, ins Blaue hinein Ferien zu machen, und sein blasses, abgehärmtes Gesicht ließ darauf schließen, daß seine Nerven aufs äußerste gespannt waren. Er sah die Frage in meinen Augen, und er begann, die Fingerspitzen aneinandergelegt und die Ellbogen auf die Knie gestützt, mir die Lage zu erläutern.
      »Sie haben wahrscheinlich noch nie von Professor Moriarty gehört?« sagte er.
      »Noch nie.«
      »Tja, das ist das Sonderbare!« rief er. »Der Mann durchdringt ganz London, und keiner hat von ihm gehört. Der Umstand bringt ihn an die Spitze der Annalen des Verbrechens. Mit allem Ernst sage ich Ihnen, Watson, wenn ich diesen Mann schlagen, wenn ich die Gesellschaft von ihm befreien könnte, hätte ich den Höhepunkt meines Wirkens erreicht und dürfte mich einem beschaulicheren Leben zuwenden. Unter uns: Die jüngsten Fälle, in denen ich Gelegenheit hatte, mich der königlichen Familie von Scandinavia und der Französischen Republik nützlich zu erweisen, setzten mich in den Stand, auf die ruhige Art zu leben, die mir angemessen wäre, und meine Aufmerksamkeit ganz meinen chemischen Untersuchungen zu widmen. Aber ich könnte mich nicht zur Ruhe setzen, Watson, ich könnte nicht still in meinem Sessel hocken, wenn ich daran denken müßte, daß ein Mann wie Professor Moriarty unbehelligt durch Londons Straßen geht.«
      »Was hat er denn getan?«
      »Seine Karriere ist außergewöhnlich. Er stammt aus gutem Haus und hat eine hervorragende Erziehung genossen; von Natur aus ist er mit phänomenalen mathematischen Gaben ausgestattet. Im Alter von einundzwanzig Jahren schrieb er eine Abhandlung über das binomische Theorem, die ein europäischer Erfolg wurde. Durch sie gelangte er

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