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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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betraten«, sagte er. »Es ist möglich, daß…«
      Ein Klopfen unterbrach ihn, das aus der Richtung der Tür kam.
      »Warum, um alles in der Welt, klopft er an seine eigene Tür?« rief Pycroft.
      Wieder hörten wir das Klopfen, diesmal lauter. Wir blickten alle erwartungsvoll zu der Tür hin. Ich sah, wie Holmes’ Gesicht hart wurde, wie er sich in starker Erregung vorbeugte. Dann hörten wir ein leises, gurgelndes Geräusch und kurzes, heftiges Trommeln auf Holz. Holmes raste durch den Raum und drückte gegen die Tür. Sie war von der anderen Seite verschlossen. Seinem Beispiel folgend, warfen wir uns gegen sie. Eine Angel brach, dann die andere, und die Tür fiel krachend zu Boden. Wir stürmten über sie hinweg und standen im Nebenraum.
      Er war leer.
      Aber unsere Unschlüssigkeit währte nur einen Augenblick. In einer Ecke – der Ecke nächst dem Raum, aus dem wir kamen – gab es noch eine Tür. Holmes stürzte los und riß sie auf. Ein Rock und eine Weste lagen auf dem Boden, und an einem Haken hinter der Tür hing, die eigenen Hosenträger um den Hals, der Geschäftsführende Direktor der Franco-Midland-Metallwaren-Company. Die Knie waren hochgezogen, der Kopf stand schrecklich verdreht vom Körper ab; das Klopfen der Absätze gegen die Tür verursachte das Geräusch, das uns aufgestört hatte. Eine Sekunde später hatte ich ihn um die Hüften gepackt und hielt ihn hoch, während Holmes und Pycroft die elastischen Bänder lösten, die sich in die bläulichen Hautfalten des Halses eingegraben hatten. Wir trugen ihn ins Nebenzimmer, und da lag er dann mit schiefergrauem Gesicht, die hochroten Lippen stülpten sich bei jedem Atemzug nach außen – das furchtbar anzusehende Wrack eines Mannes.
      »Wie steht es um ihn, Watson?« fragte Holmes.
      Ich beugte mich über den Mann und untersuchte ihn. Sein Puls ging schwach und unregelmäßig, aber sein Atem wurde tiefer, und dann flatterten die Lider schwach, und ein schmaler Streifen der Augäpfel wurde sichtbar.
      »Das war um Haaresbreite«, sagte ich, »aber nun wird er es überstehen. Öffnen Sie das Fenster, und geben Sie mir die Wasserkaraffe.« Ich öffnete dem Mann den Kragen, goß ihm das kalte Wasser über das Gesicht und hob und senkte seine Arme, bis er einen langen natürlichen Atemzug tat.
      »Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit«, sagte ich, als ich mich von ihm abwandte.
      Holmes stand am Tisch, die Hände tief in die Hosentaschen vergraben und das Kinn auf die Brust gesenkt.
      »Ich glaube, wir sollten jetzt die Polizei rufen«, sagte er. »Ich gestehe aber, daß ich ihr am liebsten einen abgeschlossenen Fall übergeben würde, wenn sie kommt.«
      »Das ist für mich alles ein Geheimnis«, rief Pycroft und kratzte sich am Kopf. »Warum haben die mich hierherkommen lassen, wenn sie dann…«
      »Ach, es ist alles klar«, sagte Holmes ungeduldig. »Um die letzte, plötzliche Wendung geht es.«
      »Sie verstehen also das andere?«
      »Ich denke, es liegt auf der Hand. Was meinen Sie, Watson?«
      Ich zuckte die Schultern. »Ich muß gestehen, es übersteigt meine Vorstellungskraft«, sagte ich.
      »Aber nicht doch! Wenn Sie die Ereignisse betrachten, dann sehen Sie, daß sie nur in eine Richtung weisen.«
      »Und in welche?«
      »Nun, die ganze Sache beruht auf zwei Punkten. Der erste besteht darin, daß man Pycroft dahin gebracht hat, eine Erklärung zu schreiben, woraufhin er in den Dienst dieser abgeschmackten Gesellschaft eintrat. Begreifen Sie nicht, wie bedeutsam das ist?«
      »Ich fürchte, ich komme nicht dahinter.«
      »Nun, warum haben sie ihn dahin gebracht, das zu tun? Mit der Anstellung hat es nichts zu schaffen, denn solche Vereinbarungen werden im allgemeinen mündlich getroffen, und es gab über haupt keinen Grund, in diesem Fall eine Ausnahme zu machen. Erkennen Sie nicht, mein junger Freund, daß man sehr daran interessiert war, eine Probe Ihrer Handschrift zu bekommen, und daß man keinen anderen Weg sah als diesen?«
      »Aber warum?«
      »Ganz recht: warum? Wenn wir das beantworten können, sind wir mit unserem kleinen Problem ein Stück weiter. Warum? Ich kann mir nur einen hinreichenden Grund denken. Irgend jemand wollte Ihre Schrift nachahmen, mußte sich aber dafür erst eine Vorlage verschaffen. Wenn wir jetzt zum zweiten Punkt kommen, dann sehen wir, daß er den ersten erhellt, und umgekehrt. Dieser Punkt ist die Forderung Pinners, daß Sie Ihre

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