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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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rekonstruieren. Hier die vier Abdrücke lassen vermuten, daß das Vieh bewegungslos gestanden hat. Zwischen den vorderen Füßen und den hinteren liegen nicht weniger als fünfzehn Inches. Wenn man die Länge des Halses und des Kopfes hinzunimmt, kommt ein Geschöpf von mindestens zwei Fuß Länge heraus – ein vielleicht noch größeres, wenn man einen Schwanz mitrechnet. Beachten Sie nun die anderen Maße. Das Tier ist gelaufen, und wir könnten die Länge seines Schritts abmessen, und die ist in jedem Fall nur drei Inches. Wir müssen uns also ein Tier mit einem langen Leib und kurzen Beinen vorstellen. Es war leider nicht so rücksichtsvoll, ein paar Haare zu hinterlassen. Aber im allgemeinen muß sein Aussehen so beschaffen sein, wie ich annehme; außerdem kann es einen Vorhang hinaufklettern und ist ein Fleischfresser.«
      »Woraus schließen Sie das?«
      »Weil es den Vorhang hinaufgeklettert ist. Im Fenster hing ein Bauer mit einem Kanarienvogel, und der scheint das Ziel dieses Tieres gewesen zu sein.«
    »Was für ein Tier war es denn nun?«
      »Ja, wenn ich ihm einen Namen geben könnte, hätte ich den Fall schon halbwegs gelöst. Man könnte annehmen, es stamme aus der Familie der Wiesel und Hermeline. Und doch ist es größer als alle Tiere dieser Art, die ich gesehen habe.«
      »Und was hat es mit dem Verbrechen zu tun?«
      »Auch das ist noch unklar. Aber wir haben schon einiges in Erfahrung gebracht, wie Sie bemerken. Wir wissen, daß ein Mann auf der Chaussee stand und den Streit der Barclays beobachtete – der Rolladen war hochgezogen und das Zimmer erleuchtet. Wir wissen auch, daß er über den Rasen rannte, das Zimmer betrat, von dem seltsamen Tier begleitet, und daß er den Colonel entweder niederschlug oder daß der Colonel, was genausogut möglich ist, aus Schreck über den bloßen Anblick hinfiel und sich an der Ecke des Kamingitters den Kopf verletzte. Schließlich haben wir die eigenartige Tatsache, daß der Eindringling den Schlüssel mitnahm, als er wegging.«
      »Ihre Entdeckungen scheinen die Sache noch tiefer ins Dunkel gebracht zu haben«, sagte ich.
      »Ganz recht. Sie beweisen, daß der Fall komplizierter ist, als man zuerst vermutete. Ich überdachte die Sache und kam zu dem Schluß, sie von einem anderen Aspekt aus anzugehen. Aber wirklich, Watson, ich halte Sie unnötig wach. Genausogut kann ich Ihnen den Rest morgen auf dem Weg nach Aldershot erzählen.«
      »Vielen Dank, aber Sie sind schon zu weit fortgeschritten, um jetzt noch aufzuhören.«
      »Es ist ganz sicher, daß Mrs. Barclay, als sie um halb acht das Haus verließ, mit ihrem Mann in gutem Einvernehmen stand. Sie hat ihm gegenüber nie – ich bemerkte es wohl schon einmal – überschwengliche Zuneigung gezeigt, aber der Kutscher hat gehört, wie sie freundlich mit dem Colonel plauderte. Nun, es ist ebenso sicher, daß sie sofort nach ihrer Rückkunft in das Zimmer ging, in dem sie ihren Mann am wenigsten zu treffen erwartete, daß sie ihre Zuflucht zu Tee nahm, wie aufgeregte Frauen es tun, und daß sie in heftige Beschuldigungen ausbrach, nachdem er zu ihr ins Zimmer gekommen war. Also muß sich zwischen halb acht und neun Uhr etwas ereignet haben, das ihr Gefühl für ihn völlig verändert hat. Aber in dieser anderthalben Stunde war Miss Morrison ununterbrochen bei ihr. Deshalb ist es völlig sicher, daß sie, auch wenn sie es leugnet, etwas in dieser Sache wissen muß.
      Meine erste Annahme war, es hätte möglicherweise eine Beziehung zwischen dieser jungen Frau und dem alten Soldaten gegeben, die sie an dem Abend der Ehefrau gebeichtet habe. Dafür sprachen die Wut bei der Rückkunft und auch das Leugnen des Fräuleins, es habe sich in der Zwischenzeit etwas ereignet. Das hätte auch nicht gänzlich im Widerspruch zu dem gestanden, was die Dienerschaft gehört hat. Aber dagegen mußte die Erwähnung des Namens David und die bekannte Zuneigung des Colonels zu seiner Frau gesetzt werden, gar nicht zu reden vom Eindringen dieses Mannes, das wiederum überhaupt nichts zu tun zu haben braucht mit dem, was voraufging. Es ist schon schwierig, jemandem auf die Schliche zu kommen, aber aufs Ganze gesehen war ich geneigt, die Vorstellung aufzugeben, es habe ein Verhältnis zwischen dem Colonel und Miss Morrison bestanden; und dennoch war ich nun mehr denn je davon überzeugt, daß die junge Dame den Schlüssel zu dem in Händen hielt, was Mrs. Barclay dazu gebracht hatte, ihren Mann zu

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