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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Mycrofts Inserat eine Antwort bekommen werden.«
      Über diesem Gespräch erreichten wir unser Haus in der Baker Street. Holmes ging als erster die Treppe hinauf, und als er die Zimmertür öffnete, prallte er vor Überraschung zurück. Als ich über seine Schulter sah, war ich ebenso erstaunt. Sein Bruder Mycroft saß im Sessel und rauchte.
      »Komm rein, Sherlock! Kommen Sie herein, Sir«, sagte er freundlich und lächelte über unsere erstaunten Gesichter. »So viel Energie hattest du mir wohl nicht zugetraut, Sherlock? Aber der Fall zieht mich irgendwie an.«
      »Wie bist du denn hergekommen?«
      »Ich habe euch in einem Hansom überholt.«
      »Gibt es etwas Neues?«
      »Ich habe eine Antwort auf das Inserat erhalten.«
      »Ah!«
      »Sie kam, kaum daß ihr fort wart.«
      »Und was besagt sie?«
      »Hier ist der Brief«, sagte er, »mit einer LyFeder auf handgeschöpft Bütten geschrieben, von einem Mann mittleren Alters mit schwächlicher Konstitution. ›Sir‹, heißt es, ›in Antwort auf Ihr Inserat vom heutigen Tage möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, daß ich die fragliche junge Dame sehr gut kenne. Wenn Sie mich aufsuchen könnten, wäre ich in der Lage, Ihnen Einzelheiten über ihr beklagenswertes Schicksal mitzuteilen. Sie wohnt im Haus ‚Zu den Myrten’ in Beckenham. Ihr ergebener J. Davenport.‹ Er schreibt aus Lower Brixton«, sagte Mycroft Holmes. »Sollten wir uns nicht sofort dorthin begeben, Sherlock, und die Einzelheiten zu erfahren suchen?«
      »Mein lieber Mycroft, das Leben des Bruders ist wertvoller als die Geschichte der Schwester. Ich denke, wir sollten bei Inspektor Gregson in Scotland Yard vorsprechen und mit ihm nach Beckenham fahren. Wir wissen, daß ein Mann mit Tod bedroht wird, und jede Stunde kann wichtig sein.«
      »Wir sollten unterwegs Mr. Melas mitnehmen«, schlug ich vor. »Vielleicht brauchen wir einen Dolmetscher.«
      »Ausgezeichnet!« sagte Sherlock Holmes. »Der Diener soll eine Kutsche besorgen, wir fahren sofort los.« Dabei zog er die Tischschublade auf, und ich sah, wie er seinen Revolver in die Tasche gleiten ließ. »Ja«, sagte er als Antwort auf meinen Blick, »nach allem, was wir gehört haben, würde ich meinen, wir haben es mit einer besonders gefährlichen Bande zu tun.«
      Es war schon fast dunkel, als wir bei Mr. Melas in der Pall Mall ankamen. Ein Herr hatte ihn aufgesucht, und er war mit ihm soeben aus dem Haus gegangen.
      »Können Sie mir sagen, wohin?« fragte Mycroft Holmes.
      »Ich weiß nicht, Sir«, antwortete die Frau, die die Tür geöffnet hatte. »Ich weiß nur, daß er mit dem Herrn in einer Kutsche weggefahren ist.«
      »Hat der Herr seinen Namen genannt?«
      »Nein, Sir.«
      »War es vielleicht ein großer, hübscher, dunkelhaariger Mann?«
      »O nein, Sir. Es war ein kleiner Herr mit Brille und schmalem Gesicht, und er war sehr heiter, denn er lachte andauernd beim Sprechen.«
      »Kommt!« rief Sherlock Holmes unvermittelt. »Die Geschichte wird ernst!« stellte er fest, während wir nach Scotland Yard fuhren. »Diese Leute haben sich wieder Mr. Melas’ bemächtigt. Er besitzt nicht viel Mut, wie die Montagnacht erwiesen hat. Der Schurke konnte ihn durch seine bloße Gegenwart terrorisieren. Zweifellos brauchen sie wieder seine Dienste, und sie könnten ihn auch bestrafen wollen, für das, was sie als seinen Verrat ansehen.«
      Unsere Hoffnung bestand darin, daß wir, wenn wir den Zug nahmen, gleichzeitig mit der Kutsche oder noch vor ihr in Beckenham sein würden. In Scotland Yard jedoch dauerte es länger als eine Stunde, ehe wir Inspektor Gregson fanden und die gesetzliche Handhabe erhielten, die erlaubte, das Haus zu betreten.
      Es war Viertel vor zehn, ehe wir London Bridge erreichten, und halb elf, als wir vier in Beckenham auf dem Bahnsteig standen. Nach einer Fahrt von einer halben Meile befanden wir uns vor einem Haus mit dem Namen ›Zu den Myrten‹, einem großen dunklen Gebäude, das ein Stück ab von der Landstraße lag. Wir entließen die Droschke und gingen gemeinsam über den Fahrweg auf das Haus zu.
      »Die Fenster sind alle dunkel«, bemerkte der Inspektor. »Das Haus scheint verlassen.«
      »Die Vögel sind ausgeflogen, das Nest ist leer«, sagte Holmes.
      »Woher wissen Sie das?«
      »Während der letzten Stunde ist ein mit Gepäck schwer beladener Wagen herausgefahren.«
      Der Inspektor lachte. »Die Radspuren habe ich im Licht

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