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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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haben sich überhaupt nicht verstanden. Richard hat ihn schikaniert. Ihre Mutter war ständig betrunken und hat nie saubergemacht, also bestand der Vater darauf, dass die Jungen das übernehmen. Aber Richard hat Daniel gezwungen, die ganze Arbeit allein zu erledigen, und ihn verprügelt, wenn er sich geweigert hat.«
    » Dir hat er die Wahrheit gesagt?«, fragte Linda pikiert.
    »Na ja, er hat es irgendwann erwähnt.«
    »Ein Punkt für die Maus.« Rebecca lachte.
    »Er hat mir erzählt, niemand sonst in der Familie solle von seinem Bruder erfahren«, sagte Linda. »Und dass er nur mir vertrauen würde.«
    »Ich sollte nicht verraten, dass er ein Einzelkind sei«, sagte Rebecca.
    Linda wirkte besorgt. »Wir alle schwindeln manchmal. Ich wette, der Zwischenfall mit der Schwägerin, von dem der Bruder erzählt hat, ist entweder gar nicht passiert oder war längst nicht so schlimm, und der Bruder hat ihn als Vorwand benutzt, um den Kontakt abzubrechen.«
    Rebecca war eindeutig anderer Ansicht.
    Dance nahm an, dass Pell sowohl Linda als auch Rebecca für potenziell größere Bedrohungen gehalten hatte als Samantha. Linda war die Mutter der Familie und würde daher einige Autorität besitzen. Rebecca war forsch und nahm kein Blatt vor den Mund. Samantha hingegen... er hatte sie viel besser unter Kontrolle und wusste, dass er ihr die Wahrheit anvertrauen konnte – nun ja, einen Teil der Wahrheit.
    Dance war froh, dass die Frau beschlossen hatte, ihnen behilflich zu sein.
    Ihr fiel auf, dass Samantha die Kaffeekanne ansah.
    »Möchten Sie eine Tasse?«
    »Ich bin ein bisschen müde. Ich hab in letzter Zeit nicht viel geschlafen.«
    »Willkommen im Club«, sagte Rebecca.
    Samantha erhob sich halb, aber Dance bedeutete ihr, sie solle Platz behalten. »Milch, Zucker?«
    »Ach, bemühen Sie sich nicht. Ehrlich.«
    Kathryn fiel auf, dass Linda und Rebecca sich angesichts Samanthas gewohnter Schüchternheit anlächelten.
    Maus ...
    »Danke. Milch.«
    »Linda hat erwähnt, Pell habe sich vielleicht irgendwo aufs Land zurückziehen wollen, auf einen ›Berggipfel‹«, fuhr Dance fort. »Haben Sie eine Vorstellung, was er damit gemeint hat?«
    »Tja, Daniel hat öfter zu mir gesagt, er würde gern aufs Land ziehen. Zusammen mit der Familie. Es war ihm sehr wichtig, mit dem Rest der Welt so wenig wie möglich zu tun zu haben. Er hat weder Nachbarn gemocht noch die Regierung. Und er wollte mehr Platz haben. Die Familie sollte noch wachsen.«
    »Wirklich?«, fragte Rebecca.
    Linda äußerte sich nicht dazu.
    »Hat er je Utah erwähnt?«
    »Nein.«
    »Welcher Ort hat ihm wohl vorgeschwebt?«
    »Das hat er nie gesagt. Aber es klang so, als habe er lange und ernsthaft darüber nachgedacht.«
    Dance fiel ein, dass er eventuell ein Boot benutzt hatte, um vom Fundort der letzten Leiche zu fliehen. »Hat er vielleicht je von einer Insel gesprochen?«
    Samantha lachte. »Eine Insel? Auf keinen Fall.«
    »Warum nicht?«
    »Er hat schreckliche Angst vor dem Wasser und würde niemals ein Fahrzeug benutzen, das schwimmt.«
    Linda sah sie ungläubig an. »Das wusste ich gar nicht.«
    Auch für Rebecca war das neu. Sie lächelte gequält. »Natürlich nicht. Seine Ängste hat er nur mit seiner Maus geteilt.«
    »Daniel hat gesagt, der Ozean sei eine andere Welt. Menschen hätten dort nichts verloren. Man solle sich nicht an einem Ort aufhalten, den man nicht beherrschen könne. Mit dem Fliegen war es genauso. Er hat Piloten oder Flugzeugen nicht getraut.«
    »Wir dachten uns, er könnte womöglich mit einem Boot vom letzten Tatort geflohen sein.«
    »Unmöglich.«
    »Sind Sie sich sicher?«
    »Absolut.«
    Dance entschuldigte sich für einen Moment, rief Rey Carraneo an und ließ ihn die Suche nach gestohlenen Booten abbrechen. Als sie die Verbindung trennte, ging ihr unwillkürlich durch den Kopf, dass O’Neil sich geirrt und Kellogg recht behalten hatte.
    »Nun würde ich mich gern mit den Motiven beschäftigen, die ihn zum Bleiben bewegt haben. Was ist mit Geld?« Sie führte den von Rebecca erwähnten Hauptgewinn an – einen Raubüberfall oder Einbruch, irgendein großes Ding. »Ich dachte mir, er könnte in der Gegend geblieben sein, weil er hier Geld oder etwas Wertvolles versteckt hat. Oder er will noch irgendetwas erledigen. Könnte es mit den Croyton-Morden zu tun haben?«
    »Geld?« Samantha schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht.«
    »Ich weiß aber, dass er es gesagt hat«, bekräftigte Rebecca.
    »Oh, nein, das bestreite

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