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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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letzter Sekunde, das Popcorn aus der Mikrowelle vor der Massenvernichtung zu retten, bevor die Verpackung in Flammen aufging, wie letzte Woche.
    Sie schüttete den Inhalt in eine Schale, als schon wieder das Telefon klingelte.
    »Mom«, sagte Wes ungeduldig. »Ich komme um vor Hunger.« Sie liebte diesen Tonfall bei ihm. Es bedeutete, dass Wes nicht mehr unglücklich war.
    »Das ist TJ«, verkündete sie und klappte ihr Mobiltelefon auf.
    »Grüß ihn von mir«, sagte der Junge und stopfte sich eine Handvoll Popcorn in den Mund.
    »Wes lässt schön grüßen.«
    »Danke, zurück. Ach, und sag ihm, dass ich bei ›Zarg‹ Stufe acht erreicht habe.«
    »Ist das gut?«
    »Du machst dir ja keine Vorstellung.«
    Dance richtete die Botschaft aus, und Wes’ Augen leuchteten auf. »Acht? Niemals!«
    »Er ist beeindruckt. Also, was gibt’s?
    »Wer kriegt das ganze Zeug?«
    »Welches ›Zeug‹ meinst du?«
    »Spuren, Berichte, E-Mails, alles. Das volle Programm, weißt du noch?«
    Er meinte, für den Abschlussbericht. Der würde bei diesem Fall im Hinblick auf die zahlreichen Straftaten und den zwischenbehördlichen Papierkram sehr umfangreich ausfallen. Dance hatte den Fall geleitet, und das CBI war in erster Linie zuständig.
    »Ich. Nun ja, ich sollte sagen, wir .«
    »Die erste Antwort hat mir besser gefallen, Boss. Ach, übrigens, erinnerst du dich noch an ›Nimue‹?«
    Das geheimnisvolle Wort …
    »Was ist damit?«
    »Ich habe gerade einen weiteren Verweis darauf gefunden. Soll ich ihm nachgehen?«
    »Ist wohl besser. Damit alle Klarheiten beseitigt sind, sozusagen.«
    »Reicht morgen? Das heute Abend ist kein richtiges Rendezvous, aber Lucretia könnte die Frau meiner Träume sein.«
    »Du gehst mit jemandem namens Lucretia aus? Da wirst du dich konzentrieren müssen... Weißt du was? Bring mir das volle
    Programm vorbei. Und das Nimue-›Zeug‹. Ich fang schon mal damit an.«
    »Boss, du bist die Beste. Und du bist jetzt schon zur Hochzeit eingeladen.«

...Freitag

...Achtundfünfzig

    Kathryn Dance saß draußen vor dem Bay View Restaurant unweit des Fisherman’s Wharf in Monterey. Sie trug ein schwarzes Kostüm und eine weinrote Bluse, worin ihr in diesem Moment nicht besonders warm war.
    Das Lokal wurde seinem Namen gerecht und bot einen Postkartenausblick auf die gesamte Küste bis hinauf nach Santa Cruz, das jedoch momentan nicht zu sehen war. Der frühe Morgen war ein perfektes Beispiel für das bisweilen trübe Juniwetter der Halbinsel. Dichter Nebel, der wie der Rauch eines Feuers aus feuchtem Holz wirkte, umgab die Kaianlage. Die Temperatur betrug dreizehn Grad.
    Gestern Abend war Kathryn in Hochstimmung gewesen. Daniel Pell war gestoppt worden, Linda würde wieder gesund werden, Nagle und seine Familie hatten überlebt. Sie und Winston Kellogg hatten eine Verabredung für »hinterher« getroffen.
    Heute jedoch sah alles anders aus. Ein dunkler Schatten hing über ihr, und sie konnte ihn einfach nicht abschütteln. Das lag nicht am Wetter, sondern hatte viele Gründe, darunter nicht zuletzt die Planung der Gedenkfeiern und Beisetzungen der im Gerichtsgebäude ermordeten Aufseher, der Deputies, die am Vortag beim Point Lobos Inn gestorben waren, und auch Juan Millars.
    Sie trank einen Schluck Kaffee. Und blickte überrascht auf, als ein Kolibri aus dem Nichts auftauchte und seinen Schnabel in das Futterhäuschen steckte, das an der Seite des Restaurants neben einer üppigen Gardenie hing. Ein anderer Vogel flog herbei und verscheuchte den ersten. Es waren hübsche Geschöpfe, wahre Schmuckstücke, aber sie konnten gemein wie Schrottplatzhunde sein.
    Dann hörte sie: »Hallo.«
    Winston Kellogg trat von hinten an sie heran, legte ihr einen Arm um die Schultern und küsste sie auf die Wange. Nicht zu nah am Mund, nicht zu weit davon entfernt. Sie lächelte und umarmte ihn.
    Er setzte sich.
    Dance winkte der Kellnerin, die ihre Tasse nachfüllte und auch Kellogg einen Kaffee einschenkte.
    »Ich hab ein paar Nachforschungen über die Gegend angestellt«, sagte Kellogg. »Ich dachte, wir könnten heute Abend nach Big Sur fahren. Zu einem Laden namens Ventana.«
    »Es ist wunderschön dort. Ich war schon seit Jahren nicht mehr da. Die Küche ist erstklassig. Aber es ist ziemlich weit von hier.«
    »Ich bin zu allen Schandtaten bereit. Wir müssen den Highway eins nehmen, nicht wahr?«
    Womit sie genau am Point Lobos Inn vorbeikommen würden. Dance dachte sofort an die Schüsse, das Blut und an Daniel Pell,

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