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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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das Thema zur Sprache kommt, werden wir wohl einfach einen Blick auf die Fakten werfen müssen.«
    »Das nehme ich an. Ich hoffe nur, es hat keine langfristigen Auswirkungen auf Ihre Karriere.«
    Sie nahm die Brille ab und beugte sich in einen etwas persönlicheren Proximalbereich vor. »Winston, ich bin neugierig. Verraten Sie mir: Was hat Daniel Pell zu Ihnen gesagt, bevor Sie ihn getötet haben? Er hatte die Waffe fallen gelassen und sich hingekniet, griff nach den Handschellen und blickte auf. Und er wusste es, nicht wahr? Er war nicht dumm. Er wusste, dass er tot war. Hat er etwas gesagt?«
    Er ließ eine Zustimmungsreaktion erkennen, erwiderte jedoch nichts.
    Ihr Ausbruch war natürlich unangebracht, und sie wusste, dass das Verhör damit beendet war. Aber das spielte keine Rolle. Sie hatte ihre Antworten und kannte die Wahrheit – wenigstens annähernd. Was gemäß der schwer fassbaren Lehre von der kinesischen Analyse und Befragung für gewöhnlich ausreicht.

...Sechzig

    Dance und TJ befanden sich in Charles Overbys Büro. Der CBI-CHEF saß hinter seinem Schreibtisch, nickte und betrachtete dabei ein Foto von sich selbst und seinem Sohn beim Lachsfischen. Oder er sah auf die Tischuhr, da war Dance sich nicht ganz sicher. Es war zwanzig Uhr dreißig. Overby hatte schon die letzten beiden Abende Überstunden gemacht. Für seine Verhältnisse ein Rekord.
    »Ich habe das ganze Verhör gesehen. Sie haben ein paar gute Treffer gelandet. Absolut. Aber er war ziemlich geschickt. Hat eigentlich überhaupt nichts zugegeben. Als ein Geständnis kann man das jedenfalls kaum bezeichnen.«
    »Er ist ein Machiavellist mit unsozialer Persönlichkeit, Charles. Leute wie er gestehen nicht. Ich habe lediglich einige Vorstöße unternommen, um seine Art der Verteidigung und die Struktur seiner Täuschungen zu erforschen. Er hat Computerdateien zerstört, weil er glaubte, sie würden ihn mit einem fragwürdigen Selbstmord in L. A. in Verbindung bringen? Er hat eigenmächtig die Blendgranate behalten? Seine Waffe ging zufällig in meine Richtung los? Die Geschworenen würden ihn herzlich auslachen und dann den Schuldspruch verkünden. Für ihn war das Verhör eine Katastrophe.«
    »Wirklich? Er sah aber recht zuversichtlich aus.«
    »Ja, und er wird im Zeugenstand eine gute Figur abgeben – falls er vor Gericht aussagt. Aber in taktischer Hinsicht ist sein Fall hoffnungslos.«
    »Er wollte einen bewaffneten Killer verhaften. Und Sie behaupten, sein Motiv sei der Tod seiner Tochter wegen irgendeiner Kultgeschichte? Das klingt nicht sehr überzeugend.«
    »Über das Motiv mache ich mir nie allzu große Sorgen. Wenn ein Mann seine Frau tötet, ist es den Geschworenen relativ egal, ob der Grund dafür war, dass sie ihm ein verbranntes Steak vorgesetzt hat oder dass er an das Geld aus ihrer Lebensversicherung will. Mord ist Mord. Es wird weitaus weniger nach Seifenoper aussehen, wenn wir Kellogg mit den anderen Todesfällen in Verbindung bringen.«
    Dance erzählte ihm von den anderen Toten, dem verdächtigen Zugriff in Chicago vor wenigen Tagen sowie von früheren Ereignissen in Fort Worth und New York. Außerdem von den zwei vermeintlichen Selbstmorden. Ein besonders besorgniserregender Fall hatte sich Anfang des Jahres in Florida zugetragen, wo Kellogg den Dade County Deputies bei der Untersuchung mehrerer angeblicher Entführungen geholfen hatte. Ein Mann aus Miami wohnte dort mit einer Kommune in einem Haus am Stadtrand. Der Latino besaß durchaus einige ergebene Anhänger, manche davon ziemlich fanatisch. Kellogg erschoss ihn bei einer Razzia, als er angeblich nach einer Waffe greifen wollte – die nie gefunden wurde. Später stellte sich heraus, dass die Kommune überdies eine Suppenküche sowie einen angesehenen Bibelstudienkreis betrieb und Geld für eine Kindertagesstätte sammelte, um die alleinerziehenden Berufstätigen des Viertels zu entlasten. Die Entführungsvorwürfe erwiesen sich als haltlos; die Exfrau des Erschossenen hatte sie in die Welt gesetzt.
    Für die örtliche Presse galten die Umstände seines Todes nach wie vor als nicht überzeugend geklärt.
    »Interessant, aber ich bin mir nicht sicher, ob irgendwas davon zulässig wäre«, sagte ihr Chef. »Was ist mit den Spuren vom Strand?«
    Es versetzte Dance einen Stich, dass Michael O’Neil nicht hier war, um die technischen Aspekte des Falls zu beleuchten. (Warum rief er nicht zurück?)
    »Die Techniker haben das Projektil gefunden, das Kellogg auf Kathryn

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