Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
nach B nach X...
    »Wir halten eine Familienzusammenkunft ab«, sagte TJ fröhlich. Sie wusste, dass er bis spät in die Nacht gefeiert hatte, aber sein rundes Gesicht unter dem lockigen roten Haar wirkte so frisch, als hätte er sich einen Tag auf einer Schönheitsfarm gegönnt.
    Overby ignorierte ihn. »Und wieso sollten die drei uns helfen wollen? Stehen sie ihm denn nicht wohlwollend gegenüber?«
    »Nein. Ich habe mit zweien von ihnen geredet, und die haben nichts mehr für Pell übrig. Die dritte Frau hat sogar ihren Namen geändert, um das alles hinter sich zu lassen.«
    »Und warum sollen sie herkommen? Weshalb befragen wir sie nicht an ihren Wohnorten?«
    »Ich möchte, dass sie zusammen sind. Es ist ein Verhöransatz aus der Gestalttherapie. Die Erinnerungen der Frauen sollen sich gegenseitig anregen. Ich habe bis heute früh um zwei über die drei nachgelesen. Rebecca hat der Familie nicht lange angehört – nur ein paar Monate -, aber Linda hat mehr als ein Jahr mit Pell gelebt und Samantha sogar zwei.«
    »Haben Sie die Frauen bereits gefragt?« Er klang gereizt, als befürchte er, Dance könne ihn übergangen haben.
    »Nein«, sagte sie. »Ich wollte erst mit Ihnen darüber sprechen.«
    Das schien ihn wieder zu beruhigen. Dennoch schüttelte er den Kopf. »Die Flugtickets, die Wachen, der Transport... und der ganze Papierkram. Ich bezweifle, dass ich damit in Sacramento durchkäme. Es ist zu unkonventionell.« Er bemerkte einen losen Faden an seiner Hemdmanschette und riss ihn ab. »Ich fürchte, ich muss ablehnen. Utah. Ich bin sicher, er ist inzwischen dahin unterwegs. Nach dem Schreck bei Moss Landing wäre er verrückt, noch länger hierzubleiben. Ist das Überwachungsteam der Utah State Police weiterhin vor Ort?«
    »Ja«, bestätigte TJ.
    »Utah wäre gut. Richtig gut.«
    Dance wusste, wie das gemeint war: Die nehmen ihn fest, und das CBI streicht die Lorbeeren ein, ohne weitere Tote in Kalifornien.
    »Charles, ich bin überzeugt, dass Utah eine falsche Fährte ist. Er stößt uns nicht einfach mit der Nase drauf und fährt dann trotzdem...«
    »Es sei denn, er hat einkalkuliert, dass wir das annehmen würden«, sagte ihr Chef triumphierend. »Haben Sie schon mal daran gedacht?«
    »Hab ich und es passt nicht zu Pells Profil. Ich möchte wirklich meine Idee weiterverfolgen.«
    »Ich bin mir nicht sicher...«
    »Darf ich fragen, was für eine Idee das ist?«, meldete sich eine Stimme hinter ihr.
    Dance drehte sich um und sah einen Mann in einem dunklen Anzug mit hellblauem Hemd und blau-schwarz gestreifter Krawatte. Er war nicht im klassischen Sinn gut aussehend – er hatte ein wenig Bauch und abstehende Ohren, und wenn er den Kopf senkte, würde sich ein Doppelkinn bilden. Aber sein Blick wirkte entschlossen und belustigt, und eine Haartolle – genauso braun wie seine Augen – hing ihm bis über die Stirn. Seine Haltung und sein Auftreten ließen auf eine unbeschwerte Art schließen, und sein schmaler Mund war zu einem leichten Lächeln verzogen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Overby.
    Der Mann kam näher und zeigte einen Dienstausweis des FBI vor. Special Agent Winston Kellogg.
    »Der Babysitter ist im Gebäude«, sagte TJ leise und mit der Hand vor dem Mund. Dance ignorierte ihn.
    »Charles Overby. Danke, dass Sie gekommen sind, Agent Kellogg.«
    »Bitte nennen Sie mich Win. Ich arbeite bei der MVCC des FBI.«
    »Und das ist...?«
    »Die Multiple Victims Coercive Crimes Division. Wie der Name schon sagt, beschäftigen wir uns mit Straftaten, die aus der Nötigung von Opfergruppen erfolgen.«
    »Lautet so der neue Ausdruck für Kulte?«, fragte Dance.
    »Ursprünglich haben wir uns tatsächlich Kulteinheit genannt. Aber das war keine PKB.«
    TJ runzelte die Stirn. »Ist das eine Droge?«
    »Nein, eine politisch korrekte Bezeichnung.«
    Sie lachte. »Ich bin Kathryn Dance.«
    »TJ Scanlon.«
    »Thomas Jefferson?«
    TJ lächelte rätselhaft. Sogar Dance kannte seinen richtigen Vornamen nicht. Womöglich hieß er ja wirklich bloß TJ.
    »Ich möchte eines gleich am Anfang loswerden«, wandte Kellogg sich an alle Anwesenden. »Ja, ich bin der Kerl von der Bundesbehörde. Aber ich will mich nicht aufspielen. Ich bin in beratender Funktion hier – um Ihnen nach Möglichkeit einen Eindruck davon zu verschaffen, wie Pell denkt und handelt. Davon abgesehen bleibe ich gern in der zweiten Reihe.«
    Auch wenn er es vielleicht nicht hundertprozentig meinte, fand Dance dieses Versprechen

Weitere Kostenlose Bücher