Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
hoffentlich nicht im Behandlungszimmer mit?«
»Wir lassen sie nur den Anfang filmen, und da schauspielerst du eben ein bisschen.«
Ohne auf ihren Protest einzugehen, drängte er sie ins Auto und rief von dort per Handy gleich Irabu an. Kaoru sah während
der Fahrt nervös aus dem Fenster. Draußen vergnügten sich ein paar Grundschüler auf dem Nachhauseweg von der Schule. Seit einiger Zeit hatte sie selbst kaum Zeit gefunden, mit ihrer Tochter zu spielen. Sie seufzte. In einem Interview für eine Frauenzeitschrift hatte sie erst vor kurzem große Reden über Kindererziehung geschwungen.
Selbst ihre Rolle als Mutter diente der Steigerung ihres Ansehens, und insofern war das Dasein als Prominente ein attraktives Geschäft. Es gab auch welche, die Karriere machten, gerade weil man sie unsympathisch fand. Sie hatte einen Beruf, der ihr besondere Rechte gab, und deswegen kämpften sie alle verzweifelt, um möglichst lange in der Gunst des Publikums zu bleiben. Der Konkurrenzkampf in der Prominentenwelt war ein einziges erbittertes Stühlewegziehen.
Kaoru hatte ihren großen Durchbruch gehabt, da war sie schon über vierzig. Bis dahin hatte sie sich eine Position erkämpft, in der sie Hauptrollen angeboten bekam. Doch einen richtigen Popularitätsboom erlebte sie erst seit einigen Jahren. Ganz plötzlich saß sie auf dem goldenen Thron und wurde auch so behandelt. Dass sie nun das Zepter in der Hand hielt, lag daran, dass sie trotz ihres Alters jugendlich wirkte. Ihre Rivalinnen, die bis Mitte dreißig ihre Schönheit bewahren konnten, fielen auf einmal zurück. Es war nicht so gewesen, dass Kaoru dies vorausgesehen und dafür hart an sich gearbeitet hätte. Ihre Fitness und jugendliche Frische waren das Ergebnis zahlloser Tanzstunden in jungen Jahren. Es war, wie wenn Ersparnisse plötzlich unerwartet hohe Zinsen trugen.
Das Leben war ein Mysterium. Vor fünf Jahren hatte sie nicht im Traum an ihren jetzigen Erfolg gedacht. Sie hatte das Gefühl, bei einer persönlichen Leistungsfähigkeit im Bereich zehn die Wertung hundert erhalten zu haben. Sie fühlte sich nicht schlecht dabei, doch manchmal machte es ihr Angst.
Sie begann im Auto ihre Wangen zu massieren. Nur nicht schlaff werden, nur nicht schlaff werden, dachte sie unablässig.
In der Praxis angekommen sah sie, wie Irabu sich Gel in die Haare geschmiert hatte. Er trug dazu eine grelle Fliege, einen gestreiften Anzug und an den Füßen ein Paar Herrenschuhe mit extravaganter Farbkombination. Er sah aus wie ein fetter Harlekin.
»Wo sind denn die Kameras?«, kam er erwartungsvoll angesprungen.
»Die kommen später. Auf jeden Fall bitte ich Sie, es wie vorhin am Telefon besprochen zu machen. Zehn Minuten reichen vollkommen«, sagte Mitsuyo mit einer höflichen Verbeugung.
»Okay! Frau Shiraki befragt mich über den Beruf des Psychiaters. Toll! Jetzt trete ich also in der Sendung Kontinent der Leidenschaft auf. Ich werde berühmt!«
Irabu tollte wie ein Kind durch die Praxis, während Mayumi gelangweilt auf der Bank saß und eine Zigarette rauchte. Kumi setzte sich neben sie und meinte: »Du kannst ruhig auch ein bisschen kooperativ sein!«
» Kontinent der Leidenschaft? Ist das nicht ein bisschen peinlich?«, murmelte Mayumi. »Das ist doch eine von diesen Hauruck-Sendungen mit diesem schmierigen Off-Kommentar.«
»Also bitte! Pass auf, was du sagst.«
»Ist ein Auftritt in dieser Sendung so toll?«
»Kannst du dich ein bisschen zurückhalten, Mayumi? Es haben nicht alle deinen Nischengeschmack.«
»Sieh mal einer an. Bist du nun auch auf dem Kommerztrip, oder was?«
»Ehrlich gesagt, ich habe immer mehr den Eindruck, dass wir nicht mehr zusammenpassen.«
»Den Eindruck habe ich auch. Na gut, dann lösen wir die Band eben auf.«
»Von mir aus.«
Inzwischen war der Regisseur eingetroffen, und die Beleuchtung wurde eingerichtet. Irabu lachte über das ganze Gesicht und schlug auf dem Sessel seine kurzen Beine übereinander.
»Herr Doktor, könnten Sie mir etwas über Ihre Arbeit als Psychiater erzählen?«, fragte Kaoru im Plauderton.
»Tja, zunächst einmal muss man den Patienten genau zuhören. Wenn man sie dann ausgeschimpft hat, stellt man die Diagnose und …«
»Schnitt!«, unterbrach ihn der Regisseur.
»Herr Doktor, ein bisschen natürlicher, wenn es geht. Bleiben Sie locker«, sagte er, während er sich zu ihm runterbeugte.
»Ach so?«
»Ja, verhalten Sie sich einfach so wie immer.«
»Wenn das so ist, dann lass ich ihr gleich
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