Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Stimme ist Stimme.«
»Genauso isses.«
Alle drei nickten mit ernsten Gesichtern.
Ryōhei seufzte tief und nahm mit den Stäbchen etwas Essen von seinem Teller. Mit dem Meer vor der Haustür war der Fisch frisch, wie man ihn in Tokio nicht kriegen konnte. Ununterbrochen bekam er Sake nachgeschenkt, und es blieb ihm nichts anderes übrig, als weiterzutrinken.
»Aber meine Stimme ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein«, gab Ryōhei vorsichtig zu bedenken.
»Das hab ich doch schon erklärt. In der letzten Wahl ham wir gerade mal mit fünf Stimmen Unterschied gewonnen. Das hat uns’nen ganz schönen Schrecken eingejagt. Um ein Haar hätten wir noch vier weitere Jahre diese Trantüte Yagi ertragen müssen.«
Isoda hob die Sakeflasche in die Luft und schwenkte sie in Richtung Küche.
»Noch eine!«
»Iso-yan hat in den vier Jahren, wo Yagi Bürgermeister war, den Reislöffel geschwenkt. Verstehst, was das heißt? Ein fünfzigjähriger Mann muss Grund- und Mittelschülern das Essen ausgeben, so sieht’s aus!«, sagte Tsudahara mit rotem Gesicht und beugte sich zu Ryōhei.
»Hör mal zu, was ich zu erzählen hab«, mischte sich Iwata ein. »Mich ham die Kerle vier Jahre lang nur kleine Drecksarbeit machen lassen. Mein Umsatz hat sich um die Hälfte verringert. Ich musste meine Bagger verpfänden und ein Leben auf Pump führen.« Offensichtlich kamen Iwata die Erinnerungen an diese Zeit gerade wieder hoch. Wütend spuckte er die letzten Worte geradezu aus. Seine Frau war offensichtlich Oguras jüngere Schwester, und insofern gehörte er zur Familie.
»Aber wenn ich das so höre, dann befindet sich doch nun Yagi und sein Gefolge in derselben Lage wie Sie zuvor. Sie sollten allmählich mal daran denken, zu einer friedlichen Einigung zu kommen.«
»Blödsinn! In einem Krieg heißt es nur gewinnen oder verlieren.«
»Weißt du, was der Schwanzlurch Yagi mit einem macht, der Mitleid zeigt?«
»Genau, diese Drecksau …«
Die drei begannen nun durcheinander auf den anderen Kandidaten zu schimpfen. Wie dem weiteren Verlauf des Gesprächs zu entnehmen war, hatte es offensichtlich früher einen jungen Mann gegeben, der diese ewige Fehde nicht mehr mitansehen konnte und sich selbst als Gegenkandidat aufstellte. Doch entfielen nicht einmal hundert Stimmen auf ihn und nicht nur das. Er wurde mehr oder weniger aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und musste die Insel verlassen. Eine Entscheidungsschlacht lag wohl im allgemeinen Interesse der Inselbewohner.
»Übrigens, was passiert eigentlich, wenn ich mich für einen Kandidaten entscheide und der verliert?«, fragte Ryōhei vorsichtig.
»Dann wirste den Rest deiner Dienstzeit keine Freude mehr haben.«
»Genau, dann heißt’s rauf auf den Berg und die Wege instandsetzen.«
»Aber ich bin doch nur zeitweilig hierherversetzt!« Vor lauter Entsetzen überschlug sich seine Stimme.
»Interessiert keinen. Wir ham hier extraterritoriale Rechte.«
Der Sake kam auf den Tisch, und weiter wurde er zum Trinken animiert. Allmählich wurde sein Kopf immer gefühlloser.
Extraterritoriale Rechte… Ryōhei ließ sich das Wort im Mund zergehen. Als er am Vortag mit seinem ehemaligen Vorgesetzten in der Stadtverwaltung telefoniert und über die Zustände hier geklagt hatte, lachte der nur und meinte: »Aha, es hat also schon angefangen.« Er ging nicht weiter auf ihn ein. Unrecht war selbstverständlich. Ogura und Yagi waren beide wegen Bestechung je einmal verhaftet worden. Die Stadt Tokio hatte also aufgegeben, noch etwas bewirken zu wollen.
»Ach ja, Miyazaki. Der Arzt, der da morgen kommt, is der bereit, sich bei uns registrieren zu lassen?«, fragte Iwata.
»Das hat mich Herr Muroi auch schon gefragt. Bei gerade einmal zwei Monaten hier auf der Insel denke ich kaum, dass er das macht.«
»Ist das wie immer einer aus der Medizinischen Hochschule Jichi?«
»Nein, diesmal ist es ein privat praktizierender Arzt. Das Krankenhaus heißt Irabu-Poliklinik. Er kommt offensichtlich mit seiner Krankenschwester.«
»Oho, welche Ehre wird uns da zuteil. Da müssen wir ja gleich mal’ne Empfangsparty organisieren.«
Wahrscheinlich würde es zwei geben, eine von der Ogura-und eine andere von der Yagi-Fraktion.
»Also, ich möchte mich dann allmählich zurückziehen, wenn es recht ist«, erhob sich Ryōhei.
»Idiot! Du gehst nich, bevor die Flasche hier leer is.«
Iwata zog ihn am Ärmel zurück, und wieder gluckerte der Sake aus der Flasche in seine Reisschüssel. Allein
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