Die merkwuerdigen Faelle des Dr. Irabu
Doktor, jetzt nehmen Sie sich doch etwas zusammen«, sagte nun die junge Frau mit gelangweilter Stimme. »Nach den zwei Monaten hier bekommen Sie schließlich einen neuen Porsche von Ihrem Vater.« Die junge Frau bemühte sich nicht einmal ansatzweise um einen respektvollen Ton.
»Pardon, sind Sie vielleicht die Krankenschwester?«
»Ja, das ist Mayumi-chan. Da ich nicht allein sein wollte, habe ich sie mitgebracht«, antwortete Irabu statt ihrer.
»Dreißigtausend Yen pro Tag, wie abgemacht!«, sagte die Krankenschwester nachlässig.
Grußlos schaute sie Ryōhei scharf an. Sie machte einen ziemlich unfreundlichen Eindruck, doch da sie auch süß aussah, machte Ryōheis Herz einen kleinen Sprung. Hier auf dieser Insel konnte man jemanden wie sie jedenfalls nicht treffen.
Er ließ die beiden ins Auto steigen und fuhr sie zur Arztpraxis, die sich in einem Haus hoch auf den Klippen über dem Meer befand. Die Aussicht von dort war herrlich, und man konnte meinen, dass das Anwesen Ausdruck für die Dankbarkeit gegenüber dem Arzt war, der sich extra aus Tokio herbemühte. Doch tatsächlich blies der Wind da oben heftig, und einen vernünftigen Weg gab es nicht. Der ehemalige Grundstücksbesitzer Ogura hatte sich das Gelände von der Verwaltung
abkaufen lassen und mit seiner eigenen Baufirma das Gebäude errichtet. Wenn es zu Yagis Zeiten gebaut worden wäre, dann hätte das Haus irgendwo auf einem seiner Grundstücke gestanden.
Als sie angekommen waren, lief gleich eine ganze Schar wilder Katzen auf sie zu. Normalerweise waren sie scheu und hielten Abstand zu den Menschen, doch bei Mayumi machten sie eine Ausnahme und blieben ihr auf den Fersen. Ohne eine Miene zu verziehen, verscheuchte Mayumi die Katzen mit Fußtritten.
»Hey, das sieht ja richtig gut aus!«, rief Irabu aus, als er zu dem Gebäude hinaufschaute.
Ryōhei war erleichert, dass es ihm gefiel. Er bat sie herein, um sie durchs Haus zu führen.
»Sie sind Internist, Herr Doktor, nicht wahr?«, fragte Ryōhei.
»Internist? Nee«, antwortete Irabu kopfschüttelnd, wobei seine fleischigen Backen wackelten. »Ich bin Neurologe. Haben Sie Probleme, Herr Miyazaki? Die verfliegen im Nu, wenn ich Ihnen erst mal eine Spritze verpasst habe, hihihi«, fuhr Irabu unheimlich kichernd fort.
»Neurologe? Aber in den Unterlagen steht Internist.«
»Hat wohl mein Vati hingeschrieben, ohne sich etwas dabei zu denken.«
»Ihr Vater …?«
»Ist schon gut. Machen Sie sich keine Sorgen. Ist fast dasselbe.«
»Äh, ich bin ja kein Experte, aber wenn sich jemand eine Erkältung zuzieht oder sich verletzt, was machen Sie…«
»Kein Problem, ich heile alles, hahaha.« Irabu schlug sich auf seinen paukengroßen Bauch. Ryōhei begann nun, sich ernstlich Sorgen zu machen.
Weil die Verwaltung einen Fehler bei der Organisation gemacht
hatte, war die Insel drei Tage ohne ärztliche Versorgung. In aller Hast wurde die zuständige Behörde kontaktiert, die schließlich Irabu gefunden hatte.
»Als Nächstes zeige ich Ihnen Ihre Wohnung. Ich wohne übrigens im selben Haus. Es wird von der Stadt verwaltet.«
Das Haus war in der Yagi-Ära für Leute errichtet worden, die von außerhalb zuzogen. Yagi hatte der Stadt das Grundstück verkauft und dann mit seiner Baufirma das Gebäude darauf errichtet.
»Da wird nur Mayumi-chan wohnen. Ich bleibe im Senjuyama-Kurhotel, wo ich ein Zimmer für mich reserviert habe. Das beste im ganzen Haus übrigens.«
Das beste Zimmer im ganzen Haus? Das konnte doch nur die Suite sein, die anlässlich des Besuches von Gouverneur Ishihara vollkommen renoviert wurde und pro Übernachtung hunderttausend Yen kostete. Nachdem der Gouverneur wieder abgereist war, hatte seines Wissens kein Mensch mehr darin übernachtet.
»Sie wollen da auf eigene Kosten zwei Monate bleiben?«
»Natürlich«, antwortete Irabu leichthin.
Ryōhei kam aus dem Staunen nicht mehr raus.
»Übrigens, Herr Miyazaki, Ihre Augen sind ja ganz rot.«
»Ah … ja, Verzeihung, ich habe gestern zu viel getrunken.«
»Hihihi, dann gebe ich Ihnen zur Wiederbelebung gleich mal eine nette Spritze! Mayumi-chan, kommst du mal?«
»Was denn, jetzt schon?«, verzog Mayumi, die am Fenster stand und eine Zigarette rauchte, genervt das Gesicht.
»Warum denn nicht. Ich sehe da oben im Regal noch einige Ampullen Traubenzuckerlösung.«
Vor dem überraschten Ryōhei wurde der Injektionstisch vorbereitet und sein Arm in Position gebracht. Man rollte ihm den Ärmel hoch und fixierte den Arm
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