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Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin

Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin

Titel: Die Merle-Trilogie 01 - Die Fließende Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Städten unter der See, in den tiefen Gräben und Spalten am Meeresgrund. Damals, vor unzähligen Jahren, wurden gelegentlich Expeditionen zu den versunkenen Städten ausgesandt, und manchmal kehrten sie zurück mit Schätzen wie diesem Helm.«
    »Ist er Technik oder Magie?«
    »Was ist Magie anderes als eine Technik, die die meisten Menschen nicht verstehen - noch nicht, oder nicht mehr?« Die Königin schien sich einen Moment lang über ihre eigenen Worte zu amüsieren, dann wurde sie wieder ernst. »Aber du hast nicht ganz Unrecht. Aus deiner Sicht ist er eher ein Werk der Magie als der Technik. Was für dich wie Glas aussieht, ist in Wirklichkeit gehärtetes Wasser.«
    »Arcimboldo hat davon gesprochen, dass er für die Herstellung seiner Zauberspiegel das Wasser der Lagune benutzt. Und dass er es nur verarbeiten kann, wenn du dich darin aufhältst.«
    »Er benutzt ein ähnliches Verfahren. Äußerlich sehen seine Spiegel aus, als bestünden sie aus gewöhnlichem Glas. In Wahrheit aber ist ihre Oberfläche eine Legierung aus gehärtetem Wasser. Vor Jahrtausenden, im Zeitalter der subozeanischen Reiche, arbeiteten die Handwerker mit Wasser wie ihr Menschen heute mit Holz und Metall. Eine andere Zeit, ein anderes Wissen. Arcimboldo ist einer der wenigen, die heute noch damit umzugehen wissen - wenngleich auch sein Können nur ein Schatten von dem ist, was die Subozeaner vollbrachten. Und Arcimboldo hat die Wahrheit gesagt: Meine Präsenz hat das Wasser der Lagune zu dem gemacht, was es war. Ohne mich lässt es sich nicht härten.«
    Merle nickte nachdenklich. Alle Erklärungen der Fließenden Königin liefen auf eines hinaus. Sie zögerte, ehe sie den Gedanken an die Königin richtete: »Bist du ein Subozeaner? Eine aus dem alten Volk unter dem Meer?«
    Die Königin schwieg eine ganze Weile, während um Merle herum die schillernden Fischschwänze der Meerjungfrauen in der Finsternis tanzten.
    »Ich bin alt«, sagte sie schließlich. »Unendlich viel älter als alles Leben unter dem Meer.«
    Irgendetwas war am Ton der Fließenden Königin, das Merle an ihren Worten zweifeln ließ. Was sie sagte, war gewiss keine Lüge - aber war es die ganze Wahrheit? Merle wusste, dass die Königin in diesem Augenblick ihre Gedanken las, und somit auch ihre Zweifel erkannte. Doch aus irgendeinem Grund ging sie nicht darauf ein. Stattdessen wechselte sie das Thema:
    » Vorhin wolltest du wissen, wohin uns die Meerjungfrauen bringen.«
    »Aus der Lagune heraus?«
    »Nein, das können sie nicht. Die Gefahr wäre zu groß. Wenn ein ägyptischer Aufklärer einen ganzen Schwarm von ihnen unter der Oberfläche entdeckte, würde er sie verfolgen. Das dürfen wir nicht riskieren. Schon zu viele aus dem Meervolk sind durch die Hand der Menschen gestorben - ich werde nicht verlangen, dass sie ihr Leben jetzt auch noch für ihre Unterdrücker lassen.«
    Gebannt hingen Merles Blicke an den schlanken Leibern, die sie umschwärmten und sicher durch die tiefen Kanäle geleiteten. Von den Händen der beiden Meerjungfrauen, die sie sanft durch das Wasser zogen, ging eine tröstliche Wärme aus.
    »Sie bringen uns zur Piazza San Marco«, sagte die Königin -
    »Aber das ist -«
    »Der Mittelpunkt der Stadt, ich weiß.«
    »Und dort laufen wir der Garde geradewegs in die Arme!«
    »Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
    »Es ist mein Körper, vergiss das nicht! Ich bin diejenige, die weglaufen muss. Und gefoltert wird. Und getötet.« »Es geht nicht anders. Es gibt nur einen Weg, auf dem wir die Stadt verlassen können. Und dabei muss uns jemand behilflich sein.«
    »Ausgerechnet auf der Piazza San Marco?«
    »Wir haben keine andere Wahl, Merle. Wir können ihn nur dort treffen. Er wird dort… nun, er wird gefangen gehalten.«
    Merle verschluckte sich an ihrem eigenen Atem. Gleich neben der Piazza San Marco lag der alte Dogenpalast, die einstige Residenz der venezianischen Fürsten und heute das Domizil der Ratsherren. Die Kerker des Palastes waren legendär, sowohl jene unter seinen Bleidächern als auch das weitläufige Gefängnis auf der anderen Kanalseite, das vom Palast aus nur durch die Seufzerbrücke betreten werden konnte. Wer diese Brücke einmal überquerte, sah das Tageslicht nie wieder.
    »Du willst allen Ernstes einen Gefangenen aus den Dogenkerkern befreien, damit er uns hilft, Venedig zu verlassen? Genauso gut können wir uns vom nächstbesten Turm stürzen!«
    »Das ist näher an der Wahrheit, als du denkst, Merle. Derjenige, der uns

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