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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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über die Wipfel eines dichten Waldes hinweg. Gelegentlich musste er hoch gewachsenen Tannen und Fichten ausweichen. Ansonsten aber hielt er geradewegs auf ihre Gegner zu.
    »Vielleicht sollten wir ausweichen«, sagte Merle und versuchte, nicht allzu ängstlich zu klingen. In Wahrheit aber raste ihr Herzschlag. Ihre Beine fühlten sich an wie die einer Lumpenpuppe.
    Ein Sammler also. Ein echter, wahrhaftiger Sammler. Noch nie hatte sie eines der ägyptischen Luftschiffe mit eigenen Augen gesehen, und sie hätte weiterhin gut und gern auf diese Erfahrung verzichten können. Sie wusste, was die Sammler taten, sogar, wie sie es taten, und genauso war ihr nur zu schmerzlich bewusst, dass jeder Sammler von einem der gefürchteten Sphinx- Kommandanten des Pharaos befehligt wurde.
    Ziemlich finstere Aussichten.
    Und doch kam es schlimmer.
    »Das sind wirklich eine Menge Sonnenbarken, die da um ihn rumfliegen«, sagte Vermithrax tonlos.
    Auch Merle konnte jetzt erkennen, dass es sich bei den goldenen Punkten um nichts anderes handelte als um die kleinsten fliegenden Einheiten der imperialen Flotte. In jeder der sichelförmigen Sonnenbarken war Platz für einen Trupp Mumienkrieger, außerdem für den Hohepriester, dessen Magie die Barke in der Luft und in Bewegung hielt. Falls die Ägypter auf Vermithrax und seine Reiterin aufmerksam wurden, war der Sonnenuntergang ihre einzige Chance: Je dunkler es wurde, desto schwerfälliger wurden die Barken, bis sie in der Nacht schließlich vollkommen unbrauchbar wurden.
    Aber noch ergoss sich blutige Röte über die Hänge des Gebirges, die Sonne war erst zur Hälfte hinter den Kuppen im Westen versunken.
    »Ausweichen«, sagte Merle noch einmal, diesmal drängender. »Warum machen wir nicht einen weiten Bogen um sie?«
    »Wenn mich nicht alles täuscht«, sagte die Königin durch Merles Mund, denn die Worte waren auch an den Löwen gerichtet, »ist dieser Sammler auf dem Weg nach Venedig, um an der großen Schlacht teilzunehmen.«
    »Vorausgesetzt, es gibt eine«, sagte Merle.
    »Sie werden kapitulieren«, sagte Vermithrax. »Die Venezianer waren noch nie besonders mutig. Anwesende ausgeschlossen.«
    »Besten Dank.«
    »Vermithrax hat Recht. Wahrscheinlich wird es gar keinen Kampf geben. Aber wer weiß, wie die Armeen des Imperiums mit der Stadt und ihren Bewohnern umspringen werden. Venedig hat den Pharao immerhin über dreißig Jahre lang an der Nase herumgeführt.«
    »Aber das warst du!«
    »Um euch zu retten.«
    Sie waren jetzt bis auf wenige hundert Meter an den Sammler herangekommen. Die Sonnenbarken patrouillierten in großer Höhe über ihnen. Das Licht der sinkenden Sonne brach sich auf der goldenen Panzerung, die Barken glühten rot im Licht der Abendsonne. Merles einzige Hoffnung war, dass der Obsidianlöwe in den Schatten zwischen den Baumwipfeln von oben aus unsichtbar war.
    Der Sammler war gewaltig. Er hatte die Form einer dreiseitigen Pyramide, deren obere Spitze abgetragen worden war. Umrahmt von einem Zinnenkranz befand sich dort eine weitläufige Aussichtsplattform mit mehreren Aufbauten, die wiederum so angeordnet waren, dass sie zur Mitte hin höher wurden und somit selbst eine Art Spitze bildeten. Merle erkannte winzige Gestalten hinter den Zinnen.
    Der Wald wurde lichter, als das Gelände leicht anstieg. Deutlich waren jetzt tiefe Furchen im Waldboden zu erkennen, ein Labyrinth aus Schützengräben, die selbst nach all den Jahren noch nicht völlig überwuchert waren. An diesem Ort hatten einst erbitterte Kämpfe getobt.
    » Hier sind Menschen begraben«, sagte die Königin unvermittelt.
    »Was?«
    »Das Gelände, über dem der Sammler schwebt - dort muss während des Krieges eine große Zahl von Toten verscharrt worden sein. Sonst würde er nicht so still an
    einer Stelle schweben.«
    Tatsächlich hing der gewaltige Rumpf der Mumienfabrik vollkommen reglos über einer Wiese, auf der sich hohes Gras im Abendwind bog. Zu einer anderen Zeit hätte dies ein idyllisches Bild sein können, ein Ort der Ruhe und des Friedens. Doch heute warf der Sammler seinen bedrohlichen Schatten darüber. Er schwebte gerade hoch genug über der Wiese, dass ein venezianischer Palazzo darunter Platz gefunden hätte.
    »Ich lande«, sagte Vermithrax. »Ohne den Schutz der Bäume sehen sie uns.«
    Niemand widersprach. Der Obsidianlöwe ließ sich am Rand des Waldes nieder. Ein harter Ruck fuhr durch Merle, als seine Pranken den Boden berührten. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie sehr

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