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Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort

Titel: Die Merle-Trilogie 03 - Das Gläserne Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sondern der des Lichts. Ich selbst wollte etwas anderes."
    Merles Stimme wurde eisig, als sie begriff. „Er hat dich ausgenutzt, Junipa. Nicht für sich, sondern für mich. Er wollte, dass du mich herbringst. Das war der Grund, nicht wahr, Professor? Sie haben ihr die Augen einsetzen lassen, damit sie mir den Weg in das Spiegelkabinett zeigen konnte."
    Wiederum nickte Burbridge, sichtlich betroffen. „Ich konnte dich nicht von den Lilim hierher bringen lassen - das hätte nur das Licht auf dich aufmerksam gemacht. Als du schließlich freiwillig mit dem Löwen in die Hölle gekommen bist, warst du im Reich des Lichts. Und wie wenig Macht ich dort besitze, hast du ja gesehen, als die Lilim dich gefangen nahmen. All das wollte ich dir ersparen. Junipa hätte dich durch die Spiegel herbringen sollen, so wie sie es heute getan hat, in dieses Kabinett, wo ihr sicher seid vor dem Einfluss des Lichts." Er zögerte einen Moment und wischte sich über die Stirn. Dann wandte er sich an Junipa: „Die Sache mit deinem Herzen ... das war niemals geplant. Nicht ich, sondern das Licht hat das veranlasst. Ich konnte es nicht verhindern, denn zu dem Zeitpunkt stand ich ja selbst unter seinem Einfluss. Es war schwer genug, sich ihm zu widersetzen, als ich Merle aus dem Herzhaus geholt habe." Er schüttelte betrübt den Kopf und sah zu Boden. „Es hätte mich dafür getötet, wäre es nicht auf mich angewiesen. Es hat mich zum Herrscher der Hölle gemacht, und die Lilim respektieren und fürchten mich. Es wäre schwierig, jemanden zu finden, der meine Stelle einnimmt. Und es würde lange dauern, ihn zu dem aufzubauen, was ich heute bin." Über sein Gesicht huschte der Schatten eines bitteren Lächelns. „Aber das ist von jeher das Schicksal des Teufels, nicht wahr? Er kann nicht einfach kündigen wie irgendein Generaldirektor oder abdanken wie ein König. Er ist, was er ist, und zwar für immer."
    Merle sah ihn nur an, während ihre Gedanken sich immer rascher im Kreis drehten. Sie ertappte sich dabei, dass sie versuchte, ihrem Vater ein Gesicht zu geben, eine jüngere Version von Burbridge, ohne die Falten, ohne das Grau im Haar und die Müdigkeit in seinen Augen.
    „Ich muss dankbar sein für die Momente, in denen ich noch ich selbst sein kann. Aber es werden immer weniger, und bald bin ich nur noch eine Marionette des Lichts. Dann erst habe ich den Namen Lord Licht wirklich verdient", sagte er voller Zynismus.
    Erwartete er tatsächlich, dass sie ihn bemitleidete? Merle wurde einfach nicht schlau aus ihm. Sie suchte nach Hass und Verachtung in sich, für alles, was er ihr und Junipa und vielleicht auch ihrem Vater angetan hatte, aber nicht einmal das gelang ihr.
    „Ich wollte dich sehen, Merle", sagte Burbridge. „Schon, als du noch ein kleines Kind warst. Und ich hatte so sehr gehofft, die Umstände würden andere sein. Du solltest zuerst mir begegnen, nicht Lord Licht. Und nun ist es genau andersherum gekommen. Ich kann nicht erwarten, dass du mir das verzeihst."
    Merle hörte seine Worte, verstand ihren Sinn, aber es war egal, was er sagte: Er blieb für sie ein Fremder. Genau wie ihr Vater.
    „Was ist aus Steven geworden?", fragte sie.
    „Er ist durch die Spiegel gegangen."
    „Al ein?"
    Burbridge blickte zu Boden. „Ja."
    „Aber ohne Führer wird er dort draußen -"
    „Zum Schemen, ich weiß. Und ich bin nicht einmal sicher, ob er es nicht auch gewusst hat. Aber ich habe die Hoffnung nie aufgegeben. Wenn es gelingen würde, in andere Welten zu blicken, könnte man ihn vielleicht finden."

    Junipa starrte ihn aus ihren Spiegelaugen an. „War es das, was Sie wollten? Dass ich nach ihm suche?"
    Er senkte seinen Blick und sagte nichts mehr.
    Merle nickte langsam. Mit einem Mal fügten sich die Teile zusammen. Junipas Spiegelaugen, ihre Lehre in der Spiegelwerkstatt bei Meister Arcimboldo: Burbridge hatte ihren Weg vorherbestimmt, seit sie das Waisenhaus verlassen hatte.
    „Aber was sol te das Angebot, Venedig vor den Ägyptern zu beschützen?", fragte sie.
    „Du warst es, die ich schützen wol te. Und Arcimboldo, weil ich seine Spiegel brauchte."
    „Dann war die Sache mit dem Tropfen Blut von jedem Venezianer nichts als -"
    Statt seiner war es Junipa, die sie unterbrach: „Er wollte sein Gesicht wahren. Und das Bild, das die Menschen von der Hölle haben. Er ist immer noch Lord Licht. Er hat" - sie sagte es sehr sachlich -
    „Verpflichtungen."
    „Ist das wahr?", fragte Merle ihn.
    Burbridge atmete tief durch,

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