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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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der sich von Chlodwig, euerm König, erpressen ließ. Ich wollte Syagrius retten. Ich warf mich Alarich zu Füßen. Ich bot ihm mein eigenes Opfer an, das die Franken vielleicht zufriedengestellt hätte. Denn ich galt ja bei ihnen als böse Schlange, und immer wieder hatten sie meine Auslieferung verlangt. Aber Alarich ließ sich nicht erweichen. Ich musste hilflos mit ansehen, wie man den Mann, der mich einmal zur Kaiserin machen wollte, in ein Boot warf und der Hinrichtung überantwortete.«
    Sie seufzte abermals und zerdrückte eine Träne.
    »Ich kenne die Geschichte ein wenig anders«, sagte Remigius ironisch. »Du wolltest wohl damals schon längst nicht mehr Kaiserin, sondern lieber Königin werden.«
    Scylla-Donata lachte verächtlich auf.
    »Oh, ich weiß schon, wer dir das zutrug! Es war der Diakon Chundo, der mich immer hasste, weil ich sein Treiben für gefährlich und schädlich hielt. Was er tat, wurde auch Syagrius angelastet und brachte ihn in Verruf – bei den Goten und bei den Franken. Deshalb trägt Chundo auch einen Großteil der Schuld an Syagrius’ Tod! Er soll ja jetzt hier in der Umgebung der Königin sein. Ich bitte dich, sorge dafür, dass mir der Anblick dieses Verleumders erspart bleibt!«
    »Das heißt wohl eher, du möchtest vermeiden, von ihm gesehen zu werden.«
    »Urteile selbst, wenn du alles gehört hast! Ja, so viel ist wahr, später wurde ich die Geliebte des Königs. Aber erst nach dem Tod des Syagrius! Es war mir nun einmal bestimmt, in Herrschern über Länder und Völker das Feuer der Liebe zu entflammen. Muss ich dafür verdammt werden? Und ich frage dich: Konnte ich ihn denn abweisen? Er wusste sehr gut, dass die Franken auch mich haben wollten. Aber wäre mein Opfer noch sinnvoll gewesen? Ich war nun nichts mehr als eine arme, hilflose Fremde, ohne Schutz, ohne Halt. Sollte ich mich in einem Freudentempel verdingen oder Syagrius ins Wasser folgen?«
    »Ich verstehe. Nur aus Not und Verzweiflung wurdest du Alarichs Geliebte.«
    »Deinen Spott habe ich nicht verdient. Und ich habe keinen Grund, mich zu schämen. Alarich versprach mir, er werde mich zu seiner legitimen Gemahlin und Königin der Westgoten machen, wenn ich ihm einen Sohn schenke. Ich vertraute seinem königlichen Wort – und er bekam seinen Sohn. Der ist jetzt sechs Jahre alt und heißt Gesalich. Seit drei Jahren habe ich ihn nicht mehr gesehen!«
    Sie seufzte tief und verbarg ihr Gesicht einen Augenblick hinter dem Schleier.
    »Ich liebte den König, aber leider ist er ein Schwächling«, fuhr sie fort, nachdem sie sich gefasst hatte. »Er brach sein Wort und heiratete doch noch die Gotin, obwohl er mir hundertmal versichert hatte, dass nach der Geburt unseres Kindes die Verlobung für ihn hinfällig sei. Aber Theoderich wurde Herr Italiens und konnte nun jedermann seinen Willen aufzwingen – natürlich auch meinem schwachen König. Er bestand auf der Heirat mit seiner Tochter, die immer wieder verschoben worden war. Alarich wagte keinen Widerspruch mehr. Diese Thiudigotho erschien in Toulouse an der Spitze von tausend Mann und zog ein wie eine Siegerin. Auch so kann man ein Reich erobern! Der alte Minister Leo war tot, und sie regierte nun an seiner Stelle und tat nichts, was ihr Vater nicht anordnete oder billigte. Mein armer König hatte auch sonst nicht viel Freude an ihr, und wir trafen uns immer noch heimlich, denn ich wohnte ja weiter im Palast. Doch eines Tages kam sie dahinter. Und da versuchte sie, mich zu ermorden!«
    »Es gibt Gerüchte, dass es umgekehrt war«, sagte der Bischof mit der Miene naiver Neugier. »Dass du es warst, die das Gift mischte, um es der Königin beizubringen. Durch einen Zufall seist du dabei überrascht worden.«
    »Das ist eine Lüge!«, erwiderte die Griechin heftig. Sie erschrak und dämpfte gleich wieder die Stimme. »Sie war es, die mich töten wollte! Ich kam nur davon, weil ich den Becher mit vergiftetem Mulsum, den sie mir vorsetzen ließ, versehentlich umstieß. Ein Hündchen leckte etwas von der Flüssigkeit auf und verendete gleich unter schrecklichen Zuckungen. Da behauptete sie, das Gift sei für sie bestimmt gewesen. Ich hätte heimlich die Becher vertauscht und mich dabei geirrt und beinahe selbst umgebracht. Ist das nicht unglaublich? Und dann befahl sie, mich zu verhaften und einzukerkern. Ich floh zum König. Aber der Schwächling, der meiner Liebe nicht wert war, wollte die Wahrheit nicht hören. Drei Monate lag ich – die Mutter seines einzigen

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