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Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis

Titel: Die Merowinger - Chlodwigs Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Enkel Amalarich, den Sohn des gefallenen Alarich und seiner Tochter Thiudigotho. Es scheint, dass Ibba demnächst über die Pyrenäen geht, um den Gesalich auszuheben.
    Die Königin und ihr kleiner Sohn sollen mit ihrem Anhang ebenfalls nach Spanien geflüchtet sein und sich dort irgendwo verstecken. Ob Gesalichs tüchtiges Mütterchen noch einmal zum letzten Mittel greift und den Giftbecher anrührt?
    Das also ist die Lage. Ich habe mir manchmal schon vorgeworfen, dass ich unsere Landsmännin in Narbonne so geprellt habe. Mit dem Gold in der Truhe hätte sie noch manchen zum Helden gemacht und die Stadt vielleicht halten können. Wenn die Goten schon in Gallien bleiben, dann wäre uns und den Franken der schwächliche Gesalich natürlich lieber als eine vormundschaftliche Herrschaft Theoderichs im Namen seines Enkels.
    Aber ich habe, lieber Polyttas, nun einmal zuerst an uns gedacht. Ist das verwerflich? Und jetzt kann ich dir noch eine angenehme Mitteilung machen: Ich bin bereits emsig tätig für unser neues gemeinsames Großunternehmen – Sklaven aus dem wilden Germanien. Vor allem deshalb habe ich ja vom Kaiser eine Verlängerung meiner Aufenthaltsfrist am fränkischen Hof erwirkt. Ein Gesandter findet doch eher offene Türen als irgendein Geschäftsmann. Mit verschiedenen Händlern habe ich schon gute Beziehungen geknüpft. Sie könnten die Ware nach Bordeaux bringen und dort auf unsere Schiffe verladen. Du hast doch die drei Galeeren erworben? Schicke sie noch vor Einbruch des Winters. Der Gewinn wird märchenhaft sein, das verspreche ich dir! Du weißt ja, wie unsere hohen und höchsten Würdenträger, wenn sie nicht gerade Eunuchen sind, nach blonden Weibern gieren!«
    Einem Brief des Leonidas aus dem folgenden Jahr 509 ist dies zu entnehmen:
    »In letzter Zeit, lieber Bruder, halte ich mich oft auf dem Gut meines Freundes Jullus Sabaudus auf, wo wir jagen und die Geselligkeit pflegen. Manchmal begleite ich ihn nach Berny zum König. Dort bin ich immer willkommen, und oft werde ich um Rat gefragt, denn in der Staatskunst, der Verwaltung und der Rechtspflege sind diese Franken noch weit zurück. Gewöhnlich rate ich, das Beste sei, alles beim Alten zu lassen, so wie es unter den römischen Kaisern war. Daran hält sich der König auch meistens.
    Zum Glück hat er wenig Ehrgeiz, Neuerungen einzuführen. In den eroberten Gotengebieten hat er sogar in mehreren Städten die gotischen Comites, die Stadtkommandanten, auf ihren Posten gelassen, wenn sie ihm während des Krieges eine Belagerung erspart und sich für loyal erklärt hatten. Gewöhnlich haben jetzt aber auch dort überall die katholischen Bischöfe das Sagen, die fast durchweg der alten galloromanischen Aristokratie angehören. Er kommt mit ihnen gut aus, so wie sie mit ihm gut auskommen. Dafür sorgt schon sein Freund und Berater, der allgegenwärtige Bischof Remigius.
    Einen Ehrgeiz hat König Chlodwig aber doch: Er will auch als großer Gesetzgeber seines Volkes in die Annalen eingehen. Deshalb hat er eine Kommission berufen, die einen Pactus Legis Salicae ausarbeiten soll. Jullus Sabaudus ist ihr Vorsitzender. Er soll römisches Rechtsbewusstsein einbringen und natürlich dafür sorgen, dass alles in gutem Latein formuliert wird.
    Mein Freund verzweifelt an dieser Aufgabe, weil fast alle Mitglieder seiner Kommission betagte Franken sind, die längst überholtes Stammesrecht kodifiziert haben wollen. Als ob das noch in unsere Zeit passte! Immerhin will man dem alten Unfug der Blutrache ein Ende bereiten. Feste Sätze für Wergeld – das heißt Manngeld, Kopfgeld – werden festgelegt. Von der Gleichheit aller Freien, die es vor zwei Jahrzehnten noch gegeben haben soll, ist unter Chlodwig allerdings nicht viel übrig geblieben. Antrustionen (königliche Gefolgschaft), convivae regis (romanische Tischgenossen des Königs), Grafiones oder Comites (Amtsträger der Exekutive in Heer, Gericht, Verwaltung) und pueri regis (königliche Kuriere und Büttel) sind jetzt hoch privilegiert, auch wenn man sie totschlägt. Wer einen von denen umbringt, zahlt jedenfalls dreimal mehr als der Mörder eines einfachen Franken.
    Ich berichtete dir das nur als Kuriosität. Vom römischen Recht ist man hier noch Hunderte Meilen entfernt. Nach Sitzungen seines Komitees ist der gute Jullus immer ganz ausgelaugt. Damit er sich etwas erholt, fahren wir dann manchmal abends noch nach Pinetum zu den frommen Frauen. Dieses nette Bordell, dem unsere Wohltäterin Scylla jahrelang

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