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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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elende Kreatur soll die Erde nicht tragen, das darf ich nicht zulassen. Nein, das dulde ich nicht!«
    Ohne Hast nahm Chlodwig die Axt vom Gürtel und spaltete mit einem kurzen, kraftvollen Hieb dem Ragnachar die Stirn bis zur Nasenwurzel. Dann stieß er ihn mit der linken Faust vor die Brust. Der König der Franken von Cambrai fiel mit einem Schrei, der eher ein Seufzer war, auf den Rücken. Blutend und zuckend lag er im Grase.
    »Und du?«, wandte sich Chlodwig, die Axt in der Hand, an Richar. Dem erstarrte vor Entsetzen die Zunge. Er machte keinen Versuch mehr, sich zu befreien.
    »Auch du willst immer noch mein Verwandter sein? Einer, der zulässt, dass sein Bruder, der König, in Fesseln geschlagen wird? Ein Merowinger mit Ehre und Würde ließe sich eher in Stücke hauen! Aber auch du lässt dich ja lieber wie ein Sklave verprügeln und fesseln und fortschleppen. Es ekelt mich, wenn ich dich immer noch so lebendig sehe. Da hast du, was du verdienst!«
    Jetzt öffnete Richar endlich den Mund, um zu schreien, zu protestieren. Aber Chlodwig schlug zu, ehe ein Laut über seine Lippen kam. Mit beiden Fäusten fasste er diesmal den Stiel der Axt und legte seinen ganzen Zorn in den Hieb, der dem Vetter den Hals durchtrennte, so dass der Kopf zur Seite flog und nur noch an einem Hautfaden hängen blieb. Die Männer, die Richar gehalten hatten, sprangen zurück, als ein dicker Blutstrom hervorschoss.
    Der zweite Cambraier Merowinger, der sofort tot war, fiel auf seinen Bruder, der immer noch zuckte.
    In einer grotesken Umarmung lagen sie ihrem Henker zu Füßen.
    Chlodwig warf das Beil ins Gras, und ein Knecht sprang hinzu, um es aufzuheben und zu säubern. Der König blickte hinüber nach der Burg, wo in diesem Augenblick das Tor geöffnet wurde. Die Antrustionen standen reglos im Kreis und warteten auf Befehle.
    Keiner wagte eine Äußerung zu dem, was gerade geschehen war. Das war eine Angelegenheit unter Verwandten. Eine alte Rechnung, die beglichen werden musste. Der König konnte sich leisten, es so brutal und vor aller Augen zu tun. In der Schlacht bei Soissons hatten die Cambraier durch ihr böswilliges Zögern den Sieg gefährdet, dafür mussten sie früher oder später bestraft werden.
    Betroffen waren nur die Männer von der Burg, die Ragnachar und Richar verfolgt, überwältigt und ausgeliefert hatten. Auf dieses rasche, blutige Ende waren sie nicht gefasst gewesen. Sie hatten auch einen wärmeren Empfang erwartet, schließlich ersparten sie ja dem König eine langwierige Belagerung und einen möglicherweise verlustreichen Sturm.
    Statt ihnen zu danken und sie zu bewillkommnen, wandte er ihnen den Rücken und ließ sie mit den Toten zurück. Sie hatten die beiden verabscheut, aber Freude darüber, da sie nun von ihnen befreit waren, konnte keiner so recht empfinden. Sie standen noch unschlüssig und verlegen herum, als einer von ihnen, der Jüngste, plötzlich aufschrie.
    »Männer!«, rief er. »Seht doch mal hier! Richar hatte recht! Es ist gar kein Gold! Wir sind betrogen!«
    Er streckte den Arm vor, an dem ein breiter, golden schimmernder Reif steckte. Da sahen sie, dass an der Oberfläche ein Stück abgeplatzt war, etwa so groß wie ein Fingernagel. Darunter war stumpfes, graues Eisen zum Vorschein gekommen.
    Augenblicklich begannen alle, das empfangene Gold auf seine Echtheit zu prüfen. Noch immer lag Ragnachar zuckend vor ihnen im Grase. Aber sie kümmerten sich nicht mehr um ihn, sondern zogen hastig Messer und Dolche hervor, um an Schwertgriffen, Gürtelbeschlägen und Münzen herumzukratzen.
    Sie alle hatten ihre Schätze am Leibe geborgen, besorgt, es könnte jetzt im Durcheinander auf der Burg etwas verlorengehen. Doch nun schrie einer nach dem anderen auf. Kein Einziger hatte tatsächlich massives Gold erhalten. Ein dünner, oberflächlicher Goldüberzug ließ sich leicht abkratzen, darunter kamen minderwertige Metalle zum Vorschein.
    Zur Enttäuschung kam jetzt Erbitterung. Immer lauter wurde der Ruf: »Wir sind betrogen!«
    Sie hatten das Geschäft bei einem heimlichen Treffen mit Ursio gemacht, einen Tag, bevor Chlodwigs Emissär ihren König zum Kampf herausforderte. Der Krüppel, der überall seine Späher und Lauscher beschäftigte, hatte leicht die unzufriedenen, rebellischen Elemente in der Burg von Cambrai herausgefunden.
    Die verschwenderische Hofhaltung Ragnachars und seines Lieblings, der Kleider- und Waffenprunk Richars standen in dem winzigen Cambraier »Reich« längst in keinem

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