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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Verhältnis mehr zu den Einkünften aus Abgaben und Beutezügen. Bei den »Großen« wuchs die Empörung. Sie beneideten ihre Stammesbrüder in der benachbarten Francia. Es war umso leichter, sie zum Abfall zu bewegen, als auch ihr künftiger Gefolgsherr ein Merowinger sein würde.
    Bei dem heimlichen Treffen hatten sie mit Chlodwigs Vertreter Schwüre getauscht und die Geschenke empfangen. Dafür sollten sie sicherstellen, dass Teile der Cambraier Streitmacht im Treffen passiv blieben oder zu Chlodwig übergingen und dass nach der unvermeidlichen Niederlage die königlichen Brüder nicht entkamen.
    In der Aufregung vor der Schlacht und dem Umsturz kam niemand auf den Gedanken, das so reichlich verteilte Gold könnte nicht echt sein. Tatsächlich aber waren sämtliche Stücke von einem geschickten Feinschmied in Soissons, der nur für den König und Bobo arbeitete, verfälscht worden. Im Verfahren der Feuervergoldung, bei dem eine Mischung von Quecksilber und etwas Feingold erhitzt, verflüssigt und als dünner Brei auf Eisen und Bronze geschichtet wurde (wobei nach Verdampfen des bindenden Quecksilbers nur das Gold übrig blieb), erzielte der Künstler die täuschende Wirkung. Die Idee dazu hatte Bobo gehabt, der als Majordomus und Verwalter des Schatzes die Goldgier der Cambraier Rebellen befriedigen musste.
    Kurze Zeit waren die Männer unschlüssig.
    Dann rief einer: »Zum König!«
    Andere stimmten zu: »Ja, zu Chlodwig! Der hat keine Ahnung von dem Betrug! Von dem bekommen wir, was uns zusteht!«
    Ragnachar gab nun kein Lebenszeichen mehr von sich. Seine einstigen Gefolgsleute ließen die beiden blutübergossenen Leichname, den kopflosen und den mit gespaltenem Schädel, in ihrer bizarren Umarmung liegen und setzten sich in Bewegung.
    Inzwischen hatte Chlodwig sich seine Staatskleider und seine Waffen bringen lassen. Da er nun nicht mehr nötig hatte, als römischer Heermeister aufzutreten, bevorzugte er wieder fränkische Kleidung und Ausrüstung: den Topfhelm mit Wangenklappen, den mit Borden und Stickereien versehenen, von Fibeln gehaltenen Mantel, den Gürtel mit Beschlag und Wehrgehänge, den Bundschuh, die Franziska, die Spatha.
    Dies alles trug er und legte er an, trotz der drückenden Augusthitze, auch weil er es für eine notwendige Demonstration hielt, in die nun seinem Reich zugehörige Festung Cambrai nicht als fremder Eroberer, sondern als fränkischer Stammesfürst einzuziehen. Er bestieg Rufus, der noch immer sein Lieblingspferd war. Hinter ihm formierte sich, teils beritten, teils zu Fuß sein mehrhundertköpfiges Gefolge.
    Gerade wollte der Zug sich über die Wiese, die vor kurzem noch Schlachtfeld gewesen war, in Richtung der Burg in Bewegung setzen, als plötzlich die Männer aus Cambrai herbeiliefen.
    »König!«, rief der bärtige Rotschopf. »Sieh dir das an, man hat uns betrogen! Deine Leute haben uns hereingelegt! Das Gold, das uns zusteht, haben sie lieber selbst behalten. Uns wurde das hier angedreht!«
    Er streckte Chlodwig die geöffnete Hand entgegen, auf der eine große, bronzene Brakteatenfibel lag, von der er den Goldüberzug zum Teil entfernt hatte. Auch die anderen drängten aufgebracht heran, schrien, fuchtelten und zeigten, was sie erhalten hatten.
    Chlodwig lächelte kalt und befahl mit einer Handbewegung Ruhe.
    »Wenn meine Geschenke euch nicht gefallen«, sagte er, »steht es euch frei, sie zurückzugeben. Ich zwinge keinen, sie zu behalten.«
    »Uns wurde Gold versprochen«, schrie einer, »nicht dieser Dreck!«
    »Wir verlangen nur, was ausgemacht war!«, grollte ein anderer. »Was wir ehrlich verdient haben!«
    »Der da war es, der uns betrogen hat!«, rief ein Dritter und deutete auf Ursio. »Er ist der Schuldige! Nimm ihm das Gold wieder ab!«
    Ursio, der krumm und boshaft grinsend zu Pferde saß, spuckte verächtlich aus und tauschte einen Komplizenblick mit Bobo.
    Der König gebot nochmals Ruhe.
    »Recht habt ihr, Männer aus Cambrai!«, rief er. »Ja, ihr habt recht, wenn ihr nicht zufrieden seid. Nicht zufrieden mit dem, was ihr da bekommen habt. Ihr fühlt euch nicht nach Verdienst behandelt? Ja, ich verstehe! Und ich verspreche euch, dass euch Gerechtigkeit widerfahren soll!«
    Die Cambraier jubelten und rissen die Arme hoch.
    »Es ist wahr, man hat euch nicht nach Verdienst behandelt!«, fuhr Chlodwig mit schneidender Stimme fort. »Wie Ehrvergessene, die sich kaufen lassen! Wie Leute, die ihren König verraten, fesseln und knebeln und in den Untergang

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