DIE MEROWINGER: Familiengruft
heiratet die Burgunderin Chlotilde, um seine Erbfolge zu sichern. Die Königin jedoch hat noch ein anderes Ziel: Sie will ihren Mann zum christlichen Glauben bekehren. Als sie Chlodwig den sehnlich erwarteten Sohn schenkt, scheint dies in greifbare Nähe zu rücken. Doch dann trifft ein schwerer Schicksalsschlag den Merowinger. Hat Chlodwig den Zorn der alten germanischen Götter heraufbeschworen, die bedingungslose Treue von ihm verlangen?
Die fesselnde Familiensaga über eine der mächtigsten Familien des frühen Mittelalters, die mit Blut und Schwert Geschichte schrieb: die Merowinger.
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Robert Gordian
DIE MEROWINGER
Zorn der Götter
Vierter Roman
Kapitel 1
Lanthild schlief schlecht in dieser Nacht, nachdem sie den Felsenkeller von Berny, die Gruft für die verhinderten Hochzeitsgäste, besucht hatte.
Doch in jener Zeit waren Gewalt und Tod so allgegenwärtig, dass selbst Greuel wie die Ausrottung ganzer Familien keine anhaltende Schockwirkung hervorbrachten. Menschenliebe und Mitgefühl für das Unglück des Nächsten gehörten nicht zu den hervorragenden Tugenden des frühmittelalterlichen Menschen. Es genügte der Schwester des Königs, dass ihr erklärt wurde, die Ermordeten seien samt und sonders im Begriff gewesen, sich der Herrschaft im Frankenreich zu bemächtigen, um die von Chlodwig befohlene, von Ursio vorbereitete und von Baddo verübte Untat schon weniger abscheulich zu finden. Denn es war auch nicht die Zeit der Fairness gegenüber Besiegten, der Kompromisse, der Abfindungen. Das Recht bestand noch nicht aus zehntausend mildernden Wenns und Abers. Wer stark war, hatte auch recht – wer Schwäche zeigte, war tot. Siegten die anderen, steckte der eigene Kopf auf der Lanzenspitze.
Am nächsten Morgen, bei Sonnenaufgang, war Lanthild schon wieder mit allen Sinnen bei den Angelegenheiten der Lebenden. Sie ließ ihre Dienstleute wecken und die Pferde aufzäumen und war unterwegs, noch bevor sich der König mit den Seinen zur Jagd auf die Auerochsen in Bewegung setzte. Immerhin war etwas erreicht: Jullus Sabaudus erhielt das Comitat von Paris. So war Hoffnung, dass Lanthild ihre Lieblingsschwester nicht auf Nimmerwiedersehen an einen irgendwo hinter den Bergen hausenden Gotenkönig verlieren würde.
Schon in der dritten Stunde traf sie Jullus auf dem Gut seines Bruders und berichtete ihm von seinem Glück. Er war außer sich vor Freude. Unverzüglich machte er sich an die Arbeit und verfertigte in gehobenem Latein und schönster kalligraphischer Ausführung seine Ernennungsurkunde. Und schon in den nächsten Tagen wollte er aufbrechen und sich nach dem Zwischenaufenthalt beim König in Berny an seinen Bestimmungsort begeben.
Lanthild kehrte nach Soissons zurück und erreichte die Stadt um die Mittagszeit.
Als sie den Palasthof betrat, fand sie dort lange Tische aufgestellt, zwischen denen allerlei Kurzweil getrieben wurde. Die Herren, die die Hochzeitsgesandtschaft der burgundischen Könige bildeten, saßen hier mit fränkischen Dienstleuten zusammen, tranken und sahen Waffenübungen zu, bei denen die Jüngeren beider Seiten miteinander wetteiferten. Viel Gelächter gab es, wenn die Burgunder sich mit der Franziska versuchten und die ins Auge gefassten Zielpunkte weit verfehlten. Dafür zeigten sie zum Erstaunen der Franken vollendete und gewagte Reiterkunststücke.
Die Stimmung an den Tischen war heiter, fast ausgelassen. Das große Wort führte Bobo, der als Stellvertreter des Königs auf dessen Platz in der Mitte saß, flankiert von den vornehmsten Gästen. Er war gemeinsam mit Ursio gerade aus Cambrai zurückgekehrt und spielte nun laut und gewichtig den Gastgeber. Als er Lanthild vom Pferd steigen sah, erhob er sich und schob ihr gemächlich seinen mit goldenen Zierwaffen und silbernem Gürtelschmuck dekorierten Bauch entgegen.
Kühl erwiderte sie seinen Gruß und gab kurz angebunden Auskunft, als er sich nach seinem »Freund und Gefolgsherrn« und dessen Befinden erkundigte. Sie wollte sich schon abwenden. Aber breit lächelnd stellte er ihr eine Frage, die sie wie ein Keulenschlag traf.
»Weißt du schon, Herrin, dass du nun bald nicht nur die Schwester eines Königs, sondern auch die einer Königin sein wirst?«
»Wie? Ich? Schwester einer … Was meinst du damit?«, stammelte sie.
»Der König der Ostgoten, Herr Theoderich, schickt uns aus seiner Hauptstadt Ravenna eine Gesandtschaft, die
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